Herbert Hainer beim FC Bayern:Ein anderer Präsident als Hoeneß

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Das Amt wechselt, der Schal bleibt: Uli Hoeneß lässt sich von Herbert Hainer (links) am Freitag im FC-Bayern-Präsidentenjob ablösen.

(Foto: imago)
  • Herbert Hainer hat über anderthalb Jahrzehnte den Sportartikelhersteller Adidas als Weltkonzern geformt.
  • Nun will er seinen Führungsstil auf das Präsidentenamt des FC Bayern übertragen - als Nachfolger von Uli Hoeneß.

Von Uwe Ritzer

Einen neuen Schreibtisch wird Herbert Hainer in jedem Fall bekommen, denn den alten nimmt Uli Hoeneß mit; er ist ein Geschenk seiner Frau. Auch sonst wird Hainer neue Möbel anschaffen lassen für das Präsidentenbüro des FC Bayern. "Zuerst muss ich aber gewählt werden", sagt er, woran freilich kein Zweifel besteht. Wenn die Mitgliederversammlung am Freitagabend Uli Hoeneß erwartungsgemäß emotional verabschiedet und den früheren Adidas-Chef Hainer zum neuen Präsidenten befördert, vollendet sich, was seinen Ursprung bei einer Autofahrt vor ziemlich genau einem Jahr hatte.

Gemeinsam waren beide zum Spiel der Bayern-Basketballer unterwegs, als Hoeneß scheinbar beiläufig wissen wollte, ob Hainer sich ein größeres Engagement im Verein vorstellen könne. Er helfe grundsätzlich immer gerne, wenn er könne, antwortete Hainer. Worauf Hoeneß präzisiert habe, er denke da ans Präsidentenamt, an seine direkte Nachfolge. "Ich war total überrascht", sagt Hainer, "zum einen, weil ich nie damit gerechnet hatte, zum anderen, weil ich den FC Bayern nur mit Uli Hoeneß kenne und dachte, der bleibt sein Leben lang Präsident."

Beide stammen aus Metzgersfamilien

Wird er nicht, stattdessen regelte er seine Nachfolge selbst, wie viele Patriarchen es gerne tun. Mit Hainer, 65, verbindet Hoeneß, 67, nicht nur eine lange Freundschaft, sondern auch eine lange Geschäftsbeziehung. In der hatte es der Bayern-Boss Hoeneß mit dem Vorstandschef des FC-Bayern-Anteilseigners, -Sponsors und -Ausrüsters Adidas zu tun.

Zudem gibt es in beider Biografien einige Gemeinsamkeiten. Beide stammen aus Metzgersfamilien und halfen in ihrer Jugend im elterlichen Laden. Hoeneß in Ulm, Hainer in Dornwang in Niederbayern. Beide haben sich mit großem Ehrgeiz zu Hauptdarstellern in der Sportwelt hochgearbeitet. Der eine als Fußballprofi und Vereinsmanager, der andere stieg (nachdem es trotz vieler Tore als Stürmer des FC Dingolfing für die erhoffte Profikarriere nicht reichte) als studierter Betriebswirt binnen zehn Jahren vom Vertriebsmann für Taschen, Bälle, Schläger zum Vorstand des zweitgrößten Sportartikelherstellers der Welt auf. Beiden sagt man Handschlagqualität nach: Ausgemacht ist ausgemacht.

Ihre persönliche Bindung ist eng. Als überraschend eine Tochter Hainers jung starb, trauerte Hoeneß mit der Familie am Grab. Als er ins Gefängnis musste, besuchte ihn Hainer als einer der ersten. Andere Topmanager hätten sich schon aus Imagegründen um diese Visite gedrückt.

Seit seinem Ausscheiden bei Adidas 2016 vertrieb sich Hainer die Zeit mit Golf, Joggen, Fitnesstraining, er half im Pferdegestüt seiner Tochter und nahm diverse Aufsichtsratsmandate an, unter anderem bei Lufthansa und Allianz. Als Aufsichtsrat jenseits des FC Bayern will er mit Rücksicht auf den neuen Präsidentenposten im Klub fortan kürzer treten. Aufs neue Amt hat er sich gezielt vorbereitet. Ein, zwei Tage pro Woche traf er sich an der Säbener Straße mit Mitarbeitern oder mit den Abteilungsleitern anderer Sparten. "Der FC Bayern ist nicht nur Fußball", betont Hainer.

