Günther Koch wird FCN-Aufsichtsrat:"Beim Club lacht keiner, wenn du verlierst"

Fußball-Moderator Günther Koch, ein bekennender Club-Fan, hat sich in den Aufsichtsrat des 1. FC Nürnberg wählen lassen. Der preisgekrönte Reporter über seine Pläne als Funktionär, die fränkische Lebensart - und wie "Ich melde mich vom Abgrund" sein bitterster Spruch wurde.

Gerald Kleffmann

Der vielfach preisgekrönte Hörfunkreporter Günther Koch, 69, wurde am Wochenende in den Aufsichtsrat des Fußball-Erstligisten 1. FC Nürnberg gewählt. Mit der Aufnahme ins Kontrollorgan schließt sich für den 69-Jährigen ein Kreis, der frühere Lehrer ist leidenschaftlicher FCN-Anhänger.

Günter Koch

Die "Stimme Frankens": Sportmoderator Günther Koch.

SZ: Herr Koch, Sie haben bei der Aufsichtsratswahl 511 Stimmen erhalten, fast so viele wie der beliebte Oberbürgermeister Ulrich Maly, der 538 bekam. Sie können zufrieden sein.

Günther Koch: Sehr zufrieden. Ich wurde ja von Fans vorgeschlagen, ich hatte mich in den vergangenen Jahren immer wieder mal eingeschaltet, um - ich sage mal so - für ansprechende Diskussionskultur zu sorgen. Das soll aber nicht überheblich klingen.

SZ: Wofür steht denn jetzt Günther Koch als Amtsträger beim Club?

Koch: Für eine ganz konstruktive, aber kritische Mitarbeit in dem Sinne, dass ich sehr viel hinterfragen und überprüfen werde. Ich werde auch viel lesen und lernen, es gibt ja Dinge, die ich noch nie gesehen habe, die Bilanzen etwa. Und ich möchte mich um eine selbstbewusstere Darstellung nach außen kümmern über den fränkischen Raum hinaus.

SZ: Der Club ist nicht selbstbewusst?

Koch: Nicht selbstbewusst genug. Ich glaube, dass der Club in Oberbayern und Schwaben und den anderen Regierungsbezirken Anhänger hat, die man als Mitglieder werben kann. Der Club hat bis heute nur 10.962 Mitglieder, das ist doch unverständlich.

SZ: Der Club ist eben eher ein rein regionales Phänomen.

Koch: Und genau da will ich mich einbringen, um das ein wenig zu ändern.

SZ: Und wie?

Koch: Es gibt schon Pläne, aber da will ich mich erst mit den Aufsichtsratskollegen besprechen. Am Donnerstag habe ich zum Beispiel eine Abendveranstaltung in Ingolstadt, so eine Art Rückblick als Reporter wird das, und da werde ich auch ein paar FCN-Aufnahmeanträge dabeihaben. Jetzt kann ich ja offen parteiisch für den Club auftreten.

"Ich hab viel mitgemacht"

SZ: Ist das jetzt ein Befreiungsschlag, nicht mehr diese Liebe zum Club öffentlich unterdrücken zu müssen?

1. FC Nuernberg - 1. FSV Mainz 05

"Talente müssen bleiben", sagt Günther Koch. Sicher auch über Robert Mak.

(Foto: dapd)

Koch: Nein, es ist mehr Arbeit, mehr Verantwortung. Ich komme als Seminarrektor, der ich lange war, aus dem Pädagogischen, daher will ich auch mehr in diesen Bereich beim Club gehen. Mich interessiert die Medienkompetenz der Spieler und das Jugendinternat, das gebaut wird. Man sollte sich auch um jene kümmern, die am Ende nicht Profi werden und dies eines Tages erfahren. Bei der Medienarbeit geht es mir darum, dass man nicht nur im fränkischen Saft brät. Auf der Mitgliederversammlung wurde ich schließlich zu meiner Affinität zum FC Bayern gefragt, zu der ich stehe. Ich hoffe, dass man da offener wird, dass man die nicht als die bösen Feinde sieht, sondern als wesentlich bessere, aber immerhin bayerische Konkurrenten.

