Handball:Der Preis der Sorge

die Dortmunder feiern den 37:30 Auswaertssieg in Metzingen TusSies Metzingen vs. BVB Borussia Dortmund Handball Handbal

Dortmunds Handballerinnen, hier nach dem Pokalerfolg in Metzingen, hoffen, bald auch ihren ersten Meistertitel bejubeln zu können.

(Foto: Baur/Eibner/Imago)

Wegen Corona-Bedenken reisen Dortmunds Handballerinnen nicht zu ihren Achtelfinalspielen in der Champions League - und werden ausgeschlossen. Ein Beschluss, den der Tabellenführer der Bundesliga zähneknirschend in Kauf nimmt.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund/München

Fußballmannschaften reisen in diesen Tagen durch halb Europa, um in der Champions League corona-legitime Austragungsorte aufzusuchen. An Boykott denkt hier niemand. Dazu geht es um zu viel Geld. "Mit dem Fußball darf man den Handball aber nicht vergleichen", sagt Andreas Heiermann. Er ist der Manager der Handballerinnen von Borussia Dortmund, die zu ihren beiden Champions-League-Achtelfinalspielen gegen Metz wegen erheblicher Bedenken nicht angetreten sind und deshalb vom europäischen Verband EHF das Aus am grünen Tisch serviert bekommen haben. "Wir hätten so gerne gespielt und wären auch nicht chancenlos gewesen", sagt Heiermann. "Aber die Spielerinnen hatten wirklich Angst, die Situation war uns suspekt."

Zufällig und um ein paar Ecken in der Branche hatten die Dortmunder Spielerinnen von einem Corona-Fall in Metz erfahren. Die EHF bestand jedoch auf der Austragung, nachdem in Metz alle Tests bis auf jenen einer isolierten Spielerin negativ gewesen sein sollen. Doch wiederholte Ansteckungsfälle im Laufe der Champions-League-Saison haben bei den Klubs allgemeine Skepsis hervorgerufen.

Die bösen Erinnerungen des Vorjahres sitzen noch tief

Die Dortmunderinnen wollten in Hin- und Rückspiel auf neutralem Boden in Nancy kein Risiko eingehen. Sie sind mit 22 Siegen in 22 Spielen Tabellenführer der Bundesliga und können in sechs Wochen Meister werden. Diesen Titel wollten sie nicht aufs Spiel setzen durch mögliche Ansteckungen bei europäischen Ausflügen. Darum nehmen sie auch das Champions-League-Aus zähneknirschend in Kauf und legen auch keinen Einspruch ein. Sie hoffen aber auf Milde seitens des europäischen Verbandes, im laufenden Disziplinarverfahren wegen des Fernbleibens keine weitere Strafe aufgebrummt zu bekommen. "Ich hoffe, der Verband hat genug Empathie, uns nicht noch zusätzlich zu bestrafen", sagt Heiermann.

Geld ist in der Champions League für die Dortmunder Handballerinnen keines zu verdienen. Durch Charterflüge und Corona-Umstände hat die Teilnahme den Klub mehr als 300 000 Euro gekostet. Es war das erste Mitwirken der BVB-Handballerinnen in der Königsklasse, und dass es nun so endet, weckt auch böse Erinnerungen an den April vergangenen Jahres: Da waren sie beim Saisonabbruch der Bundesliga zwar Tabellenführer, anders als die Männer vom THW Kiel wurden sie vom Vorstand der Frauen-Bundesliga aber nicht zum Meister erklärt. "Dieser Stachel sitzt immer noch tief", sagt Heiermann und hofft, dass man das kleine Trauma in naher Zukunft mit dem Gewinn des ersten Meistertitels therapieren kann. Dass nun auch noch ein corona-bedingtes Aus in der Champions League hinzukommt, verbessert die Gefühlslage nicht gerade. "Corona ist unser Damoklesschwert", sagt Heiermann.

Er weiß um den Aufwand, den der Fußball unternimmt, um die Betriebssicherheit zu gewährleisten. Die Handballerinnen werden an Flughäfen und in Hotels nicht derart privilegiert behandelt. "Dazu fehlen uns die Mittel", sagt Heiermann. Deshalb bereue er die Absage der Champions-League-Spiele weiterhin nicht. "Wir würden uns wieder so entscheiden", sagt er. Die baldigen Feierlichkeiten anlässlich der Meisterschaft würden für vieles entschädigen.

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