Vier Monate nach der Autofahrt, im März, nahm Hainer das Angebot an. "Ich bin ein Sportverrückter, ein Fußballfanatiker, und ich liebe und bewundere diesen Verein dafür, wie er sich über Jahrzehnte entwickelt hat", erklärt Hainer - so viel öffentliche Emotion ist selten bei ihm.

Weniger wuchtig, weniger impulsiv

Klar ist: Hainer wird ein anderer Präsident sein als es Uli Hoeneß war. Wenn es um Fußball geht, kann er zwar ebenso leidenschaftlich sein; vor Publikum aber dürfte er kontrollierter, weniger wuchtig, weniger impulsiv auftreten. "Ich werde mich tendenziell zurückhalten und kann mir nicht vorstellen, dass ich jeden Samstag das jeweilige Spiel öffentlich kommentiere", sagt Hainer. Schließlich seien mit Karl-Heinz Rummenigge, Hasan Salihamidzic und demnächst auch Oliver Kahn "genügend Leute mit hohem Fußballsachverstand im operativen Bereich da". Aber: "Wenn ich das Gefühl habe, dass ich etwas sagen muss, werde ich das tun."

​​​​​​​Präsidenten des FC Bayern München

Kurt Landauer (Ehrenpräsident) 1947 - 1951

Julius Scheuring 1951 - 1953

Adolf Fischer 1953 - 1955

Karl Wild / Hugo Theisinger 1955

Alfred Reitlinger 1955 - 1958

Roland Endler 1958 - 1962

Wilhelm Neudecker (Ehrenpräsident) 1962 - 1979

Willi O. Hoffmann 1979 - 1985

Fritz Scherer 1985 - 1994

Franz Beckenbauer (Ehrenpräsident) 1994 - 2009

Uli Hoeneß 2009 - 2014

Karl Hopfner 2014 - 2016

Uli Hoeneß 2016 - 2019

Herbert Hainer (designiert) ab 11/2019

Die Spekulationen, er sei als alter Hoeneß-Kumpel womöglich nur dessen Strohmann, nerven Hainer, auch wenn er sich nach außen gelassen gibt. Erfahrungsgemäß eignet sich jemand, der 15 Jahre Chef eines der größten börsennotierten Konzerne hierzulande war, eher nicht als Befehlsempfänger. Hainer führte Adidas stets erfolgsgetrieben, aber auch mit Bodenständigkeit. Die Blender unter den Managern seien ihm zuwider, sagte er einmal. "Eine tolle Vita ist das eine, aber man muss die PS auch auf die Straße bringen. Ein bisschen Bauernschläue und Pfiffigkeit können dabei nicht schaden."

Als er bei Adidas aufhörte, war der Umsatz drei, der Gewinn fünf und der Börsenwert des Unternehmens zehn Mal so hoch wie bei seinem Start als Vorstandschef 15 Jahre zuvor. "Meine Stärken liegen in der Erfahrung aus 30 Jahren in einem globalen Unternehmen", sagt Hainer. Die Fußball-AG, in welcher der Profifußball bei den Bayern gebündelt ist, kennt er als Vizechef des Aufsichtsrats. Seine wichtigste Aufgabe als Präsident umreißt er so: "Dafür zu sorgen, dass die Balance nicht verloren geht zwischen dem hochprofessionellen Unternehmen in einem Fußballgeschäft, das angesichts von Oligarchen, Scheichs und wahnsinnigen Transfersummen immer härter wird, und der Heimatverbundenheit, Bodenständigkeit und dem Mia-san-mia, was den FC Bayern auszeichnet. Der Verein muss für seine Mitglieder ein Stück Familie bleiben."

Und Uli Hoeneß?

"Ich wäre dumm, wenn ich mir nicht ab und an seinen Rat einholen würde", sagt Hainer. Natürlich würden sie Kontakt halten, als Freunde, aber auch, "weil er diesen Klub in- und auswendig kennt. Aber ich werde sicher eigenständige Entscheidungen treffen. Das ist selbstverständlich, das weiß und will Uli Hoeneß auch". Bei der Amtsübergabe wird es also um mehr als nur Büromöbel gehen.

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