Handball:Corona-Dilemma: Wie es bei den Handballern weitergeht

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Torhüter Daniel Rebmann (l) und Torwarttrainer Matthias Andersson beim Training. Foto: Marijan Murat/dpa (Foto: dpa)

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Bratislava (dpa) - Die deutschen Handballer wollen sich trotz immer weiterer Corona-Fälle nicht von der Europameisterschaft zurückziehen. Zumindest vorerst nicht.

"Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir es verantworten können, im Turnier zu verbleiben", sagte DHB-Vorstandsboss Mark Schober. Doch die Lage kann sich jederzeit ändern.

Wie ist der Stand?

Bis zum Donnerstagmorgen sind bei dem Turnier in der Slowakei und Ungarn zwölf deutsche Nationalspieler positiv auf das Coronavirus getestet worden. Um überhaupt noch zu den Spielen antreten zu können, hat Bundestrainer Alfred Gislason bislang immer wieder neue Bundesliga-Profis nachnominiert. Nach drei weiteren Corona-Fällen am Vortag reisten am Donnerstag auch noch Rechtsaußen Tobias Reichmann (MT Melsungen) sowie die Rückraumspieler Lukas Stutzke und David Schmidt (beide Bergischer HC) an.

Können weitere Corona-Fälle dazukommen?

Ja, denn die gesamte DHB-Delegation wird permanent getestet. Es ist also nicht auszuschließen, dass es weitere Infektionen innerhalb der deutschen Mannschaft geben wird.

Warum spielt die DHB-Auswahl trotzdem weiter?

Zum einen, weil es die Mannschaft unbedingt will. "Wir haben von unseren Spielern sehr aktiv zu hören bekommen, dass sie dieses Turnier unbedingt nutzen wollen, um ihre neu entwickelte Mentalität auszubauen und als Team weiter zu wachsen", sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer. Aber auch wirtschaftliche Aspekte spielen eine Rolle. Alle EM-Spiele der DHB-Auswahl werden im öffentlich-rechtlichen Fernsehen übertragen. Nie ist die Aufmerksamkeit für den Handball größer als bei den Großturnieren im Januar. Ein Rückzug würde dem Verband schaden - auch finanziell. Zudem würden weitere schwere Konsequenzen drohen. In den Turnier-Regularien steht, dass ein Team bei einem Rückzug sogar von künftigen Europameisterschaften ausgeschlossen werden könnte. Das wäre für den DHB besonders schmerzhaft: die nächste EM 2024 wird in Deutschland ausgetragen.

Was sagen die Spieler?

"Wir haben in der Mannschaft darüber gesprochen, wie wir das Turnier fortsetzen und zu Ende bringen können. Das ist unser klares Ziel, alles andere war nicht unser Thema", sagte Kapitän Johannes Golla am späten Mittwochabend. "Auch wenn wir alle auf Abstand unterwegs sind - so einen Zusammenhalt wie in den vergangenen Tagen habe ich selten erlebt. Jeder erkundigt sich nach dem anderen. Es wird alles von jedem in der gesamten Delegation in Bewegung gesetzt, um einander in dieser Lage zu helfen. Es ist etwas ganz Besonderes, das mitzuerleben."

Wie viele Spieler kann Gislason maximal nachnominieren?

Es gibt keine Grenze. Wegen der Corona-Krise hat die Europäische Handball-Föderation das Reglement extra geändert. Durften die Nationaltrainer früher nur Spieler aus einem vorab gemeldeten 35er-Kader nachnominieren, können sie bei diesem Turnier auch auf Spieler zurückgreifen, die nicht auf dieser Liste stehen.

Wie geht es den infizierten Spielern?

Den Spielern geht es soweit gut. Rückraumspieler Julius Kühn, der am vergangenen Samstag als erster DHB-Akteur positiv getestet worden war, fühlt sich nach Angaben von Kromer fit und einsatzbereit. Theoretisch hätte er sogar gegen die Spanier nach fünf Tagen Quarantäne schon wieder spielen können. Ein erster PCR-Test am Mittwoch ergab allerdings, dass Kühn noch zu ansteckend ist. Andere Spieler wie Rechtsaußen Timo Kastening haben leichte Symptome. Der Profi der MT Melsungen, der sich wie all seine infizierten Mitspieler auf dem Hotelzimmer isoliert hat, berichtete beim TV-Sender Bild am Mittwoch von Halsschmerzen.

Wie ist die Lage bei den anderen Teams?

Die Omikron-Welle erfasst zunehmend auch andere Nationen. Ähnlich heftig wie die deutsche Mannschaft hat es den EM-Zweiten Kroatien erwischt, bei dem es bis zum Donnerstagmorgen insgesamt neun positive Fälle gab. Polen beklagte bis zu diesem Zeitpunkt sechs infizierte Spieler, die Niederlande und Russland jeweils vier, Schweden und Island je drei und Olympiasieger Frankreich einen. Immerhin vier Hauptrunden-Teilnehmer verzeichneten noch gar keinen Corona-Fall während des Turniers: Titelverteidiger Spanien, Weltmeister Dänemark, der EM-Dritte Norwegen und Montenegro.

© dpa-infocom, dpa:220120-99-777383/4

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