Halbzeit-Show:Fußnote für Donald

Sängerin Lady Gaga verzichtet auf Konfrontation - sie wollte die Amerikaner nicht noch weiter auseinandertreiben, als sie es ohnehin schon sind.

Von Jan Kedves

Nein, das war keine Show für Donald Trump, aber es war auch keine Show gegen ihn. Es war eine Show für ganz Amerika, oder: für die Idee von einem Amerika, in dem sich alle Hautfarben und Geschlechter lieb haben und die Blauen und die Roten, also Demokraten und Republikaner, zusammen feiern. Deswegen: Sternchenfeuerwerk in Rot und Blau!

Ja, Lady Gaga setzte am Sonntagabend beim Super Bowl in Houston/Texas, wirklich nicht auf Konfrontation. Während ihres dreizehnminütigen Halbzeit-Auftritts trug sie keine pinkfarbene Strickmütze, um sich mit den Feministinnen des "Women's March on Washington" zu solidarisieren. Sondern, wie es sich für ein Popstar-Konzert gehört, ein opulent mit Glitzersteinchen besetztes, beinfreies Showkostüm. Alles saß fest, anders als beim Auftritt von Janet Jackson 2004, als Justin Timberlake zu energisch am BH zupfte und es danach einen Riesen-Aufruhr gab, weil plötzlich Jacksons Brust freilag.

Auch platzierte Stefani Germanotta, wie Lady Gaga bürgerlich heißt, in ihrer Choreografie keine eindeutigen politischen Symbole. Beyoncé Knowles hatte sich im vergangenen Jahr mit ihrer Armada von schwarzen Tänzerinnen auf dem Rasen zum großen X aufgestellt, als Reverenz an Malcolm X und die Black Panther Party. Lady Gaga achtete lediglich auf größtmögliche Diversität bei der Auswahl ihrer Tänzerinnen und Tänzer: Asiaten, Weiße, Schwarze, Latinos, alle dabei. Wobei: Fehlten nicht die Transgender, für die sich die 30 Jahre alte New Yorkerin sonst stark macht? Oder waren sie nur gut versteckt?

Man sieht, dieser Auftritt war wirklich ein Testballon für die Frage, wie sich in den USA unter Präsident Trump künstlerische Integrität wahren lässt, ohne in zu platten politischen Aktivismus zu verfallen oder andererseits den Vorwurf zu provozieren, man mache nur hübsche Miene zur bösen Politik. Vor dem Auftritt war die Sängerin, die knapp 30 Millionen Alben verkauft hat und sich im vergangenen Jahr für Hillary Clinton engagierte, angeblich von der NFL ermahnt worden, keine Trump-Kritik einzubauen. Was die NFL gleich wieder dementierte - man will ja nicht zensieren.

Lady Gaga sang sich dann unter Einsatz von viel Akrobatik und wenig Playback durch Kurzversionen ihrer Hits, "Bad Romance", "Just Dance", "Telephone" sowie die Country-Ballade "A Million Reasons" von ihrem jüngsten Album "Joanne". Zu Beginn stand sie hoch oben auf dem Dach des NRG-Stadions und ließ dich dann, gesichert durch Drahtseile, hinunterfallen. Wobei durch eine kleine Reaktionsschwäche in der Live-Regie nicht der ganze Sprung zu sehen war - Gaga fiel nur oben aus dem Bild heraus, umgeschaltet wurde erst, als sie schon fast unten angekommen war.

Im Grunde gehörten diese ersten Momente oben auf dem Dach zu den interessantesten des Auftritts. Dort sang Lady Gaga nämlich die Zeile "This land was made for you and me" - ein Woody-Guthrie-Zitat. In dessen Song "This Land Is Your Land" (1940) ging es um eine "große hohe Mauer, die mich aufhalten will". Angeblich hasste der Folksänger, der auch dadurch legendär wurde, dass auf seiner Gitarre der Spruch "This machine kills fascists" (Diese Maschine tötet Faschisten) prangte, den Vater von Donald Trump, Fred Trump. Hui!

Das war dann wohl eine raffiniert eingebaute Fußnote. Wobei: Wenn es einen Menschen auf der Welt gibt, der garantiert keine Fußnoten liest, dann Donald Trump. Aber es ging ja ohnehin nicht um ihn. Lady Gaga wollte einfach die Amerikaner nicht noch weiter auseinandertreiben, als sie es eh schon sind. Und dabei den Schlaumeiern auch noch etwas bieten.

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