Der Protagonist der letzten Schlacht war einer der ersten, der reagierte, als der einstige Weltklasse-Stürmer Andrij Schewtschenko das Los für ein neues Champions-League-Duell zwischen dem FC Bayern und Real Madrid zog. "Diesmal aber, carajo!", zwitscherte Bayerns chilenischer Mittelfeldspieler Arturo Vidal, und garnierte seinen Tweet mit Fäusten und angespannten Oberarmen.
Es war die Erinnerung daran, dass die Bayern eine Rechnung mit Real offen haben, seit dem Viertelfinale der Saison 2016/17. Damals verlor der FC Bayern das Rückspiel mit 2:4, nachdem man nach der 1:2-Niederlage aus dem Hinspiel eine Verlängerung erzwungen hatte. Es war ein Spiel, das bei den Bayern die Zornader schwellen ließ: Vidal war im Rückspiel vom Platz geflogen, obwohl er ausnahmsweise den Ball gespielt hatte, zwei Treffern der Madrilenen waren Abseitssituationen vorausgegangen. Stunden später verlor Bayerns Boss Karlheinz Rummenigge die Contenance. "Ich habe heute erstmals so etwas wie wahnsinnige Wut in mir. Wut, weil wir beschissen wurden", sprach Rummenigge ins Mikrofon.
Es sind solche Geschichten, die in den kommenden zehn Tagen noch einmal aufgewärmt werden. Unweigerlich. Die Duelle zwischen Real Madrid und dem FC Bayern sind längst zum europäischen Clásico mutiert, in der Geschichte der europäischen Wettbewerbe hat es keine Begegnung häufiger gegeben (inklusive Gruppenphase 24 Mal) als das Aufeinandertreffen zwischen Spaniens und Deutschlands Rekordmeister. Nicht ohne Grund sagte Real Madrids Präsident Florentino Pérez am Dienstag in einem Interview mit der italienischen Gazzetta dello Sport voraus, sein Verein werde im Halbfinale auf die Bayern treffen. "Wie immer."
Salihamidzic schaffte es einst auf die Titelseiten
Und immer gab es Schrammen und Geschrei. Auch Bayerns Sportdirektor Hasan Salihamidzic, der Real nach der Auslosung als "Topgegner mit ganz großer Qualität" umschmeichelte, trug einst dazu bei. 2002 diktierte er den Reportern in die Blöcke, dass die Madrilenen sich in die Hosen machen würden. Er schaffte es damit auf die Titelseiten der Sportzeitungen, die sich in den anderen Tagen auch mit anderen Erinnerungen füllen werden. Mit den vier Duellen, die Madrids Champions-League-Siegen von 2000, 2002, 2014 und 2017 vorausgingen. Aber auch mit den Hörnern, die Klaus Augenthaler dem Publikum im Estadio Santiago Bernabéu zeigte, mit der F...k-you-Geste von Mark van Bommel, mit dem Tritt des (inzwischen verstorbenen) Juanito auf den Kopf von Lothar Matthäus im Olympiastadion, mit der höchsten Niederlage der Real- Geschichte (1:9 in einem Testspiel von 1980) oder dem 4:0-Sieg Madrids gegen den FC Bayern von Pep Guardiola.
Dienstag, 24. April (Rückspiel: 2. Mai) FC Liverpool - AS Rom 20.45
Mittwoch, 25. April (Rückspiel: 1. Mai) Bayern München - Real Madrid 20.45
Finale am 26. Mai in Kiew.
Bayern-Trainer Heynckes wiederum, der Real Madrid zum Championes-League-Titel von 1998 führte und damit die moderne Ära des Klubs begründete, erinnerte sich an das Halbfinale von 2012, als die Bayern Real Madrid auf dem Weg ins - dann gegen den FC Chelsea verlorene - Finale dahoam besiegten. Damals kamen die Bayern im Elfmeterschießen weiter - weil Sergio Ramos seinen Strafstoß in den Madrider Nachthimmel jagte.
Kurz war unklar, ob Sergio Ramos fehlen würde
Ebendieser Sergio Ramos ist immer noch dabei, als Kapitän der Mannschaft. Am Freitag wurde bekannt, dass er im Halbfinale mitspielen darf. Am Mittwoch war er beim Halbfinal-Einzug des Titelverteidigers gegen Juventus Turin gesperrt; weil er sich an den Spielfeldrand bewegt hatte, waren Spekulationen aufgekommen, er könnte sich eine Sperre einhandeln. Gesperrte Spieler dürfen nicht auf dem Rasen auftauchen. Europas Fußballunion Uefa teilte mit, dass sie kein Verfahren eröffnen werde. "Es gebe keinen Grund dafür", habe der Verband erklärt, sagte der einstige Stürmer Emilio Butragueño, der in Real Madrids Vorstand den Posten des Direktors für Internationale Beziehungen bekleidet.
Das ist für Real Madrid eine kaum in Gold aufzuwiegende Nachricht. Sergio Ramos wird sich freuen, dass er seinen alten Freund James wiedertrifft, der kolumbianische Mittelfeldspieler spielt zurzeit als Leihgabe Real Madrids beim FC Bayern. Umgekehrt trifft Reals Toni Kroos auf viele frühere Bayern-Kollegen. Für Gesprächsstoff dürfte auch Bayerns Mittelstürmer Robert Lewandowski sorgen, um ihn ranken sich immer wieder Gerüchte, er könnte in Madrid anheuern.
Und natürlich werden die Augen auf Cristiano Ronaldo gerichtet sein. Er hat viel dazu beigetragen, dass die Furcht der Madrilenen vor dem FC Bayern, die einst den Ruf der Münchner als Reals "Bestia negra" begründete, als Angstgegner also, nicht mehr ganz so groß ist. Der portugiesische Angreifer hat in sechs Spielen gegen den FC Bayern neun Tore erzielt - fünf davon allein im vergangenen Jahr.
