Kieler Handballer Filip Jicha:Auf dem Immobilienmarkt verzockt

THW Kiel - Pick Szeged

Nur der Schwede Magnus Wislander erzielte für den THW mehr Bundesliga-Tore als der tschechische Nationalspieler Filip Jicha.

(Foto: Daniel Reinhardt/dpa)
  • Der frühere Welthandballer Filip Jicha bittet den THW Kiel, ihn nach Spanien zum FC Barcelona zu verkaufen.
  • Der THW-Kapitän kämpft mit finanziellen Problemen, die ihn seit seinem Wechsel 2006 von der Schweiz nach Deutschland begleiten.

Von Jörg Marwedel, Kiel/Hamburg

Am Sonntag war Filip Jicha, 33, noch beim Foto-Shooting des deutschen Handball-Meisters THW Kiel dabei. Allerdings nach einigen schlaflosen Nächten, wie er im Interview mit den Kieler Nachrichten verriet. In der Lokalzeitung bat der Teamkapitän seinen Klub am Montag sozusagen offiziell, "mich sofort zu verkaufen, um mir so zu helfen".

Champions-League-Sieger FC Barcelona hat ihm schon vor einiger Zeit ein Angebot für einen Vierjahres-Vertrag gemacht. Bislang hat der THW angeblich Offerten der Spanier über Ablösesummen von 250 000 und 400 000 Euro abgelehnt, und Geschäftsführer Thorsten Storm wurde so zitiert: "Es wird nie eine Entscheidung von unserer Seite geben, die dem THW sportlich schadet." Denn Jicha ist - wie einst die schwedischen Größen Magnus Wislander, Stefan Lövgren und Marcus Ahlm - seit Jahren das Herz des Rekordmeisters.

In eine tiefe Falle getappt

Der Grund für den angestrebten Wechsel des in acht Jahren in Kiel heimisch gewordenen 155-maligen tschechischen Nationalspielers, der seine Karriere eigentlich an der Ostsee beenden wollte, ist ein finanzieller. Um nicht als "Judas" verurteilt zu werden, wie er sagte, hat er diese persönlichen Hintergründe öffentlich gemacht. Er habe sich, als er 2006 aus der Schweiz zum TBV Lemgo wechselte, "auf einen Finanzberater verlassen und wie viele andere Bundesliga-Profis viel Geld in Immobilien investiert". Erst vier Jahre später habe er erfahren, dass er dabei in eine "tiefe Falle getappt" sei. Aktuell müsse er etwa 40 Prozent des Gehaltes für Zins und Tilgung aufwenden. Er sei damals jung und naiv gewesen, habe kaum Deutsch gesprochen.

Als Sportler, sagt Jicha, müsste er eigentlich bei jenem Klub bleiben, den er "liebt". Als Familienvater aber sei es "fast schon Pflicht, nach Barcelona zu gehen". Vier Jahre in Barcelona würden ihm so viel bringen wie fünf Jahre in Kiel. Zudem bekomme man in Spanien auch im Verletzungsfall das komplette Gehalt, gebe es dort drei Monate Sommerpause und die Konkurrenz sei nicht so groß wie in der Bundesliga.

Jicha muss Opfer bringen

In Kiel hatte man dagegen gemerkt, dass der Weltklasse-Rückraumspieler der Belastung Tribut zollen musste. Immer wieder hat er auch bei Blessuren gespielt, weil die personelle Situation es angeblich erforderte. Die Sprunggelenk-Verletzung und die derzeitige Schambeinentzündung stünden nach seiner Ansicht in einem "Zusammenhang, sich für die Mannschaft zu opfern". Auch wegen der zunehmenden Anfälligkeit möchte der THW seinen Vertrag (gilt bis 2016 mit Option für ein weiteres Jahr) bislang nicht verlängern. "Ich kann die Verantwortlichen verstehen, die sich zuerst sicher sein wollen, dass ich wieder zu alter Stärke finden kann", sagt Jicha.

Dass der Auslöser des Angebots aus Spanien ausgerechnet ein weiterer ehemaliger Kieler war, ist kurios. Nach dem Fortgang des Franzosen Nikola Karabatic zu Paris Saint Germann braucht Barcelona einen neuen Rückraumspieler ähnlicher Klasse. Und das Angebot von Barça ist offenbar so gigantisch, dass Jicha sogar interne Rekorde sausen lassen würde. Zum Beispiel, Wislander und Lövgren zu überholen, die wie er sieben Meistertitel mit dem THW gewannen oder gar mit Ahlm gleichzuziehen, der acht Mal die Schale hochhielt. Zudem fehlen Jicha nur noch 14 Treffer, um den Kieler Rekordschützen Wislander (1332 Bundesliga-Tore) zu überholen.

Der THW will die Offerte aus Spanien nicht überbieten

Noch allerdings haben die Kieler dem Wechsel zum mächtigsten internationalen Rivalen nicht zugestimmt. Geschäftsführer Storm sprach zwar gegenüber dem NDR von einem "Riesenangebot aus Barcelona", betont aber auch, dass Jicha nicht irgendein Spieler für die Kieler sei. "Wir müssen uns mit ihm zusammensetzen, es ist zu diesem Zeitpunkt eine sehr schwierige Situation für alle Beteiligten. Einen solchen Spieler kann man nicht aus dem Stand ersetzen." Die wirtschaftlich attraktivere Offerte aus Barcelona wolle der THW aber nicht überbieten, weil es nicht in unser "Gesamtkonstrukt hineinpasst".

Storm kehrt am Donnerstag aus dem Urlaub zurück. Dann will er die Gespräche mit Jicha und den anderen Entscheidungsträgern beim THW forcieren. Vorerst, so die Verlautbarung, plane Trainer Alfred Gislason auch für die kommende Saison mit Filip Jicha.

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