Handball:Das Komplettpaket

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"Meine besondere Fähigkeit ist, dass ich in vielen Situationen Tore erzielen kann": Savvas Savvas (am Ball) blüht beim TV Großwallstadt wieder auf. (Foto: Wunderl/Beautiful Sports/imago)

Rückraumspieler Savvas Savvas vom TV Großwallstadt will wieder hoch hinaus - dorthin, wo er schon einmal war. Seine Art, Pässe zu spielen, seine Dynamik und vor allem seine Würfe sind in der zweiten Handball-Bundesliga selten zu sehen. Über einen, der lieber laut als leise ist.

Von Sebastian Leisgang

Zunächst ein kurzer Ausflug in den Norden Griechenlands, in die kleine Stadt Drama, rund 60000 Einwohner, flaches Land, 40 Kilometer entfernt vom Meer. Allzu viel gibt es hier nicht zu sehen, im Grunde nur einen Park, ein Museum und eine sehr alte Burg. Hier ist Savvas Savvas aufgewachsen, hier beginnt die Geschichte, die nicht nur deshalb eine gute ist, weil Savvas Savvas Savvas Savvas heißt. Die Geschichte ist auch deshalb eine gute, weil sie alles andere als linear verläuft. Weil sie Wendungen hat und, auch das: weil sie an einem Punkt angelangt ist, an dem sich herausstellen könnte, welches Ende sie nimmt.

Und damit an den Untermain, in die kleine Gemeinde Großwallstadt, 15 Kilometer südlich von Aschaffenburg. Hier hat sich Savvas mittlerweile niedergelassen, hier spielt er Handball, obwohl er, wenn alles gutgegangen wäre, wohl eher nicht hier spielen würde. Jetzt aber sagt er: "Es ist sehr besonders, dass ich dieses Trikot tragen darf. Der TVG ist kein normaler Klub - egal in welcher Liga."

Das ist es ja, was Savvas und den TV Großwallstadt verbindet: dass es in ihrer Vergangenheit Brüche gibt. Nur deshalb ist Savvas jetzt beim TVG, nur deshalb haben die beiden im vergangenen Oktober zueinandergefunden.

Die Enttäuschung aus der Zeit in Minden hat etwas in Savvas freigesetzt

Savvas, 23, war längst ganz oben. Vor drei Jahren erzielte der Rückraumspieler fast 300 Tore in einer Saison und wechselte als Torschützenkönig der zweiten Liga zum TSV GWD Minden. Eine große Chance für den jungen Mann aus dem kleinen Drama, die Gelegenheit, sich in der Bundesliga auf großer Bühne einen Namen zu machen. Es war alles bereitet, der Weg abzusehen, die Karriere vorgezeichnet - doch der Plan ging nicht auf. Savvas war erst ein paar Wochen in Minden, da zog er sich einen Kreuzbandteilriss zu. Und später, als er wieder fit und voller Tatendrang war, musste er sich hintenanstellen.

Spricht man Savvas jetzt auf seine Zeit in Minden an, ist er für ein paar Sekunden still. Dann sagt er: "Wenn ich gespielt habe, habe ich gut gespielt, aber ich habe nicht die Spielzeit bekommen, die ich hätte bekommen müssen." Es ist der einzige Satz, den Savvas zu seinen zwei Jahren in Minden sagen will. Man spürt, dass er die Enttäuschung von damals noch immer in sich hat, man merkt aber auch, dass die Enttäuschung irgendwas in ihm freigesetzt hat. Das ist ja immer die Frage, die sich bei Rückschlägen stellt, im Sport wie im Leben: Wie geht man damit um?

"Für uns war das ein Wundertransfer", sagt TVG-Trainer Ralf Bader

Savvas, das wird im Gespräch deutlich, hat aus den Erfahrungen von Minden Energie gezogen. Jetzt, beim TVG, blüht er wieder auf. Die Pässe, mit denen er seine Mitspieler in Szene setzt, die Dynamik, mit der er der gegnerischen Deckung Probleme bereitet, und vor allem der Wurf, mit dem er Tor um Tor erzielt: All das ist in der zweiten Liga selten zu sehen. Dass Savvas nicht bloß irgendein Handballer ist, wird auch bei einer Frage klar, die eigentlich zu banal ist, um sie überhaupt zu stellen: die Frage nach Stärken und Schwächen. Eine Frage, die sich eigentlich schon deshalb erübrigt, weil die Antwort meist dieselbe ist, wenn man sie einem Sportler stellt: dass es schwierig sei, über sich selbst zu sprechen - und dass die Frage andere beantworten sollten.

Savvas verweist nicht auf andere. Er sagt: "Ich bin der Meinung, dass ich ein guter Spieler bin und dass ich eine sehr besondere Fähigkeit habe." Kurze Pause, dann erklärt er: "Meine besondere Fähigkeit ist, dass ich in vielen Situationen Tore erzielen kann. Jetzt will ich noch mein Zweikampfverhalten verbessern, dann bin ich ein kompletter Spieler." Ein Satz, der genauso ist wie sein Wurf: ansatzlos und voller Wucht. Ein Satz, der aus dem Mund von Ralf Bader ähnlich klingt. Großwallstadts Trainer sagt: "Für uns war das ein Wundertransfer. Mit Savvas haben wir das komplette Paket bekommen. Ich kann nur schwärmen."

Für Bader ist klar, dass Savvas' Weg zurück in die Bundesliga führen wird, die Frage sei nur, wann er ihn gehe. Er selbst sagt: "Ich beschäftige mich ständig damit, aber ich bin mir nicht zu 100 Prozent sicher, was der nächste Schritt ist." Noch im März werde er sich entscheiden, sagt Savvas. Die Bundesliga reizt ihn, doch er weiß auch, dass er in Minden nicht glücklich geworden ist.

Savvas ist bewusst, dass sein Entschluss wesentlich sein könnte für die Frage, wie seine Geschichte ausgeht. Seine Geschichte, die in Drama angefangen hat und ihn an diesem Freitag nach Würzburg führt. Dort trifft der TVG im Derby auf Rimpar. Es ist das sechste Spiel in diesem Jahr, von den ersten fünf hat Großwallstadt kein einziges verloren. Es ist eine Serie, die eine Menge mit diesem Namen zu tun hat: Savvas Savvas.

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