Hamilton in Austin:Ansatzlos, entschlossen, in einem Zug

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Fünfter Sieg in Serie: Lewis Hamilton in Austin

(Foto: AFP)

In Runde 24 entscheidet Lewis Hamilton womöglich das WM-Titelrennen: Der Brite schiebt sich an Nico Rosberg vorbei und gewinnt in Austin das fünfte Formel-1-Rennen in Serie. Sebastian Vettel hat mal wieder mit Widrigkeiten zu kämpfen.

Von René Hofmann

Die Aktion wirkte unspektakulär. 56 Runden müssen die Formel-1-Fahrer auf dem Circuit of the Americas in Austin/Texas beim USA-Grand-Prix absolvieren. In Runde 24 ereignete sich am Sonntagabend die Szene, die den Großen Preis entschied - und womöglich auch das Titelrennen. In dem Umlauf ging der Brite Lewis Hamilton, 29, an seinem deutschen Mercedes-Kollegen Nico Rosberg, ebenfalls 29, vorbei. Ansatzlos, entschlossen, in einem Zug. Rosberg, der von der Pole Position aus in Führung gegangen war, leistete keine nennenswerte Gegenwehr. Es sah so aus, als würde er sich dem Unvermeidbaren fügen. Es war ein weiterer Nackenschlag für ihn.

"Eine epische Fahrt": So wurde Hamilton im Ziel von seiner Mannschaft gelobt. Fünf Rennen hat er nun in Serie gewonnen. In Monza, in Singapur, in Suzuka, in Sotschi und nun auch in Austin hat er triumphiert. Egal, ob es auf einer Strecke mit vielen Kurven rund geht, oder auf einer vor allem geradeaus gefahren werden muss - der Champion des Jahres 2008 hat einen Lauf. 24 Punkte Vorsprung hat Hamilton nach 17 Rennen nun auf Rosberg. 75 Punkte sind noch maximal zu gewinnen.

Das nächste Rennen wird bereits am kommenden Sonntag um 17 Uhr in São Paulo gestartet; dort bringt der Sieg 25 Zähler. Beim Saisonfinale am 23. November in Abu Dhabi werden dann, um es spannend zu halten, doppelt so viele Punkte vergeben. Rosberg kann also weiter auf einen lucky punch hoffen - das ist die gute Nachricht für ihn. Die schlechte: Nun braucht er wirklich einen Glückstreffer, um zum ersten Mal zum Titel zu kommen.

In den vergangenen sechs Rennen ist er fünfmal Zweiter geworden. Mehr muss eigentlich keiner wissen, der den Unterschied zwischen den beiden ergründen will: In der entscheidenden Phase der Saison hat Hamilton sich zur Bestform aufgeschwungen, während Rosberg sich nicht weiter steigern konnte. "Sorry, dass es nicht funktioniert hat", entschuldigte er sich in Austin im Ziel am Funk bei seiner Crew. Dritter wurde Red-Bull-Fahrer Daniel Ricciardo. Die Plätze vier und fünf gingen an die Williams-Fahrer Felipe Massa und Valtteri Bottas. Fernando Alonso war als Sechster erneut bester Ferrari-Fahrer.

Für Adrian Sutil, der in sechs Formel-1-Jahren schon einiges erlebt hat, war es ein denkwürdiges Wochenende. Am Samstag gab das Sauber-Team eine Personalie bekannt, die für den 31-Jährigen so gut wie sicher das Aus bedeutet. Das Schweizer Team sicherte sich fürs kommende Jahr die Dienste von Marcus Ericsson. Der 24 Jahre alte Schwede gehört quasi zur Konkursmasse des Rennstalls Caterham, der in Texas nicht an den Start ging, weil seit kurzem der Insolvenzverwalter bei ihm das Sagen hat. Ericsson hat - ebenso wie der bisherige Sauber-Ersatzfahrer Giedo van der Garde (29/Nieder- lande) - wohlhabende Förderer.

Trotz der ernüchternden Nachricht glückte Sutil am Samstag in der Qualifikation die beste Leistung in dieser Saison. Zum ersten Mal erreichte er den finalen Qualifikationsdurchgang; er wurde Zehnter. Von der Position aus startete er verheißungsvoll ins Rennen. Allerdings kam er nicht weit. Die Ernüchterung kam früh. Und sie kam in Form eines schwarz-orange lackierten Autos: Force-India-Lenker Sergio Perez agierte schon im ersten Umlauf derart ungestüm, dass er Sutil ins Aus rammte. Aus den heiß ersehnten ersten Punkten für Sauber 2014 wurde nichts.

Ungewohnte Perspektive für Sebastian Vettel

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Die entscheidende Szene: Nico Rosberg (links) gibt in Runde 24 die Führung an seinen Mercedes-Kollegen Lewis Hamilton (rechts) ab.

(Foto: Jim Watson/AFP)

"Ich habe plötzlich eine Breitseite bekommen", beschrieb Sutil sein Erlebnis im Cockpit: "Das ist so unnötig in so einer Situation." Der Rammstoß traf nicht nur die betroffenen Teams. Das Aus der zwei Autos ließ das Feld weiter schrumpfen: von 18 auf 16 Teilnehmer, was den Wettbewerb sehr überschaubar werden ließ.

Aus völlig ungewohnter Perspektive nahm den Grand Prix Sebastian Vettel wahr. Der viermalige Weltmeister hat in diesem Jahr schon mehr Motoren eingesetzt als erlaubt sind. Wer sein Kontingent überzieht, riskiert eine Strafversetzung. Um zumindest so lange wie möglich noch am Auto schrauben zu dürfen, entschloss Vettel sich bereits vor Wochen, in Austin aus der Boxengasse ins Rennen zu gehen. In der Qualifikation, in der die Schnellsten im Adrenalinrausch die Bestzeit jagen, tat Vettel nur das unbedingt Nötige. Als Rosberg und Hamilton ihre Autos in die erste Startreihe vor der Startampel lenkten, richtete Vettel seinen Red Bull vor der Ampel am Ende der Boxengasse aus.

"Platz sieben" - das war die Maximalerwartung, mit der er von dort aus loszog. Den Platz erreichte Vettel am Ende auch. Doch auch im Rennen erlebte er Ernüchterndes. Nach 20 von 56 Runden war er zwar auf dem zehnten Platz angekommen, haderte aber mit seinem Gefährt. "Das ganze Wochenende habe ich Rundenzeiten von 1,44 oder 1,45 hinbekommen. Und jetzt habe ich Mühe, überhaupt eine 1,46 zustande zu kriegen", beschwerte Vettel sich bei seinen Ingenieuren - und es war deutlich zu hören, wie wenig Spaß es ihm bereitet, pro Runde zwei Sekunden mehr zu benötigen als die Schnellsten.

Vettels Abschied von Red Bull zum Ende der Saison steht seit Wochen fest. Dass es ihn nach Italien zu Ferrari zieht, ist ein offenes Geheimnis. Aber zugeben darf Vettel das immer noch nicht. Die Situation zerrt offenbar an seinen Nerven. Bei Red Bull ist er von allen Themen abgeschnitten, die das nächste Jahr betreffen. In der Firma, in der er zum Weltmeister reifte und die er zu Weltruhm in dem Sport führte, ist er nur noch ein Geduldeter.

Nicht ins Ziel kam Nico Hülkenberg. Der Emmericher musste seinen Force India in der 18. Runde abstellen. "Das Auto hatte keinen Antrieb mehr", gab er zum zweiten Ausfall in dieser Saison an.

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