Finale der Handball-Champions-LeagueMagdeburg nimmt genüsslich Revanche

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Magdeburgs bester Mann: Gisli Kristjansson führte den SCM durch dieses Champions-League-Finale.
Magdeburgs bester Mann: Gisli Kristjansson führte den SCM durch dieses Champions-League-Finale. (Foto: Marius Becker/dpa)

Ein Feiertag für den deutschen Handball: In einem hochklassigen Champions-League-Finale gewinnt der SC Magdeburg 32:26 gegen die Füchse Berlin – und verhindert somit das Double des deutschen Meisters.

Von Carsten Scheele, Köln

Lauter und lauter wurden die Magdeburger Fans, immer lauter. Sie brüllten bei jeder Aktion auf der Handballplatte, als könnten sie die gegnerischen Angriffsspieler allein mit ihrer Stimmkraft stoppen, und sie hatten allen Grund dazu. An diesem Festtag des deutschen Handballs, dem ersten rein deutschen Champions-League-Finale seit elf Jahren, besiegten die Spieler des SC Magdeburg den Bundesligakonkurrenten Füchse Berlin 32:26 (16:12) und feierten den insgesamt fünften Erfolg des Klubs in der Handball-Königsklasse.

Für die Magdeburger war es Revanche und Genugtuung zugleich. Vor einer Woche hatten die Füchse den ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte errungen, mit nur einem Pünktchen Vorsprung auf den SCM. Jetzt zelebrierten die Magdeburger vor mehr als 20 000 Zuschauern in der Kölner Lanxess-Arena genüsslich ihre kleine Rache. Nach einem Jahr Pause, der bislang letzte Titelgewinn in der Champions League war dem Klub 2o23 gelungen, eroberten sich die Magdeburger die Krone des europäischen Handballs zurück. Und die in Grün und Weiß gekleideten Fans hörten mit dem Gebrüll gar nicht mehr auf.

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Es war zum Ende der Saison 2013/14 gewesen, als sich die SG Flensburg-Handewitt und der THW Kiel im letzten rein deutschen Duell gegenübergestanden (Flensburg siegte 30:28). Diesmal hatten die Füchse Berlin im Halbfinale den französischen Klub HBC Nantes locker 34:24 besiegt, und das weitgehend ohne Mathias Gidsel, den Welthandballer aus Dänemark, der früh eine rote Karte gesehen hatte. Magdeburg dagegen hatte es spannend bis zur Schlusssekunde gemacht, als Tim Hornke zum 31:30 gegen den Titelverteidiger und Favoriten FC Barcelona traf.

Magdeburgs Kristjansson wühlt im Rückraum, als verspüre er keinerlei Schmerz an der lädierten Schulter

Vom Anpfiff weg war dieses Finale am Sonntag extrem umkämpft. Beide Mannschaften kennen sich aus der Bundesliga bestens, in der Hinrunde hatte es einen knappen Sieg für die Füchse gegeben, im Rückspiel ein Unentschieden. Es wäre vermutlich wenig ertragreich gewesen, hätten Berlins Trainer Jaron Siewert oder Magdeburg-Coach Bennet Wiegert versucht, den Gegner mit einem taktischen Kniff zu überraschen. In bewährter Art rannten die Magdeburger an, allen vorweg der Isländer Gisli Kristjansson, bei dem Wiegert unter der Woche nicht einmal wusste, ob er nach seiner in der Saisonschlussphase erlittenen Schulterblessur fit werden würde. Oder ob er das Final Four ohne seinen besten Rückraumwühler bestreiten muss.

Doch Kristjansson wuchtete sich in die Eins-gegen-eins-Situationen, als verspüre er nicht den Hauch eines Schmerzes. Die meisten Tore in der Anfangsphase gingen auf sein Konto, was die Magdeburger Fans mit lauten „Gisli, Gisli“-Rufen begleiteten. Nach einer Viertelstunde führte Magdeburg knapp, 8:7.

Nicht sein Tag: Berlins Mathias Gidsel (Mitte) kam in diesem Finale nicht wie gewohnt zur Geltung.
Nicht sein Tag: Berlins Mathias Gidsel (Mitte) kam in diesem Finale nicht wie gewohnt zur Geltung. (Foto: Marius Becker/dpa)

Ein entscheidender Faktor war aber auch die Abwehr, denn Magdeburg schaffte es von Beginn an, die Kreise des Welthandballers Gidsel zu stören. Das klappte zunächst gut, der Däne fand nicht mit der üblichen Leichtigkeit in die Partie; trotz seiner unfreiwilligen Kurzarbeit tags zuvor, als er im Halbfinale gegen Nantes nach acht Minuten mit einer umstrittenen roten Karte bestraft wurde. Die TV-Bilder belegten, dass Gidsel auf dem rutschigen Boden weggeglitten und deshalb in den Beinen seines Gegenspielers gelandet war, doch die Referees zückten Rot. So konnte Gidsel mit einem Frischevorteil ins große Finale gehen, eigentlich.

Doch dieser kam nicht zum Tragen. Die Magdeburger rissen die Partie an sich, als wären all die Strapazen einer langen, aufreibenden Spielzeit inklusive einer Weltmeisterschaft im Winter, bei der praktisch alle wichtigen Spieler im Einsatz waren, nicht gewesen. Nach 23 Minuten warf Omar Ingi Magnusson per Siebenmeter die erste Drei-Tore-Führung für den SCM heraus (13:10). Bis zur Halbzeit erhöhte Magdeburg gar auf vier Tore. So hatten sich die Berliner, die seit dem Gewinn des Meistertitels vor einer Woche auf einer Euphoriewelle schwebten, das Endspiel nicht vorgestellt.

Der Däne Saugstrup hat seinen Nationalmannschaftskollegen Gidsel gut im Griff

Die zweite Halbzeit begann denkbar schlecht für Magdeburg: mit einer roten Karte für Abwehrspezialist Antonio Serradilla Cuenca, der mit der Hand im Gesicht eines Berliners gelandet war. Und es hätte wohl Spiele gegeben, in denen hätte Gidsel fortan aufgedreht und den Rückstand höchstpersönlich binnen Minuten in eine Führung verwandelt. Doch dieser Sonntag war nicht solch ein Tag. Gidsel mühte sich, landete aber regelmäßig in den Armen seines Kollegen in der dänischen Nationalmannschaft, Magnus Saugstrup. Und immer, wenn die Füchse nachhaltig hätten verkürzen können, gelang Magdeburgs immens starkem Torsteher Sergey Hernández eine wundersame Parade.

Somit feierten diesmal nicht die Berliner, nicht Mathias Gidsel, der sonst eigentlich immer gewinnt, wenn er zu großen Spielen antritt. Für den Hauptstadtklub mag das für den Moment eine große Enttäuschung sein, doch für den Handball ist es vielleicht eine gute Nachricht.

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