Hängende Spitze:Das Leben zu kurz, die Spiele zu lang

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Das Leben ist kurz und manche Fußballspiele sind einfach zu lang: Beide Klubs aus Rom vergeben ihre Siege in der sehr, sehr späten Nachspielzeit.

Von Birgit Schönau

Der Römer an sich ist wahrscheinlich der geduldigste Mensch der Welt (von der Römerin reden wir ein andermal). Wenn man in einer Stadt lebt, die ewiger ist als alle Cäsaren und Päpste, dann weiß man, dass alles Menschliche eitel und vergänglich ist - auch und besonders jene Irren, die neuerdings urbi et orbi regieren. Als lebenskluges Subjekt der Weltgeschichte lässt sich der Römer prinzipiell nicht aus der Ruhe bringen, außer im Straßenverkehr und im Stadion. Was an diesem Spieltag in den Arenen zu Cagliari und Rom geschah, löste tatsächlich ein großes Haareraufen aus - in seltener Eintracht zelebriert vom stadtrömischen Anhang der AS Roma und deren stets ein wenig belächelten "Vettern", den angeblichen "burini" (Bauern) von Lazio.

Zuerst machte sich die Roma im Stadion von Cagliari zum Gespött, indem sie gegen die Sarden nicht nur einen 2:0-Vorsprung verspielte, sondern das Ausgleichstor auch noch in der 100. Spielminute kassierte, als Cagliari dank zweier Platzverweise nur noch neun Mann auf dem Rasen hatte - und den Trainer auf der Tribüne. Das 2:2 erzielte ein gewisser Marco Sau, aber Cagliari hatte nicht einfach nur Schwein gehabt, sondern die Römer gekonnt ausgetrickst. Peinlich, peinlich, bruttissima figura. Eine Schande, wie der Klubpräsident aus Amerika dröhnte, schlimmer noch: "Ein Witz!" Schwacher Trost, dass die Vettern von Lazio nachzogen, mit ihrem 2:2 im heimischen Olympiastadion gegen Sampdoria Genua. Der gegnerische Ausgleichstreffer kam in Minute 99, mit Sampdoria in Unterzahl. Brutta figura, auch hier.

Das Leben ist zu kurz und manche Fußballspiele sind einfach zu lang. Angeblich wackeln jetzt die Trainerposten bei beiden römischen Klubs. Dabei ist die Roma immerhin schon für's Achtelfinale in der Champions League qualifiziert. Okay, Marco Sau wird in der Ewigen Stadt kein Ehrenbürger werden. Aber schon am Tag nach dem Desaster erinnerte sich Rom an einen seiner schönsten Sprüche. Der da lautet: Ein großes Gelächter wird uns eines Tages beerdigen.

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