Nein, sie sei keine dramatische Person, schrieb Simona Halep. Doch dann erklärte sie, sie müsse einiges loswerden. So schrieb sie und schrieb sie und offenbarte sich auf der Social-Media-Plattform Instagram, wie sie das selten getan hat. Am Ende stand das Wichtigste: "Übrigens, jetzt weiß ich, wie das ist, eine Panikattacke zu haben. Es war nicht leicht, damit umzugehen, aber ich habe sie überstanden , und ich lächle wieder. Liebe, Simona."
Das war eine gute Nachricht. Denn das, was in ihrem Zweitrundenmatch bei den French Open passiert war, sah nicht gut aus. So etwas hatte man im Tennis kaum gesehen, schon gar nicht bei einem Profi dieses Ranges.
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Simona Halep hat zwei Grand-Slam-Turniere gewonnen, 2018 hier in Paris, 2019 in Wimbledon, sie war 64 Wochen lang die Nummer eins der Weltrangliste. Sie ist sehr beliebt in Tenniskreisen, auf Instagram folgen ihr 1,7 Millionen Interessierte. Sie ist das, was man unter dem Begriff "Star" versteht. In der ersten Runde in Roland Garros hatte Halep noch die junge aufstrebende Deutsche Nastasja Schunk, wenn auch mit Mühe, in drei Sätzen besiegt und danach gemeint, sie fühle sich gut, sie freue sich auf den weiteren Verlauf des Turniers, Paris sei "wie ein Zuhause".

Aber auch Stars können Angstzustände erleben, sie sind eben Menschen. Das zeigt ihr Fall. Als Halep gegen die junge Chinesin Zheng Qinwen spielte und auf einmal spürte, dass sie von Atemnot geplagt wurde, rief sie zweimal während der Partie nach Hilfe. Eine Physiotherapeutin kam. Sie saß auf der Bank, und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Panik war in ihr aufgestiegen, wie sie bekannte.
"Ich weiß wirklich nicht, warum es passierte", sagte Halep später, "weil ich ja auch führte." Ihre erste Erklärung: Sie hätte sich womöglich selbst zu sehr unter Druck gesetzt, "ich wollte hier ja wirklich gut abschneiden." So wie Halep die Situation schilderte, war sie in eine Spirale geraten, in der aus Stress erst Unwohlsein wurde und dann dieses Gefühl der Panik in ihr aufstieg. Die Ärzte hätten sie gründlich durchgecheckt, "alles war perfekt". Und so versuchte sie nur "mich zu beruhigen".
Engsten Freunden hatte Halep bereits gesagt: "Ich kann nicht mehr, ich bin durch mit Tennis."
In ihrem Schreiben bei Instagram offenbarte Halep aber auch, dass die vergangenen 18 Monate für sie "sehr hart" gewesen seien, "emotional und physisch". Engsten Freunden hatte sie gesagt: "Ich kann nicht mehr, ich bin durch mit Tennis." Diese tiefe Krise überwand Halep, im Rückblick staunt sie darüber, wie sie sich aus diesem Tief befreit hat: "Irgendwie kam mein Feuer zurück, und ich fing wieder an, Liebe für Tennis zu fühlen." Im vergangenen Jahr hatte Halep geheiratet, privat lief es bestens für sie. Was umso mehr auch zeigt, dass mentale Probleme von Sportlern nichts mit Rang, Status oder Vermögen zu tun haben. Sie können jeden treffen, auf ganz individuelle Weise.

Angelique Kerber:"Fehlende Wertschätzung"
Angelique Kerber verliert in der dritten Runde gegen die Belarussin Alexandra Sasnowitsch. Nach ihrer Niederlage blickt die dreimalige Grand-Slam-Siegerin auf die Rasen-Saison - und überrascht mit Kritik am Berliner WTA-Turnier.
Ausdrücklich dankte Halep nun auch ihrem neuen Trainer Patrick Mouratoglou, der Franzose, der in Nizza eine große Tennisakademie aufgebaut und sich als Trainer von Serena Williams einen Namen gemacht hat, betreut seit kurzem die 30-jährige Rumänin. Mouratoglou hatte vor ein paar Tagen, nach dem Zweitrunden-Aus von Halep, seinerseits auch einen Post abgesetzt und die Niederlage seiner Spielerin komplett auf sich genommen, er sei der Alleinschuldige. Womöglich wollte er ihr helfen, Druck abzubauen, indem er die Verantwortung für das sportliche Ergebnis übernahm. Dass Halep dabei ist, ihr Umfeld neu zu sortieren, belegte auch eine Meldung am Samstag. Sie trennte sich von ihrer langjährigen Managerin und Mentorin Virginia Ruzici. Die 67 Jahre alte Rumänin hatte 1978 auch die French Open gewonnen und war eine enge Vertraute Haleps, die nun zu einer international aufgestellten Managementagentur (We Sport) wechselt.
Die Anteilnahme nach Haleps Panikattacke war auch deshalb so groß, weil dem Thema mentale Gesundheit im Tennis zunehmend eine wichtigere Rolle beigemessen wird, und gerade in Paris hat dieses Thema eine bedeutsame Vorgeschichte. Vor einem Jahr hatte die viermalige Grand-Slam-Siegerin Naomi Osaka aus Japan erst verkündet, nicht an Pressekonferenzen teilzunehmen, sie sei nicht in der Verfassung, sich der Öffentlichkeit derart zu stellen. Als Kritik an ihr laut wurde, zog sie ihren Start vor ihrem Zweitrundenmatch zurück. Bevor Osaka beim diesjährigen Turnier in Paris ausgeschieden war, hatte sie erklärt, dass sie auch therapeutische Hilfe in Anspruch genommen habe, ihr gehe es wieder bestens. Aber sie halte sich überwiegend aus den Sozialen Medien raus.
Auch der Deutsche Alexander Zverev war zum Thema "Mental Health" befragt worden. Der Weltranglisten-Dritte, der Sonntag gegen den spanischen Qualifikanten Bernabe Zapata Miralles um den Einzug ins Viertelfinale kämpft, sagte: "Ich denke, wir sind immer unter Druck, wir sind dauernd im Rampenlicht. Spieler die vor 20, 30 Jahren gespielt haben, verstehen das sicher nicht, denn heute ist es so, dass jede kleine Sache, die man macht, von einer Kamera oder jemandem begleitet wird, der das kommentieren kann oder es gibt jemanden, der darüber schreibt."
Aber auch das war ein Zeichen von Halep, als sie offen nun bei Instagram von ihren Problemen berichtete: Immer mehr Profis scheuen nicht, Schwächen zuzugeben und zu schildern.