Hamburger SV:"Da wächst richtig was zusammen"

Hamburger SV - 1899 Hoffenheim

Der 17-Jährige, der für den HSV jubelt: Jann-Fiete Arp erzielte zuvor bereits zwei Bundesliga-Tore - beim 3:0 gegen Hoffenheim feierte er mit.

(Foto: Daniel Reinhardt/dpa)
  • Beim Hamburger SV harmonieren plötzlich die teuren Profis mit den jungen Talenten, gegen Hoffenheim gelingt der beste Auftritt seit Wochen.
  • Doch das Wettbieten um Jann-Fiete Arp geht weiter. Eine Einigung mit Chelsea wird dementiert.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Noch bevor Jens Todt seine Entspannungs-Zigarette angezündet hatte, ließ er sich diesmal bei den Reportern blicken. Mit der Einordnung des 3:0 gegen den Europa-League-Teilnehmer TSG Hoffenheim ging der Sportchef des Hamburger SV ausgesprochen offensiv um. Er habe eine "überragende Leistung" gesehen, wiederholte er in verschiedenen Versionen. Es sei nicht nur ein Akt des Willens gewesen, sondern vielleicht noch viel mehr: "Da wächst richtig was zusammen."

Der ehemalige Journalist Todt weiß natürlich, wie er Stimmungen beeinflussen kann. Und er weiß, wie sehr er selbst unter Druck steht, nachdem ihn der Investor Klaus-Michael Kühne schon im August zwar nicht als "Drittliga-Manager" abgekanzelt hatte wie seinen Vorvorgänger Oliver Kreuzer, aber Kühne hatte "einiges zu beanstanden". Der Sportdirektor mache nicht genug Druck, da werde "zu wenig Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt".

Arp zum FC Chelsea? Das stimmt nicht

Und weil der HSV sich seit Todts Amtsantritt im Januar 2017 auch mit weiteren Transfer-Aufwendungen von 30 Millionen Euro nicht aus der Abstiegsregion entfernte, hat der milliardenschwere Oberfan Kühne fast die Lust verloren am teuren Hobby HSV.

Pluspunkte könnte Todt sammeln, wenn er das Werben reicher Vereine um das größte HSV-Talent seit Langem, Jann-Fiete Arp, mit einem neuen Vertrag kontert. Am Montag berichtete die englische Zeitung Mirror, der FC Chelsea habe das Wettbieten um den 17-jährigen Arp gewonnen. Eine Meldung, die nicht nur Arps Berater Jürgen Milewski dementierte. Trainer Markus Gisdol meinte, es würden zuweilen abenteuerliche Geschichten verbreitet. Vorstandschef Heribert Bruchhagen und Todt würden schon "die richtigen Dinge in die Wege leiten, damit alles maximal ausgeschöpft wird". Diesen Satz kann man so oder so deuten. Arps Vertrag läuft noch bis 2019, ohne Verlängerung bekäme der HSV nur noch 2018 eine Ablöse.

Ob die Geduld, die Todt und Bruchhagen dem achtzigjährigen Kühne voraushaben, den HSV doch voranbringt? Am Sonntag haben die Hamburger gegen die von der Europa-League-Reise geschwächten Hoffenheimer den besten Auftritt seit Monaten hingelegt. Und das Beste war: Es harmonierten teure Profis wie Filip Kostic, Douglas Santos und Kyriakos Papadopoulos mit Nachwuchsleuten wie Arp und Gideon Jung. Wobei die linke Seite mit Kostic (mit 14 Millionen Euro Ablöse die teuerste Verpflichtung der Vereinsgeschichte) und Santos besonders beeindruckte.

Kostic, der flinke Serbe auf der Außenbahn, war an allen drei Toren beteiligt. Einmal traf er selbst, als er bei seinem 35-Meter-Freistoß das Glück hatte, dass die Gäste keine richtige Abwehrmauer aufbauten und Keeper Oliver Baumann ebenso schluderig mit dem Geschoss umging, das ihm durch die Hände flutschte. Davon abgesehen, dass auch Santos zwischenzeitlich fast schon weiterverkauft worden wäre (was die Verdienste von Todt und Bruchhagen etwas revidiert), scheint Trainer Markus Gisdol mit seinem Vorhaben, die Mentalität im Team zu verändern, weitergekommen zu sein.

Trainer Gisdol wählt die richtige Aufstellung

Die Innenverteidiger Papadopoulos - Spitzname Papa - und Mergim Mavraj grätschten nicht nur die normalerweise extrem torgefährlichen Sandro Wagner und Mark Uth in die Bedeutungslosigkeit. Sie waren auch diejenigen, die den Teamgedanken mit vielen Schulter- und Hinterkopf-Klopfern und sogar Küssen vorlebten. Kaum ein Kollege, dem eine Rettungstat gelungen war, entkam dieser Aufmunterung. Den Erfolg dieses Zusammenhalts hat Mavraj bei den gefrusteten Hoffenheimer Stürmern erlebt. Er machte sich ein wenig darüber lustig: "Sie redeten zu viel: mit dem Schiedsrichter, den Gegenspielern, den Mitspielern und sogar mit den Maulwürfen." Beim HSV dagegen wurde vor allem gearbeitet. Und weil der Sieg der zweite war nach dem 3:1 gegen den VfB Stuttgart vor drei Wochen, träumt Todt schon davon, "dass wir den Volkspark wieder zur Festung machen".

Dazu könnte der angehende Abiturient Arp, der in der Startelf stand, obwohl er wegen der Schule drei Trainingseinheiten verpasst hatte, erheblich beitragen. Seine Art, die Gegenspieler anzulaufen und meist am richtigen Ort zu sein, hat das Hamburger Spiel deutlich verändert. Und Gisdols Idee, Bobby Wood erstmals als hängende Spitze hinter Arp aufzubieten, hatte zur Folge, dass vor dem gegnerischen Tor eine Menge passierte. Wood etwa traf in der 48. Minute noch den Pfosten, bei Arp rettete Baumann mit einem großartigen Reflex (69.).

Am Freitag beim Tabellensechzehnten SC Freiburg muss der HSV zeigen, ob das 3:0 ein "Fingerzeig" (Mavraj) für eine bessere Zukunft ist. Für Todts Anerkennung beim Finanzier Kühne wäre aber wohl eine Vertragsverlängerung mit Jann-Fiete Arp noch wichtiger.

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