SZ: Wie verträgt sich das Amt mit Ihrer Aufgabe als Reporter?

Koch: Gut, weil ich bald als Live-Reporter aufhöre. Ich mache nur noch drei oder vier Spiele bei 90elf.de, dem Fußballradio, mit meinem Kult-Kanal. Das ist wahnsinnig spannend. Ich bin Reporter während des Spiels und darf parteiisch sein. Ich interviewe Fans, frühere Spieler, Leute, die um mich rumsitzen, ich beantworte live Fragen, die auf Facebook gestellt werden.

SZ: Sie brennen immer noch.

Koch: Ich brenne noch völlig. Du hast da die absolute Freiheit, aber ich höre damit auf. Wenn es am Schönsten ist, soll man aufhören, ich habe es meiner Frau versprochen. Ich werde ja bald 70. Manni Breuckmann soll mich beerben.

SZ: Warum soll man beim Club eigentlich unbedingt Mitglied werden?

Koch: Weil es in der Form fast keinen Verein in der Bundesliga gibt, bei dem die Mitglieder qua Satzung viel mitbestimmen können. Sie wählen den Aufsichtsratschef, in Urwahl den Aufsichtsrat. Wo gibt es das? Hier kann der Fan mit Recht sagen: Wir sind der Club!

SZ: Aber sportlich ist es doch immer Himmel und Hölle.

Koch: Das ist wurscht, das ist schön. Das ist viel schöner, als wenn du wie der FC Bayern immer Meister werden und immer vorne sein musst und Leute hämisch lachen, wenn du verlierst. Beim Club lacht keiner, wenn du verlierst.

SZ: Aber dann ist da noch dieses Fränkisch, das kaum einer versteht.

Koch: Ich bin als eingewanderter Ehrenfranke - ich stamme aus Traunstein und bin in München aufgewachsen - auch nicht der große Fan des fränkischen Dialekts, aber sehr wohl der fränkischen Wesens- und Lebensart. Es haben sich damals in Schwabing alle gewundert, dass ich nach Franken ging.

SZ: Wofür steht der Franke?

Koch: Für das Schlichte, das Einfache, für das Solide, für das Nichthergeschleckte, Nichtgeföhnte. Das hier ist einfach gegerbt, erlitten, aber ehrlich, glaubwürdig und mit Bodenhaftung. Das ist eben ein Verein zwischen Platz vier und 15 mit einem Auf und Ab, aber das ist das wahre Leben. Gemessen an den finanziellen Möglichkeiten hier ist die Entwicklung doch großartig.

1100 kommentierte Fußballspiele

SZ: Gerade gab die FCN-Führung ein finanzielles Plus für das vergangene Geschäftsjahr bekannt, hauptsächlich natürlich wegen des Verkaufs von Ilkay Gündogan. Was muss passieren, damit die Entwicklung weiter positiv verläuft?

Koch: Die jungen Spieler dürfen nicht nur sagen, wie sehr es ihnen hier gefällt, sie müssen hier auch bleiben. Die hervorragende Nachwuchsarbeit muss sich auch oben bezahlt machen. So einer wie der Wollscheid in der Abwehr, solche Talente müssen bleiben.

SZ: Der ist doch sicher bald weg.

Koch: Isser nich, isser nich.

SZ: War es schwer, als Reporter die Liebe zum FCN zu unterdrücken?

Koch: Ja. Das war schon schwer. Das tat weh. Ich hab 1100 Fußballspiele kommentiert, davon waren 501 Club-Spiele, in 34 Jahren. Ich hab viel mitgemacht.

SZ: Ihr schönster Spruch?

Koch: "Nürnberg grüßt Europa!" - 1988 war das, der Club qualifizierte sich für den Uefa-Cup. Mein bitterster war 1999: "Ich melde mich vom Abgrund." Der Club steigt auf dramatische Weise in letzter Sekunde ab.

SZ: Eine letzte Frage: Koch ohne Live-Berichterstattung, wie soll das gehen?

Koch: Das weiß ich ehrlich auch noch nicht. Die Frage ist unerlaubt, aber gut.

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