Rücktritt von Kevin Großkreutz:Nicht alles war fürs Bilderbuch

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Zwei Filous auf dem Höhepunkt ihrer Karriere: Kevin Großkreutz und Lukas Podolski 2014 in Brasilien mit der WM-Trophäe. (Foto: ActionPictures/imago)

Kevin Großkreutz war einerseits Fußballer und Weltmeister, andererseits aber auch eine stete Quelle für Schlagzeilen am Boulevard. Nun, da er aufhört, schlägt er selbstkritische Töne an.

Von Ulrich Hartmann

Seinen letzten Sieg als Profifußballer hat Kevin Großkreutz vor Gericht errungen. Vom Drittligisten KFC Uerdingen erstritt der 32-Jährige vor ein paar Wochen ausstehende Gehälter und eine Abfindung in der Gesamthöhe von 442 500 Euro. Doch der KFC steht vor der Insolvenz, und die Siegprämie damit auf wackligen Füßen.

Etwa 50 000 Euro pro Monat soll Großkreutz in Krefeld verdient haben. Er war dort zwei Jahre lang die Attraktion. Ein Weltmeister in der Fußballprovinz. Wenn er sich nach einem Spiel das Trikot vom Leib gezogen hat, dann konnte man hinter seiner linken Schulter den Weltpokal, die Meisterschale und den DFB-Pokal als Tattoo erkennen. Großkreutz trug seine Erfolge auf der Haut und sein Herz auf der Zunge.

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Seine Geburtsstadt Dortmund war stets der Mittelpunkt seines Lebens. Die Silhouette der Stadt trägt er als Tattoo auf der rechten Wade. Mit der Borussia wurde er zwei Mal Meister (2011, 2012) und ein Mal Pokalsieger (2012), außerdem stand er 2013 im Champions-League-Endspiel, das in London gegen Bayern München verloren ging. Seine Erfolge mit dem BVB haben ihn 2014 in jene Nationalmannschaft befördert, mit der er in Brasilien Weltmeister wurde, ohne auch nur eine einzige Minute gespielt zu haben. Wenn Großkreutz nun eine ereignisreiche Karriere beendet, dann will er in Dortmund weiterhin ein Schnitzelrestaurant namens "Schmackes" betreiben und beim Sechstligisten TuS Bövinghausen jenem puren Amateurfußball frönen, über den er stets in den höchsten Tönen gesprochen hat.

Es muss weh tun zu erfahren, dass man nicht mal mehr ein erstklassiger Rüpel ist

Als Profi ist Großkreutz viel herum gekommen und hat mit prominenten Fußballern zusammengespielt: 2006 beim ostwestfälischen Drittligisten LR Ahlen zum Beispiel mit Daniel Thioune unter dem Trainer Bernard Dietz; von 2009 bis 2015 bei Borussia Dortmund mit Patrick Owomoyela, Sebastian Kehl, Mats Hummels, Mario Götze, Robert Lewandowski und Pierre-Emerick Aubameyang unter dem Trainer Jürgen Klopp; 2016 beim Bundesligisten VfB Stuttgart mit Timo Werner unter dem Trainer Jürgen Kramny und 2017 beim Zweitligisten Darmstadt 98 mit Hamit Altintop unter dem Trainer Torsten Frings.

Großkreutz war einerseits Fußballer, andererseits aber auch eine stete Quelle für Schlagzeilen am Boulevard. 2014 hat er nach einem verlorenen Pokalfinale mit dem BVB gegen Bayern München nachts in die Lobby eines Berliner Luxushotels uriniert. Im selben Jahr schleuderte er in Köln einem Pöbler einen Döner hinterher. Der britische Guardian hat Großkreutz damals in eine Liste der zehn unmöglichsten Sportler aufgenommen. Danach wurde es ein bisschen ruhiger um den Profi, ehe er sich 2017 mit einer nächtlichen Prügelei im Stuttgarter Rotlichtviertel noch einmal um Aufnahme in die Liste bewarb - aber nicht mehr berücksichtigt wurde. Es muss weh tun zu erfahren, dass man nicht mal mehr ein erstklassiger Rüpel ist. 2019 wurde Großkreutz am Rande eines Kreisligaspiels in Dortmund-Kemminghausen noch einmal in Scharmützel verstrickt, da sollen aber wirklich die Anderen angefangen haben.

In Kemminghausen hatte Großkreutz als Bub mit dem Fußballspielen begonnen. Beim BVB konnte er sich zunächst nicht durchsetzen, wurde zusammen mit Marco Reus ins benachbarte Ahlen abgegeben und kämpfte sich erst über diesen Umweg ins Rampenlicht des Westfalenstadions. "Ich durfte meinen Traum leben", sagt er nun in einem Abschiedsvideo auf seinem Instagram-Kanal zu pathetischer Musik. "Ich habe unfassbare Momente erlebt, aber auch Fehler gemacht - in schwierigen Zeiten habt Ihr mir geholfen", sagt er zu den Fans. "Vielleicht war es nicht gerade eine Bilderbuchkarriere."

"Meine schönsten Momente hatte ich mit dem BVB", hat Großkreutz einmal gesagt und sie alle aufgezählt: "Das Champions-League-Spiel 2013 in Marseille, als ich in der 87. Minute das 2:1-Siegtor zum Einzug ins Achtelfinale geschossen habe, das 2:0 gegen Nürnberg, durch das wir 2011 Meister geworden sind - und natürlich alle Derbysiege gegen Schalke."

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