Süddeutsche Zeitung

Hängende Spitze:Willkommen, Kollege!

Gar nicht mal schlecht geschrieben, die Spiel-Vorberichte auf der Seite FussiFreunde.de. Ein Schock ist nur, wer sie schreibt: ein Computer!

Von Klaus Hoeltzenbein

Am Wochenende Industriespionage betrieben, den Markt gescannt, durchs Netz gesurft, immer im Blick, was die Konkurrenz so treibt, und da standen sie - Sätze von sensationeller Schlichtheit; kein Semikolon, kein Schnörkel zu viel, einfach nur:

"Gewinnen auf dem eigenen Platz gehört in dieser Saison nicht zu den Stärken von Harburger SC. Weniger als die Hälfte seiner Punkte erkämpfte sich der Gastgeber auf dem heimischen Rasen."

Gut, mit der Grammatik gibt es ein Problemchen, da muss jetzt doch einmal, junger Kollege, besserwisserisch reingegrätscht werden: Es muss heißen ,des' oder ,vom' Harburger SC. Aber sonst? Hat der Oberlehrer Pause, geht es doch erstaunlich fluffig weiter mit diesem Vorbericht aus Hamburg, Bezirksliga Süd:

"Mit 90 Gegentreffern hat die Mannschaft von Trainer Damir Bucar schon ein Riesenproblem. (...) Die Mannschaft erzielte auch nur 16 Tore. Das heißt, das Schlusslicht muss durchschnittlich drei Buden pro Partie hinnehmen. (...) Auch ohne hellseherische Fähigkeiten wird dieses Spiel für HSC am Ende einer schwierigen Saison eine Herkulesaufgabe." Ende. Aus.

Gleich hinter dem Herkules aber folgt der Schock. Folgt ein Bekenntnis, gegen das die Hinnahme von drei Buden ein Riesenvergnügen ist. Gezeichnet ist der Artikel nämlich wie folgt: "automatisch geschrieben von rtr text engine".

Willkommen, Kollege Computer!

Seit dem Wochenende werden Vorberichte zur Bezirksliga und Kreisliga Hamburg auf der Netzseite "FussiFreunde.de" automatisch erstellt. Von einem, wie es heißt, "technisch führenden Dienstleister im Bereich Semantisches Publizieren".

Nun gut, Ihr habt es nicht anders gewollte, Ihr künstlichen Intelligenzler. Respekt vor einer Maschine, die Harburger Fachbegriffe wie Bucar und Bude in Beziehung setzt. Aber nur, damit Ihr mal wisst, was noch zu tun ist, Ihr Propheten des Roboter-Journalismus, nehmt das: "Die intrinsisch motivierte Interaktion zwischen Beckenbauer und Müller verifizierte jene funktional-strukturelle Hypothese, der zufolge sich die Evidenz der Realität als Reduktion von Komplexität interpretieren lässt." So schrieb Gerd Hortleder, Soziologe, schon 1974 über Fußball. Und jetzt programmiert mal schön.

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Quelle:
SZ vom 27.04.2015
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