Hamburger SV:Bernd Hollerbach - der Trainer mit den zwei Verträgen

RB Leipzig - Hamburger SV

Hamburgs Trainer Bernd Hollerbach klatscht Beifall. Die Frage ist, ob er noch an einen anderen Verein gebunden ist?

(Foto: dpa)
  • Beim HSV scheint eine neuerliche Posse die Runde zu machen: Es geht um den Vertrag des neuen Trainers Bernd Hollerbach.
  • Der frühere Coach der Würzburger Kickers soll noch immer ein laufendes Arbeitspapier dort haben, obwohl er schon für den HSV tätig ist.
  • Es stellt sich heraus, dass die Hamburger Verantwortlichen mit falschen Ansprechpartnern zu tun hatten.

Von Sebastian Leisgang und Jörg Marwedel

Thorsten Fischer hat sich im deutschen Fußball einen gewissen Ruf erarbeitet. Der Besitzer einer Druckerei und Aufsichtsratschef der Würzburger Kickers hatte mit seinen Geldgaben den Aufstieg des Klubs bis in die zweite Bundesliga forciert. Zudem ist er ein guter Kumpel von Bernd Hollerbach, dem Mann, der die Kickers als Trainer von der Regionalliga bis in den Profifußball geführt hatte, aber nach dem Abstieg in die dritte Liga im Mai 2017 zurücktrat. Das Merkwürdige ist nur: Hollerbach hatte seinen Vertrag in Würzburg offenbar noch nicht aufgelöst, als er vor gut einer Woche seinen Dienst beim mal wieder abstiegsgefährdeten Hamburger SV antrat.

Nun ist eine Posse um den Mann mit den zwei Verträgen entbrannt. Daran haben neben Hollerbach sowohl Fischer als auch der Kickers-Vorstandschef Daniel Sauer ihren Anteil. Sauer hat dem HSV ein Ultimatum bis Mittwoch zwölf Uhr gestellt: Hamburg solle ein Ablöse-Angebot vorlegen. Man brauche eine "rechtlich verbindliche Einigung", hat Sauer gefordert und hinterher geschoben: "Wir wollen uns als kleiner Verein nicht auf der Nase herumtanzen lassen." Heribert Bruchhagen, der Klubchef der Hamburger, ist sich dagegen keiner Schuld bewusst. Der Fußball in Würzburg sei für ihn "immer mit Herrn Fischer verbunden", teilte er mit. Er sei davon ausgegangen, dass Fischer "die Autorität hat, das zu entscheiden".

Ausgleichszahlung oder Ablösespiel

Mit Fischer hatte Bruchhagen auf Zuraten von Hollerbach am Montag vergangener Woche gesprochen und Folgendes ausgehandelt: Der HSV tritt zu einem Ablösespiel in Würzburg an, alle Einnahmen aus dieser Partie gehen an die Kickers. Kommt es nicht zustande, gibt es eine Ausgleichszahlung. Falls Hollerbach den Klub auch in der Saison 2018/19 in der Bundesliga hält, käme ein zweites Abschiedsspiel hinzu, auch dann gingen alle Erlöse an die Kickers. Diese Vereinbarung wurde den Würzburgern am Freitag zugestellt.

Bruchhagen hatte nur übersehen, dass formal Klubchef Sauer für das operative Geschäft zuständig ist - und nicht Fischer. Sauer fordert nun offenbar eine Summe im niedrigen sechsstelligen Bereich. Es spricht viel dafür, dass sich der Vorstand von Fischer und dessen Verhandlungen mit Bruchhagen übergangen gefühlt hat. Gleichwohl will Bruchhagen auf das Ultimatum nicht reagieren. "Wollen die mich ins Gefängnis stecken?", spottete er am Dienstag. Er will nicht neu verhandeln, sondern hat Hollerbach aufgefordert, die internen Dinge mit den Kickers zu regeln. Der Trainer selbst war am Dienstag nicht zu erreichen. Und auf Würzburger Seite wollten sich auf Anfrage weder Sauer noch Aufsichtsratschef Fischer zum Thema äußern. Ehe man sich erneut positioniere, wolle man das Fristende an diesem Mittwoch um 12 Uhr abwarten, hieß es.

Doch wieso verhandeln Hamburg und Würzburg überhaupt? Wieso lief Hollerbachs Vertrag weiter, nachdem er sich im Mai des vergangenen Jahres einen Tag nach dem Abstieg in die dritte Liga als Trainer und Sportdirektor zurückgezogen hatte? War er im Hintergrund noch für die Kickers tätig, ohne dass die Öffentlichkeit darüber im Bilde war? Und wenn ja: in welcher Form? Zu all diesen Fragen halten sich die Verantwortlichen bedeckt.

Klar ist: Selbst nach jener Pressekonferenz, bei der Stephan Schmidt als neuer Coach vorgestellt wurde und Hollerbach seinen Rücktritt kundtat, war er mehrmals in seinem Trainerzimmer zugegen, aus dem er drei Jahre lang die Geschicke der Würzburger geleitet hatte. Schon bei der Pressekonferenz im Mai 2017 hatte Sauer angekündigt, er werde Hollerbachs Handynummer aufbewahren - und hatte damit Spekulationen Tür und Tor geöffnet.

Dann ging Würzburg in die Öffentlichkeit

Zwar bekräftigte Sauer rund vier Wochen später, Hollerbach sei nicht in die Saisonplanungen involviert. "Was das Operative angeht", betonte Sauer, "obliegt die Kaderzusammenstellung jetzt Stephan Schmidt und mir." Dennoch trieb den Klub eine Sportdirektorendebatte um. Da Sauer aus dem Handball stammt, im Januar 2016 aber das Ressort gewechselt hat, um Vorstandsvorsitzender der Kickers zu werden, sprach ihm das Umfeld die Fachkompetenz ab - und mutmaßte, Hollerbach stehe dem Verein als Berater zur Seite.

Als Hollerbach dann den HSV übernahm, ging Würzburg an die Öffentlichkeit und bekannte also: Ja, Hollerbach arbeitet noch für uns - weshalb die Kickers nun unbedingt eine Ablösesumme erzielen wollen. Falls es keine Einigung gibt, notfalls auch mit rechtlichen Schritten.

Der HSV und sein neuer Trainer haben derweil sportlich andere Sorgen. Vor allem braucht das Team im Abstiegskampf dringend drei Punkte im Nordderby gegen Hannover 96 am Sonntag. Eine Posse um den neuen Coach ist da wenig hilfreich.

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