Handball:17 Mal Landin

Lesezeit: 2 min

Eine Macht im Tor, auch dank Torwarttrainer Mattias Andersson: Die Reflexe von Kiels Niklas Landin waren entscheidend für den Flensburger Sieg (Foto: Sascha Klahn/Getty)

Kapitän verletzt, Vorsprung verspielt: Flensburg-Handewitt bangt um Titel. Für Kiel ist dagegen sogar noch ein kleines Triple möglich.

Von Jörg Marwedel, Kiel

Überschwängliches Lob ist nicht die Sache von Alfred Gislason. Dem Keeper des THW Kiel hat der isländische Trainer nach dem Spiel nur zugerufen: "Nicht schlecht, Niklas."

Gemeint war Niklas Landin, 30. Der dänische Weltmeistertorwart hatte zuvor mit 17 Paraden das Meisterschaftsrennen in der Handball-Bundesliga zumindest noch einmal "ein bisschen spannend" gemacht, wie Gislason nach dem hauchdünnen 20:18-Sieg des THW über Titelverteidiger und Tabellenführer SG Flensburg-Handewitt feststellte. Die Kieler haben jetzt nur noch zwei Minuspunkte Rückstand, wobei die Flensburger im Saison-Endspurt noch in vier Spielen Zähler verlieren könnten und der THW nur noch in dreien.

Erst später hat auch Gislason Worte wie "phänomenal" und "bester Torwart der Welt" in den Mund genommen. Da war ihm längst bewusst geworden, dass ihm dieser 2,01-Meter-Lulatsch doch noch den Wunsch erfüllen könnte, mit seinem siebten Meistertitel in elf Jahren Abschied zu nehmen vom THW.

Dass dieses 99. Schleswig-Holstein-Derby mit einem "Feldhandball-Ergebnis" (Flensburgs Ex-Nationalspieler Holger Glandorf) endete, hatte aber nicht nur mit Landins Reflexen zu tun, sondern auch mit dessen Gegenüber Benjamin Buric. Auch dem gelangen überdurchschnittliche 14 Abwehr-Aktionen. Und schließlich lag es an den flatterhaften Nerven der Schützen. Flensburgs Manager Dierk Schmäschke haderte: Hätte man nur ein paar der 14 freien Würfe verwandelt, dann hätte man "mit vier Toren Unterschied" gewonnen.

Landins Top-Form hat mit Torwarttrainer Mattias Andersson zu tun. Den lobte Gislason auch noch mal ausdrücklich. Der 41-jährige Schwede hatte in der vergangenen Saison noch die Bälle für die Flensburger bis zum Titelgewinn gehalten. Andersson war schon einmal sieben Jahre in Kiel, kam damals aber nicht am Weltklasse-Keeper Thierry Omeyer vorbei. Als Nummer eins bei der SG wurde er dann zeitweise ebenfalls als bester Bundesliga-Torwart gehandelt. Nun ist er der Mann, unter dem Landin noch einmal in eine neue Dimension des Torhüter-Spiels vorgestoßen ist.

Für den THW Kiel ist sogar ein kleines Triple möglich

Ob ihm Andersson, nebenbei auch Torwart-Trainer des österreichischen Nationalteams, besondere Tipps gegen die Flensburger gegeben habe, wurde Landin gefragt. Doch der wich aus und sagte: "Mattias ist ein Gentleman." Das sollte wohl heißen, darüber rede man nicht. Die Wurfbilder der Flensburger kennt Landin ohnehin, denn auf keinen Gegner trifft man häufiger als auf den Nachbarn. Ob dieses Derby aber wirklich das "Klassespiel" war, wie Gislason behauptete, darüber kann man debattieren. Kiels zweiter Kapitän Patrick Wiencek fand, dass es "kein schönes Spiel" war, obwohl beide Abwehrreihen (also nicht nur die Keeper) ziemlich perfekt agierten. Damit hatte er wohl Recht.

Die entscheidende Frage aber ist nun, wie sich die Niederlage auf die Psyche der Flensburger auswirkt, die auch noch ihren Kapitän Tobias Karlsson mit Rückenbeschwerden verloren. Der Satz von Schmäschke, man habe es doch in eigener Hand, ist gefährlich. THW-Kreisläufer Hendrik Pekeler, im Vorjahr noch für die Rhein Neckar Löwen tätig, erinnert sich genau an das letzte Jahr. Damals hatten die Mannheimer vier Spieltage vor Ende vier Punkte Vorsprung vor Flensburg. Dann aber verloren sie zu Hause 23:24 gegen die MT Melsungen und 25:25 in Erlangen. Am Schluss war das Team von der dänischen Grenze einen Punkt besser.

"Es ist schwierig, jedes Spiel gewinnen zu müssen", sagt Pekeler, er selbst habe das erlebt. Und ausgerechnet gegen Melsungen muss die SG am Donnerstag wieder vor eigenem Publikum antreten. Die Kieler dagegen, die seit einem Vierteljahr ohne Niederlage sind, müssen nach dem EHF-Final-Four in eigener Halle am kommenden Wochenende erst am 26. Mai daheim gegen Minden antreten. Wenn es also gut für sie läuft, dann verabschiedet sich Gislason mit einem kleinen Triple - den DHB-Pokal hat er schon im April gewonnen. Der Sieg in seinem 40. Derby könnte dafür die Basis gewesen sein. SG-Manager Schmäschke hat dem 59-Jährigen schon als Abschiedsgeschenk eine Flasche Flensburger Gin überreicht, allerdings mit einem kleinen Zusatz: "Dafür werden wir Meister."

© SZ vom 14.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: