Handball-WM:Eine völlig vermasselte Videokonferenz

Handball-Präsident Moustafa verteidigt WM-Austragung

Weltverbandspräsident Hassan Moustafa hat sich in die Debatte um die Handball-WM eingeschaltet: Er verteidigt vehement die Austragung der Endrunde vom 14. bis 31. Januar in seinem Heimatland Ägypten.

(Foto: Soeren Stache/dpa)

Der pannenreiche Auftritt des Handball-Weltverbands bereitet Sorgen: Wie soll da bloß ein WM-Turnier mit 32 Teams unter Beachtung eines komplizierten Hygienekonzepts funktionieren?

Von Joachim Mölter

Am Anfang sah man eine Bühne, auf der einige Männer Platz nahmen in schweren Polstersesseln, alle in gebührendem Abstand zueinander und mit Maske, soweit das zu erkennen war; die Bilder waren etwas verschwommen. Zu hören waren dazu viele Stimmen, wild und aufgeregt durcheinander. Es war ein babylonisches Sprachengewirr, offensichtlich waren etliche Mikrofone offen, die nicht offen hätten sein sollen bei dieser virtuellen Pressekonferenz des Handball-Weltverbandes IHF. Dessen Präsident Hassan Moustafa hatte internationale Medien geladen, um sie einzustimmen auf die Männer-WM vom 13. bis 31. Januar in seiner Heimat Ägypten, doch falls er vorgehabt haben sollte, die Bedenken zu zerstreuen, die es angesichts der Corona-Pandemie vor allem in der hiesigen Bundesliga gegen die Veranstaltung gibt, dann ist das misslungen.

Der Weltverband und die lokalen Organisatoren haben es jedenfalls geschafft, eine simple Videokonferenz so zu vermasseln, dass man sich als Zuschauer fragte: Wenn schon so etwas Einfaches derart chaotisch abläuft, wie soll dann ein Turnier mit 32 Teams unter Beachtung eines komplizierten Hygiene- und Sicherheitskonzepts reibungslos über die Bühne gehen?

Man kann den Veranstaltern in Ägypten nicht vorwerfen, dass sie nicht nachgedacht haben, wie sie die Gesundheit aller WM-Beteiligten schützen wollen. In Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation WHO und dem nationalen Gesundheitsministerium haben sie einen Plan entwickelt, der durchaus sinnvoll erscheint, wenn man ihn in Ruhe studiert. Das Konzept basiert auf einer sogenannten Blase, in die alle Spieler, Betreuer, Funktionäre und sonstigen WM-Mitarbeiter erst hineindürfen, wenn sie negativ auf das Coronavirus getestet worden sind; sind sie erst einmal in der Blase drin, sollen sie von der Außenwelt isoliert werden und bis zu ihrer Abreise auch bleiben.

Im Hintergrund diskutieren offenbar Techniker vor eingeschalteten Mikrofonen

In der Basketball-Bundesliga (BBL) und in der amerikanischen Basketball-Profiliga (NBA) hat das im Sommer funktioniert, allerdings waren da weniger Teams und weniger Menschen an weniger Orten zusammen, als es nun bei der Handball-WM geplant ist: Die ist von 24 auf 32 Teilnehmer aufgebläht worden, und für die sind in und um Kairo herum vier Spielorte vorgesehen.

Wie das klappen soll, wollten Hassan Moustafa und das örtliche Organisationskomitee aller Welt zeigen, die IHF übertrug das virtuelle Medienmeeting live auf ihrem Facebook-Kanal. Aber dann passten die zu sehende Power-Point-Präsentation und die zu hörenden Erklärungen nicht zusammen; dass im Hintergrund offenbar Techniker vor eingeschalteten Mikrofonen diskutierten, machte es nicht besser. Zwei der aufgebotenen Übersetzer entschuldigten sich zwischendurch, dass keine Übersetzung ins Französische oder Englische möglich sei - sie verstünden gerade selber nichts, die Tonqualität sei so schlecht. Es war ein Kommunikationsdesaster, zu einer ungünstigen Zeit.

Erst am Montag hatten Andreas Michelmann und Mark Schober, der Präsident und der Vorstandschef des Deutschen Handballbundes (DHB), in einem gemeinsamen Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung versucht, die hierzulande vor allem von den Bundesliga-Klubs befeuerte Debatte über die WM zu beenden. "Wir wissen, dass wir Risiken eingehen", hatte Michelmann gesagt, "wenn wir alle das Risiko auf null setzen wollen, dürfen wir auch keine Bundesliga spielen."

Auch Schober erteilte der Forderung nach einem WM-Verzicht eine Absage: "Wir haben die Olympia-Qualifikation in Berlin, wir haben 2027 die WM in Deutschland - wir können da nicht isoliert Entscheidungen treffen, ohne massiven Schaden zu verursachen." Die Funktionäre äußerten freilich Verständnis, falls ein Profi nicht mitmachen mag: "Will ein Spieler nicht spielen, werden wir das akzeptieren."

Von einer Zuschauer-Auslastung von 30 Prozent ist die Rede

Die Sorgen der Spieler dürften sich nach dem Auftritt der IHF nicht erledigt haben. In den wenigen Minuten, in denen am Donnerstag etwas zu verstehen war, bekräftigte Hassan Moustafa im Grunde zwar das, was er zu Wochenbeginn bereits in einem Interview mit dem Mannheimer Morgen versichert hatte, nämlich dass "alle erdenklichen Maßnahmen getroffen werden, um die Gesundheit einer jeden Person zu gewährleisten, die an der Weltmeisterschaft beteiligt ist. Wir können uns keine Fehler leisten, denn auch für uns steht mit der Ausrichtung des Events viel auf dem Spiel".

Allerdings wiederholte Moustafa auch das Vorhaben, Zuschauer in die zum Teil neu errichteten Arenen zu lassen; von einer 30-prozentigen Auslastung war die Rede. Der 76-Jährige hofft dabei durchaus auch auf handballinteressierte Touristen aus dem Ausland: "Wir heißen alle hier in Ägypten willkommen." Er habe jedenfalls "überhaupt keinen Zweifel", dass die WM stattfinde, sagte Hassan Moustafa: "Wir müssen uns eben jeder neuen Situation anpassen."

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