Hamburg - Mainz:Zitterpartie ohne Tore

Im Spiel um Platz 15 fällt keine Vorentscheidung, weil sich der Effekt des HSV-Kurztrainingslagers in Grenzen hält.

Der Hamburger SV nimmt geradlinig Kurs auf eine Zugabe seiner Saison - und die dritte Entscheidung in Relegationsspielen seit 2014. Gegen Mainz 05 kam der Klub nicht über ein glückliches 0:0 hinaus und verpasste die Chance auf einen Befreiungsschlag nach zuletzt drei Niederlagen in Serie. Die Hamburger haben nach den Zitterpartien von 2014 und 2015 inzwischen ja mehr Erfahrungen mit Relegationspartien gesammelt, als Profis lieb sein können. Wie in jenen Jahren war unter der Woche wieder ein Mini-Trainingslager bemüht worden, diesmal in Rotenburg (eigentlich Werder-Territorium!). Trainer Markus Gisdol veranstaltete dort einen Grillabend und zeigte zur Motivation Clint Eastwoods (mittelprächtigen) Rugby-Film "Invictus" über den Sensationstitel von Südafrika bei der Heim-WM 1995.

Das Spiel gegen Mainz begann dann unter ebenso sonnigem Himmel wie am vergangenen Sonntag, als der HSV von Augsburg gegrillt wurde (0:4). Schon nach 14 Sekunden gab es den ersten Freistoß-Pfiff (gegen den Mainzer Cordoba). Etwaige Sorgen, es könnte knüppelhart zugehen, bestätigten sich danach allerdings nicht. Mainz bemühte sich sichtlich, den Vorgaben von Trainer Martin Schmidt nachzukommen ("vorne mehr Druck aufbauen; in die Balleroberung kommen"). Nach einem Direktschuss von Jhon Cordoba (7. Minute) war Torwart Mathenia schnell am Boden und parierte auch den Nachschuss von Muto.

Hamburger SV - FSV Mainz 05

Einer der wenigen Offensiv-Höhepunkte des Duells: Der Mainzer Cordoba zeigt einen Fallrückzieher.

(Foto: Christophe Gateau/dpa)

Der HSV trat mit einem ultrajungen Sechser-Duo an (neben Jung, 22, noch der 18-jährige U-Nationalspieler Vasilije Janjicic), zeigte sich auch engagiert und grätschfreudig (Diekmeier und Holtby), aber spielerisch planlos bis berechenbar. Einmal bot sich Kostic Raum, seine Schnelligkeit in einem Solo über links auszuspielen (14.), doch seine Schussflanke sauste - vom Mainzer Keeper Huth leicht abgefälscht - parallel zur Torlinie durch den Fünfmeterraum.

Ansonsten konnte der Mainzer Schlussmann zugucken, wie sein Team nach einer flauen Phase wieder die Kontrolle übernahm. Sein Gegenüber Mathenia hatte deutlich mehr zu tun: Er musste einen Halbfeld-Freistoß von Öztunali aus der Gefahrenzone boxen (26.) und flott gegen einen strammen Rechtsschuss des Stürmers Cordoba abtauchen (40.).

Die Gastgeber fielen anders auf: Verteidiger Diekmeier lachte zusammen mit Schiedsrichter Daniel Siebert, als hätte dieser einen guten Witz erzählt (35.). Der Referee war auch sonst immer auf der Höhe und guckte besonders gut hin, als der Hamburger Aaron Hunt im Strafraum stolperte und stürzte (39.), aber eben nur neben dem Bein des Mainzers Bell und nicht darüber. Gefährliche Hamburger Torannäherungen gab es nicht. Es wirkte fast unerklärlich, wie der HSV in dieser Saison eine beachtliche Serie mit neun Heimspielen ohne Niederlage hinlegen konnte (darunter Siege gegen Köln, Schalke, Gladbach, Hoffenheim).

Wolfsburg noch beim HSV

Das Restprogramm der Abstiegskandidaten

12. Bayer Leverkusen (45:51) 37 1. FC Köln (Heimspiel), Hertha BSC (Auswärts).

13. FC Augsburg (34:50) 36 Dortmund (H), Hoffenheim (A).

14. VfL Wolfsburg (32:49) 36 Mönchengladbach (H), Hamburg (A).

15. FSV Mainz 05 (40:51) 33 Frankfurt (H), 1. FC Köln (A).

16. Hamburger SV (30:59) 33 Schalke 04 (A), VfL Wolfsburg (H).

17. FC Ingolstadt 04 (34:55) 30 SC Freiburg (A), Schalke 04 (H).

Nach der Pause ließ sich nicht erkennen, dass Hamburgs Trainer seine Spieler an Plan A aus dem Trainingslager erinnert hätte (geschweige denn B oder C). Die Genauigkeit der Passquote sank auf Werte unter 50 Prozent, bei den Verteidigern sogar weit darunter - was auch damit zu tun hatte, dass die Bälle hin und her flogen, als müsste partout eine Luftbrücke überquert werden. Da nun auch Mainz längst nicht mehr so forsch wirkte wie zu Beginn, zogen sich Minuten qualvoll in die Länge.

Den Spielern schien sich nun die Faustregel im Abstiegskampf im Kleinhirn eingenistet zu haben ("lieber einen Punkt als keinen"), was die Akteure und sogar die Zuschauer merklich hemmte. Schließlich hatte keiner der direkten Konkurrenten um die Plätze 15 und 16 verloren. Und so verwunderte auch nicht, dass HSV-Sportdirektor Jens Todt später bilanzierte: "Es kann noch ein wertvoller Punkt sein." Markus Gisdol ergänzte: "Jeder einzelne Punkt kann wichtig sein, deshalb konnten wir kein Harakiri spielen." Und Verteidiger Mergim Mavraj lobte im Vergleich zum Augsburg-Debakel: "Nach dem verkorksten Auftritt war das eine klare Reaktion der Mannschaft." Was man eben so sagt, wenn man sich bemüht, das Positive für die letzten Partien mitzunehmen.

Es dauerte bis zur 78. Minute, ehe wieder etwas wie Spannung aufkam, natürlich im HSV-Strafraum, wo Mathenia einen Schuss des eingewechselten Jairo entschärfte. An einen Freistoß von Gbamin (81.) kam auch der Keeper nicht heran, doch der Schuss flog knapp neben das Tor. Kurz danach rieben sich die Beobachter die Augen, denn in der 84. Minute gab ein Hamburger (Jatta) einen Schuss aufs Tor ab - doch der wirkte eher wie eine Rückgabe. Man wurde den Eindruck nicht los, der HSV habe sich seine Kräfte für das Nachsitzen gegen den dritten der zweiten Liga (am 25. bzw. 29. Mai) aufgespart.

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