Knapp sieben Wochen nach dem EM-Aus beendet Ilkay Gündogan seine Karriere in der Fußball-Nationalmannschaft. Bundestrainer Julian Nagelsmann muss nun einen neuen Kapitän bestimmen, der das Team zur Weltmeisterschaft 2026 führen soll. Ilkay Gündogan, der bisherige Spielführer, hat nach 82 Länderspielen im Alter von 33 Jahren überraschend seinen Abschied aus der deutschen Nationalelf bekanntgegeben.
„Nach einigen Wochen Bedenkzeit bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass es an der Zeit ist, meine Nationalmannschaftskarriere zu beenden. Ich blicke mit sehr viel Stolz auf 82 Länderspiele für mein Heimatland zurück – eine Zahl, die ich mir so hätte niemals erträumen können, als ich 2011 mein Debüt für die A-Nationalmannschaft gegeben habe“, schrieb Gündogan auf Instagram. „Mein Highlight war ganz klar die riesige Ehre, dass ich im vergangenen Sommer bei unserer Heim-EM die Mannschaft als Kapitän anführen durfte!“
Allerdings habe er bereits vor der EM „in meinem Körper, aber auch in meinem Kopf eine gewisse Müdigkeit“ verspürt, „die mich zum Nachdenken gebracht hat. Und die Spiele auf Vereins- als auch Länderebene werden nicht weniger.“ Er hoffe auf eine Fortsetzung des Aufwärtstrends für die deutsche Auswahl, „und dann spricht auch nichts dagegen, bei der WM 2026 zu den engsten Titelanwärtern zu zählen. Wir haben einen fantastischen Trainer, eine richtig starke Mannschaft und einen tollen Teamgeist.“ Seinen Abschied beschloss er mit den Worten: „Es war mir eine Ehre! Danke, Deutschland!“
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Der Bundestrainer würdigte seinen „herausragenden“ Spielführer und ließ keinen Zweifel daran, dass er gern weiter mit ihm gearbeitet hätte: „Ich bin sehr stolz, dass Ilkay unser Kapitän war, er hat eine fantastische EM für Fußball-Deutschland gespielt“, sagte Nagelsmann, der dessen Fähigkeiten noch einmal hervorhob: „Seine Intelligenz hat mich immer wieder fasziniert und begeistert, genauso seine Sicherheit am Ball, seine klugen und klaren Zuspiele. Von unseren Spielern erwarten wir, dass sie Pässe mit einer Botschaft spielen, Ilkay hat genau das gemacht.“ Er habe „häufig selbst geglänzt, noch häufiger hat er andere in der Nationalmannschaft glänzen lassen“, sagte der Coach: „Sein feiner Fuß wird uns fehlen.“ Gündogan sei für ihn und das Team „ein wichtiger Ansprechpartner“ gewesen: „Der Austausch mit ihm war bereichernd, auch bei Themen abseits des Fußballs.“
DFB-Sportdirektor Rudi Völler lobte Gündogan als „großartigen Fußballer“ mit „einzigartigen Fähigkeiten am Ball“ und „großer Spielintelligenz“. Er sei „auf und neben dem Platz ein vorbildlicher Kapitän“ gewesen. DFB-Präsident Bernd Neuendorf betonte „seine besondere, fast stille Art, die Menschen zusammenzuführen, hat ihn für mich auch ohne Titel zu einem großen Kapitän gemacht.“
Der erfahrene Mittelfeldspieler wird aber weiterhin als Profi spielen, derzeit noch für den FC Barcelona. Allerdings gibt es Spekulationen, dass er den spanischen Klub noch im Sommer verlassen wird.
Nach Kroos fehlt Nagelsmann nun auch Gündogan
Nagelsmann war nach dem EM-Aus gegen Spanien noch davon ausgegangen, dass er für den Start in die Nations League im September weiter mit Gündogan planen könne. „Klar freue ich mich, wenn er weitermacht. Stand jetzt gehe ich auch davon aus, dass er weiter zur Verfügung steht“, hatte der Bundestrainer am Tag nach der Viertelfinalniederlage gegen Spanien gesagt. Nagelsmann fügte aber Anfang Juli auch hinzu: „Das soll Ilkay am Ende selbst entscheiden und auch selbst verkünden.“
Nagelsmann hoffte auch deshalb auf Gündogan, weil in Toni Kroos, wie er sagte, bereits „ein Pfeiler wegfällt“, der die Stabilität der Mannschaft gewährleistete. Kroos hatte seine Profikarriere nach der EM ganz beendet. Auch Thomas Müller hatte sich bereits entschieden, nicht mehr für die Nationalmannschaft zu spielen. Nagelsmann will den Kader im Hinblick auf die Nations League und Qualifikation für die WM-Endrunde 2026 in den USA, Kanada und Mexiko verjüngen und anpassen. Gündogan hätte dabei weiter eine wichtige Rolle spielen sollen, so wie jüngst während der EM.
Exklusiv Ilkay Gündogan im SZ-Interview:"Nur die Mutigen werden belohnt"
Der Kapitän der Nationalmannschaft unterstützt den Kurswechsel des Bundestrainers und dessen viel diskutierte Personalwahl für die Länderspiele gegen Frankreich und die Niederlande. Auch mit der Rückkehr von Toni Kroos erklärt sich Gündogan "total einverstanden".
Der Bundestrainer hatte Gündogan auch persönlich eine gute EM-Leistung bescheinigt. Zudem erhielt der Mittelfeldspieler öffentlich viel Anerkennung. „Ich habe mich extrem gefreut, dass er das erste Mal nicht nur Gegenwind gekriegt hat als Nationalspieler. Er ist ein stiller Leader, der eine große Erfahrung hat. Er hat ein gutes Gespür für eine Gruppe“, sagte Nagelsmann nach der EM.
Gündogan hatte am 11. Oktober 2011 in Düsseldorf beim 3:1 gegen Belgien im Nationalteam debütiert. Er wurde in dem EM-Qualifikationsspiel für Kapitän Philipp Lahm eingewechselt. 19 Tore erzielte er für Deutschland. Durch zahlreiche Verletzungen verpasste der erfolgreiche Vereinsspieler Gündogan unter anderem auch den WM-Triumph 2014 in Brasilien.