Hängende Spitze:Feinstaub in der Tabelle

Lesezeit: 1 min

Wolfsburgs Manager beruhigen ihre Fans: Der Autoskandal beeinflusse nicht das Fußballgeschäft. Dabei droht längst eigenes Ungemach. Was ist mit dem perfiden Punkteklau nach dem Einhacken in den DFL-Zentralcomputer?

Von Philipp Selldorf

Die Methoden des Felix Magath sind berüchtigt in aller Welt. Eines Tages in Gelsenkirchen hat dies auch der renitente Profi Albert Streit zu spüren bekommen. Ließ Magath ihm Bleigewichte anlegen und in den Krötenteich beim Trainingsgelände werfen? Hat er ihn zum Bungee-Jumping an porösen Bindfäden von den Flutlichttürmen des Parkstadions gezwungen? Es war viel schlimmer. Magath demütigte den Profi auf schockierende Weise. Während die anderen Schalker Spieler je vier Eintrittskarten pro Heimspiel zur Verteilung an Freunde und Verwandte erhielten, bekam Streit nur eine einzige. Höhepunkt der Grausamkeiten: Alle Profis hatten freie Wahl beim Dienstwagen des Sponsors Volkswagen, sie durften sich zwischen Limousinen, Geländewagen und Cabrios entscheiden. Albert Streit bekam einen Polo.

Heutzutage hätte Magath seinem Opfer sicher keinen harmlosen Kleinwagen, sondern ein Dieselfahrzeug zugeteilt: "Nimm diese Dreckschleuder", hätte er ihm gesagt und dazu teuflisch gelacht.

In Wolfsburg lacht aber niemand mehr. Noch sind zwar die Auswirkungen der Dieselaffäre des Bundesliga-Partners Volkswagen auf den deutschen Fußball nicht abzusehen. Aber es ist zu erkennen, dass auf den VfL schwere Zeiten zukommen. Wenn der Mutterkonzern bei der Fahrzeugtechnik schummelt, warum sollte die fußballspielende Tochter-AG sauber sein? Die Abteilung Feinstaub, Emissionen und Stickoxide der DFL ist bei ersten Ermittlungen bereits fündig geworden. Demnach hat der VfL seit 2007 systematisch die Ballbesitz-, Zweikampf- und Eckballstatistiken geschönt. Durch Software-Manipulationen am zentralen DFL-Tabellencomputer verschaffte sich der Klub Punkte, die er nie gewonnen hatte. Besonders perfide: Mit Hilfe von Spezialisten des ADAC fälschten die Wolfsburger im Sommer die Wahl zum Fußballer des Jahres. So landete der Nachwuchsspieler Kevin de Bruyne auf Platz eins und erzielte beim Verkauf an Manchester City eine Rekordsumme.

Auch der einzige Vereinsmythos ist als Trickbetrug entlarvt. Der Mount Magath, den der Trainer im Meisterjahr 2009 aufschütten ließ, um die Profis auf brutale Art zur Fitness zu erziehen, enthielt in Wahrheit eine Rolltreppe.

© SZ vom 28.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: