Großer Preis von Deutschland in der Formel 1:Unruhe am Nürburgring

Formel 1 Nürburgring Sebastian Vettel Nico Rosberg

Sprachen auf der Pressekonferenz kaum ein Wort miteinander: Sebastian Vettel (links) und Nico Rosberg

(Foto: dpa)

Kann Sebastian Vettel erstmals den Großen Preis von Deutschland gewinnen oder schnappt ihm ausgerechnet Nico Rosberg den Sieg weg? Die Motorsport-Welt blickt gespannt auf das Rennen auf dem Nürburgring. Auch die Reifen sind weiter Thema, die Fahrer drohen gar mit Boykott.

Von Lisa Sonnabend, Nürburgring

Auf fast allen Rennstrecken der WM 2013 hat Sebastian Vettel bereits gewonnen in seiner Karriere. Darunter waren das legendäre Stadtrennen von Monaco, die schwierige Strecke in Montreal oder der Großen Preis von Italien. Nur in Deutschland stand Vettel nie ganz oben auf dem Siegerpodest. Weder auf dem Nürburgring noch auf dem Hockenheimring, die sich mit der Austragung des Formel-1-Rennens abwechseln. "Bislang war ich nie gut genug, um zu gewinnen", sagte Vettel bei der Pressekonferenz am Donnerstag am Nürburgring. "Aber ich werde es an diesem Wochenende wieder versuchen." Ob es ihm gelingt? Nicht nur deswegen blickt die Motorsport-Welt gespannt auf das Rennen am Wochendende, denn es hat sich einiges getan in der Formel 1 in den vergangenen Tagen.

  • Zwei alte Rivalen

Es war mal wieder Sebastian Vettel, der beim Rennen am Sonntag in Silverstone das Feld überlegen anführte. Doch zehn Runden vor Schluss blieb sein Wagen plötzlich stehen, Getriebeschaden. Nicht wenige finden, dass sein Ausscheiden etwas Gutes hat, denn nun ist die WM 2013 wieder spannend. Nur noch 21 Punkte Rückstand auf den Deutschen hat jetzt Fernando Alonso, der sich beim Großen Preis von Großbritannien Platz zwei hinter Nico Rosberg sicherte. Theoretisch könnte Alonso nun mit einem Sieg am Nürburgring die Führung an sich reißen. Hätte Vettel keinen Getriebeschaden gehabt und als Erster das Ziel erreicht, wäre sein Vorsprung dagegen auf fast 50 Punkte angewachsen. Schon nach dem achten WM-Rennen hätte sich so etwas wie Langeweile in dieser eigentlich so rasanten Sportart eingestellt.

Kaum dass Alonso wieder näher an Vettel herangerückt ist, beginnt er wieder, gegen den Deutschen zu sticheln. Vor dem Großen Preis von Deutschland ließ er Vettel, der am Mittwoch seinen 26. Geburtstag feierte, ausrichten: "Ich wünsche ihm alles Gute. Aber für Sonntag nicht unbedingt." Weitere Spitzen werden bald folgen. Garantiert.

  • Fehde zwischen den Rennställen Red Bull und Mercedes

Fast ehrfürchtig wandern in diesen Tagen die Blicke zur Garage von Mercedes, wo die Autos von Lewis Hamilton und Nico Rosberg stehen. Denn der Rennstall hat 2013 fünf Pole-Positions einfahren können, zwei Mal stand Rosberg ganz oben auf dem Podest. Das Team hat ein richtig gutes Auto gebaut - und die anderen Rennställe unter Zugzwang gebracht: Auch in der Woche nach Silverstone versuchten Ferrari, Red Bull & Co. wieder an ein paar Schrauben zu drehen, um den Vorteil der Konkurrenz wett zu machen.

Doch dies ist nicht der einzige Grund, warum gerade alle nur von Mercedes reden. Vor 14 Tagen sprach das Internationale Tribunal des Automobil-Weltverbandes Fia im Fall der umstrittenen Mercedes-Reifentests ein Urteil. Das Automobil-Unternehmen kam dabei glimpflich davon: kein Punktabzug, sondern lediglich eine Verwarnung. Die anderen Rennställe zürnten.

Die Motorsportchefs von Mercedes und Red Bull, Toto Wolff und Helmut Marko, sind gar in einen pikanten Streit geraten. Über die Medien werfen sie sich gegenseitige Kränkungen zu. Als "Brausehersteller" verspottete Wolff den Konkurrenten, der ließ nun via Sport Bild ausrichten: "Das Tischtuch ist zerschnitten. Es wird keine Gespräche mehr geben."

Auch in der Pressekonferenz auf dem Nürburgring am Donnerstag wirkten Sebastian Vettel und Nico Rosberg angespannt. Die beiden saßen nebeneinander, sprachen aber kaum ein Wort miteinander. Vettel scherzte dagegen immer wieder demonstrativ mit seinem Nachbarn auf der anderen Seite, dem Toro-Rosso-Fahrer Daniel Ricciardo. Rosberg blickte dagegen die meiste Zeit starr gerade aus. Einmal sagte er, ohne Vettel anzusehen: "Ich möchte Sebastian Rennen für Rennen ärgern und vor ihm sein." Weltmeister Vettel gab sich locker, doch es dürfte ihn durchaus wurmen, dass das Interesse an Silverstone-Sieger Rosberg derzeit fast genauso groß ist wie an ihm.

  • Teamkollege gesucht

Sebastian Vettel und Daniel Ricciardo verstanden sich prächtig auf der Pressekonferenz. Ein Indiz, dass der Fahrer von Toro Rosso, dem Juniorteam von Red Bull, an Vettels Seite aufrückt, wenn Mark Webber sich zum Ende der Saison zurückzieht aus der Formel 1? "Die ganze Mannschaft muss diese Entscheidung treffen", sagte Vettel am Donnerstag dazu und schob hinterher. "Daniel macht einen guten Job, das ist alles, was ich dazu sagen kann."

Elf Punkte hat Ricciardo in dieser Saison geholt, zwei weniger als sein Teamkollege Jean-Eric Vergne. Auch dem 23-jährigen Franzosen wird der Aufstieg zu Red Bull zugetraut. Oder kommt am Ende doch der erfahrene Kimi Räikkönen, dessen Vertrag bei Lotus zum Saisonende ausläuft? Zumindest der Rennstall favorisiert offenbar diese Lösung. Für Vettel würde es bedeuten: Er bekommt einen Fahrer zur Seite, der mindestens genauso sehr Konkurrent ist wie derzeit Webber - und das kann bekanntlich zu Spannungen führen.

Es ist allerdings sehr unwahrscheinlich, dass schon in diesen Tagen eine Entscheidung über den künftigen Vettel-Kollegen feststehen wird. Bis zum Spätsommer wolle man sich Zeit lassen, heißt es bei Red Bull.

  • Mit neuen Reifen auf die Strecke

"Hoffentlich" - das war das Wort, das Fernando Alonso am Donnerstagnachmittag im Motorhome von Ferrari am häufigsten verwendete. "Hopefully" sagte er immer wieder, als er die Fragen der Journalisten auf Englisch beantwortete. "Ojalá" sprach er, wenn er auf Spanisch gefragt wurde, und "spero, spero" wiederholte er, wenn er auf Italienisch antwortete. Hoffentlich, sagte Alonso, gibt es diesmal keine Probleme mit den Reifen. Hoffentlich.

Bei vier Fahrern platzten in Silverstone die Reifen hinten links. Eine gefährliche Situation - denn die herumfliegenden Teile hätten andere Fahrer im Gesicht treffen können, die Folgen wären dann fatal gewesen. Auf dem Nürburgring ist deswegen das Thema Sicherheit allgegenwärtig.

"Ich habe keine Lust, mein Leben für diese beschissenen Reifen zu riskieren", hatte Hamilton am vergangenen Sonntag bereits gesagt und auch am Ende der Woche sind alle Fahrer einig: Die Gefahr müsse minimiert werden, die Sicherheit gehe vor. "Wenn du hinter einem Wagen mit 300 Stundenkilometern bist, Teile durch die Luft fliegen und deinen Helm treffen, sind die wie Geschosse. Die killen dich wahrscheinlich", sagte Alonso. Die Fahrergewerkschaft GPDA drohte gar mit einem Boykott, sollte sich im Laufe des Wochenendes Vergleichbares ereignen. "Wenn ähnliche Probleme auftreten, werden wir uns augenblicklich von diesem Event zurückziehen, da dieses vermeidbare Problem erneut das Leben von Fahrern, Streckenposten und Fans gefährden würde", hieß in einem Statement der GPDA am Donnerstagabend.

Der Reifenhersteller Pirelli hatte bereits am Dienstagabend auf die Platzer reagiert: Zwar betonte Pirelli, die Reifen seien nur deswegen geplatzt, weil sie auf der falschen Seite des Wagens montiert worden sind, doch der Hersteller hat Änderungen vorgenommen. Auf dem Nürburgring kommen nun Reifen zum Einsatz, die keinen Stahlring, sondern einen Kevlarring haben. Kevlar heizt sich nicht so schnell auf, die Gummifläche dürfte sich nicht so schnell lösen. Beim Großen Preis von Ungarn Ende Juli sollen dann ganz neue Pneus zum Einsatz kommen.

Am Nürburgring steht die Garage von Pirelli ganz am Anfang der Straße, an der die Rennställe ihre Motorhomes errichtet haben. Wenn Helfer die Reifen zu den Garagen tragen oder Mechaniker an den Pneus hantieren, klicken die Auslöser der Kameras. Es ist weiterhin das mit Abstand beliebteste Motiv der Fotografen.

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