Neuer Trainer beim Hamburger SV:Der Nächste, bitte!

Hamburger SV's coach van Marwijk reacts during the German Bundesliga first division soccer match against Eintracht Brunswick in Brunswick

Nichts zu machen: Bert van Marwijk beim Spiel in Braunschweig.

(Foto: REUTERS)

Noch ist nicht bekannt, wer Nachfolger von Bert von Marwijk als Trainer beim Hamburger SV wird. Kandidaten sind Mirko Slomka - und Martin Jol. Vor sechs Jahren hatten sich die beiden Fußballlehrer schon einmal um den Posten beworben.

Von Matthias Schmid

Um exakt 21.43 Uhr soll Bert van Marwijk das HSV-Gelände verlassen haben, beobachteten findige Chronisten am Samstagabend. Ob er sein Dienstfahrzeug wie einst Jupp Heynckes in Mönchengladbach vollgetankt und innen schön gesaugt zurückgelassen hat, ist derweil nicht überliefert. Wohl eher nicht. Die Trennung des Hamburger SV vom niederländischen Fußballltrainer war eine ziemlich unwürdige.

2:4 hatte van Marwijk mit seinem Team am Nachmittag gegen den Tabellenletzten Braunschweig verloren. Die Entlassung hatte sich allerdings seit Tagen schon abgezeichnet. Teile des Aufsichtsrats - sie wollen nun zurücktreten - hatten vergeblich versucht, eine Mehrheit für die Entmachtung des Vorstandsvorsitzenden Carl Jarchow und des Sportchefs Oliver Kreuzer zustande zu bringen, um anschließend Felix Magath als Cheftrainer mit allen erdenklichen Kompetenzen ins Amt zu hieven. Dass aber nicht Magath, sondern noch van Marwijk in Braunschweig die Mannschaft betreute, lag allein daran, dass Magath nicht beim HSV, sondern kurzerhand beim FC Fulham in der Premiere League einen Vertrag unterschrieb.

Doch der trainersuchende Klub hat einen weiteren klublossen Trainer schnell ausfindig gemacht. Noch an diesem Sonntag soll nach Informationen von Bild am Sonntag Mirko Slomka nach Hamburg kommen. Wenn sich die Verantwortlichen mit dem ehemaligen Trainer von Hannover 96 einigen, wird dieser allerdings nicht am gleichen Tag noch auf seine neue Mannschaft treffen. Die Spieler haben trotz Erfolglosigkeit frei bekommen.

Doch wer weiß: Nach den ziemlich irren HSV-Tagen kann es womöglich passieren, dass angesichts der Krise der Hamburger Verantwortlichen in der Krisenbewältigung auch noch ein Duell um den Trainerjob erwachsen könnte. Zumindest gab es das vor sechs Jahren schon einmal. Denn neben Slomka soll noch der ehemalige HSV-Coach Martin Jol angehört werden.

Diese Personalien taugen sogar in den schweren HSV-Zeiten zu so etwas wie Ironie. Im Jahr 2008 schon hatten sich sowohl Slomka als auch Jol um den Chefposten in Hamburg beworben. Damals trafen sich die Vorstände Bernd Hoffmann, Katja Kraus und Dietmar Beiersdorfer zunächst mit Slomka.

Nach mehrstündigen Verhandlungen waren sie von dessen strukturiertem und eloquentem Auftreten sehr verblüfft. Slomka hatte sich auf die Präsentation so gewissenhaft vorbereitet wie ein Student auf seine Abschlussprüfung. Er konnte über die Mannschaft mit allen taktischen Möglichkeiten genauso gut referieren wie über das besondere Organigramm des Klubs. Beierdorfers Favorit war allerdings der Niederlander Fred Rutten. Als sich der Vorstand aber weder auf Rutten noch auf Jürgen Klopp einigen konnten, den Hoffmann und Kraus präferierten, gewann am Ende ein ganz anderer die Kamapgne in eigene Sache: Martin Jol.

Slomka im Stadion - allerdings in Sinsheim

Die nächsten Stunden dürften in jedem Fall spannend werden. Dabei benötigten die Spieler dringend Hilfe. Es macht nämlich nicht den Eindruck, als ob alle verstanden hätten, worum es in diesen bitteren Tagen wirklich geht: um den Abstieg des letzten Klubs, der seit Gründung der Bundesliga ununterbrochen der Beletage des deutschen Fußballs angehört. "Wenn wir so weiter spielen, packen wir es nicht", erkannte Abwehrspieler Lasse Sobiech nach der siebten Niederlage in Serie richtig.

Mirko Slomka hatte sich übrigens am Samstag das Spiel zwischen Hoffenheim und Stuttgart (4:1) angeschaut. Der nächste Hamburger Gegner ist allerdings eine andere Mannschaft: Borussia Dortmund.

Um die neue Aufgabe ist der Nachfolger van Marwijks wahrlich nicht zu beneiden. Eine Woche später muss der HSV beim ebenfalls in Not geratenen Werder Bremen antreten, ehe Eintracht Frankfurt zu einem weiteren Abstiegsduell anreist.

Auch wenn van Marwijk Hamburg nach nur 143 Tagen im Amt wieder verlassen hat, werden die HSV-Veranwortlichen noch länger mit ihm zu tun haben. Nach Informationen des Hamburger Abendblatt könnte die vorzeitige Entlassung sehr teuer werden. Die Rede ist von mehr als zwei Millionen Euro. Dabei plagen den HSV mehr als 100 Millionen Euro Schulden.

Anders als beispielsweise bei Vorvorgänger Michael Oenning hatten die HSV-Macher keine Entlassungsklausel in den Vertrag des Niederländers eingearbeitet. Fast noch erschreckender könnte sich aber die festgeschriebene Gehaltserhöhung auswirken, die van Marwijk im Falle des Klassenverbleibs im Anschluss erhalten hätte - im Optimalfall hätten sich seine Bezüge auf 2,4 Millionen Euro erhöht. Nachdem was Bert van Marwijk erlebt hat, dürfte er auf keinen Cent verzichten wollen.

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