Handball:Auf Nummer sicher

Handballnationalmannschaft

Noch viel Arbeit und wenig Zeit: Handball-Bundestrainer Christian Prokop (l.).

(Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Keine Kader-Experimente: Mit besten Vorsätzen geht Handball-Bundestrainer Christian Prokop in die Vorbereitung der Heim-WM. Der Countdown läuft: 100 Tage sind es bis zum Anpfiff.

Von Ulrich Hartmann, Köln

Den ersten von 100 Countdown-Tagen bis zur heimischen WM hat Handball-Bundestrainer Christian Prokop 100 Meter über Köln verbracht. Man hätte von dort oben einen prächtigen Blick auf jene Arena haben können, in der Deutschland vor elf Jahren Weltmeister wurde, aber es war nebelig in Köln. Und so blickte Prokop während der Präsentation des deutschen WM-Trikots aus dem 27. Stock eines Hochhauses am Rhein hinab in jene Ungewissheit, mit der am 10. Januar 2019 in Berlin gegen das vereinigte Team Korea der Start in diese deutsch-dänische WM erfolgt. "Zur Zwischenrunde nach Köln zu kommen, ist unser Minimalziel", sagte Prokop - vom Halbfinale in Hamburg oder gar vom Finale in Herning/Dänemark sprach er nicht.

Deutschland ist gespannt auf Prokops Handballer, nachdem diese im Januar nur Neunte wurden bei der EM in Kroatien und Prokop, 39, nach nicht einmal einem Jahr im Amt fast abgesetzt worden wäre. Das Präsidium des Deutschen Handball-Bunds entschied sich in einer Abstimmung aber knapp für Prokop, so dass er bei der Heim-WM eine zweite Chance bekommt. Die Erwartungen im Handballland sind mit der Erinnerung an den Finalsieg gegen Polen am 4. Februar 2007 in der Kölner Arena besonders hoch. Prokop saß damals als Zuschauer auf der Tribüne.

Auf dem WM-Trikot ist unterhalb der linken Schulter das Wappen des Handball-Bunds zu sehen, auf der Innenseite wurde ein Motivationssatz eingenäht: "Gewinne für Dich, mit uns!" Diese Idee erscheint auch deshalb hilfreich, weil die Stimmung in der Mannschaft bei der Kroatien-EM nicht gerade euphorisch gewesen sein soll. Prokop sagte später dazu nur, dass er hoffe, es werde fortan mehr gelacht im Nationalteam. Gelacht wird im Leistungssport aber vornehmlich im Erfolgsfall, und um den möglich zu machen, haben die Bundesligatrainer jüngst sogar ein paar Zusatztage zur Vorbereitung gebilligt. "Mich hat das sehr gefreut, dass die Trainer unisono zugestimmt haben", sagt Prokop.

Das war nicht immer so. Meistens kämpfen die Klubs ja gerade gegen allzu häufige Absenzen ihrer Angestellten, doch im Vorfeld der Heim-WM haben alle den positiven Nutzen auch für die Bundesliga erkannt. So kommt es im Advent zu einem zusätzlichen Kurzlehrgang samt Länderspiel gegen Polen am 9. Dezember. "Die Zeit aber bleibt ein limitierender Faktor", sagt Prokop, der mit seinen Nationalspielern vor allem im taktischen Bereich arbeiten will. Da geht es dann um Abläufe, deren Gelingen von der Häufigkeit der Wiederholung abhängt. "Wir hatten bislang bloß drei Maßnahmen, auf denen wir uns komplett den Themen WM und Taktik widmen konnten", sagt Prokop. Am 22. Oktober beginnt in Wetzlar das einzige längere Trainingslager vor der WM, bei dem man auch mal eine ganze Woche beisammen ist.

"Etwa zehn Tage zuvor", sagt Prokop, werde er den Kader für diesen Lehrgang benennen, "und dieser Kader wird dann auch ein Fingerzeig für den WM-Kader sein." Er habe "keine Riesenexperimente" vor.

Das neue Trikot mit dem eingenähten Motivationsspruch werden die üblichen Verdächtigen tragen, die mit Blick auf Tokio 2020 beim DHB ja offiziell auch schon als Mitglieder eines "Olympiakaders" firmieren. Auf den Leistungsstand einzelner Kandidaten mag Prokop nicht explizit eingehen, sagt aber: "Dass momentan alle noch nicht am Optimum spielen, macht mir 100 Tage vor der WM keine Sorge."

Und so werden die finalen Länderspiele im WM-Countdown zu Standortbestimmungen, dürften die EM-Qualifikationsspiele gegen Israel und Kosovo mit Blick auf die WM zusätzlichen Aufschluss geben und die Freundschaftsspiele gegen Polen im Dezember sowie Tschechien und Argentinien im Januar alles andere als pure Bewegungseinheiten sein. Dass die Nationalspieler dann ihr neues WM-Trikot bereits tragen, soll das "Wir-Gefühl" stärken, sagt Prokop: "So ein Nationaltrikot macht einen ja auch stolz."

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