Großer Preis von Australien:Ein kleines Wunder verhilft Vettel zum Sieg

Formula One F1 - Australian Grand Prix

Der Beste in Melbourne: Sebastian Vettel siegt zum Saisonauftakt vor Weltmeister Lewis Hamilton.

(Foto: REUTERS)
  • Sebastian Vettel gewinnt den Saionauftakt in Melbourne vor Weltmeister Lewis Hamilton.
  • Der deutsche Ferrari-Pilot profitiert dabei von den Fehlern des Haas-Rennstalls, der zwei Reifen nicht gescheit montiert bekommt.
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Von Philipp Schneider, Melbourne

Es ist seit diesem Sonntag ein bisschen luftiger in der Startaufstellung der Formel 1. Es gibt mehr Platz zum Flanieren, die sperrigen Grid Girls mit ihren gartenhaushohen Nummernstangen sind bekanntlich mit sofortiger Wirkung verbannt aus der Formel 1. Stattdessen gibt es nun die wesentlich handlicheren Grid Kids, also Mädchen und Jungs, zwischen sieben und zehn Jahren alt, die sich ganz brav zu den Fahrern stellten, als gegen sieben Uhr morgens in Melbourne die australische Hymne gespielt wurde.

Und so begann die neue Formel 1 Saison am Sonntag in Melbourne mit einer guten Nachricht: Erstaunlicherweise fand jeder Pilot auch ohne fachmännische Einweisung der sommerlich gekleideten Frauen die Parkbucht, die ihm nach der Qualifikation zugewiesen worden war.

Und als 90 Minuten später der Ferrari von Sebastian Vettel als Erster über die Ziellinie fuhr, da hatte diese noch junge Formel-1-Saison auch schon ihre erste Überraschung erlebt. Am Samstagabend hatten nur die kühnsten Anhänger der Scuderia noch auf Vettel gewettet. Nachdem Lewis Hamilton, der Weltmeister des Vorjahres, die Qualifikation mit einer Fabelzeit dominiert hatte und auf einer Runde fast sieben Zehntel schneller gewesen war als die Ferraris. Vettel hatte darauf mit Trotz reagiert: "Lewis kann gerne heute Party machen, morgen machen dann hoffentlich Kimi und ich Party", verkündetet Vettel. So kam es dann. Vettel gewann vor Hamilton - und Dritter wurde Räikkönen. "Wir hatten natürlich ein bisschen Glück mit dem Safety Car", bekannte der Deutsche auf dem Siegerpodium, "es hat aber Spaß gemacht. Das war richtig gut."

Am Ende eines kuriosen Rennens, in dem Vettel letztlich die Führung übernommen hatte, weil die Boxencrew des Haas-Rennstalls zwei Reifen nicht gescheit montierte. Doch der Reihe nach.

Vettels Hoffnung beruhte auf der pikanten Startaufstellung. Vorne parkte Hamilton, dahinter die Ferraris von Räikkönen und ihm - und daneben stand Max Verstappen, der sich am Samstag mit einem Fahrfehler um einen Platz in der ersten Startreihe gebracht hatte. Hamilton war also auf sich gestellt, weil sein Teamkollege Valtteri Bottas nach einem Qualifikations-Unfall, den er glimpflich, das Getriebe seines Silberpfeils aber nicht schadlos überstand, von Rang 15 ins Rennen ging.

Den Start gewinnt Hamilton souverän

Es hat in Melbourne schon zahlreiche Unfälle gegeben nach dem Start, vor 16 Jahren war Ralf Schumacher mit seinem BMW in den Ferrari von Rubens Barrichello gefahren, sein Wagen hob darauf ab und flog durch die Luft. Am Sonntag blieb alles vergleichsweise unspektakulär.

Kevin Magnussen, der mit seinem Haas von Position fünf ins Rennen ging, zog gleich in der ersten Kurve vorbei an Max Verstappen, weil der seinerseits versucht hatte, Vettel zu überholen. In Kurve drei zuckte Räikkönen einmal zur Seite, um zu einem Überholmanöver anzusetzen, mehr geschah allerdings nicht zu Beginn. Das erste schöne Überholmanöver zeigte Verstappens Teamkollege Daniel Ricciardo, der wegen Missachtung einer roten Flagge strafversetzt worden war, und von Position acht ins Rennen startete. In der fünften Runde zog er vorbei an Nico Hülkenberg.

Fehler beim Boxenstopp provoziert Verschwörungstheorien

An der Spitze setzte sich Hamilton leicht ab, nach acht Runden betrug sein Vorsprung auf Räikkönen schon 2,6 Sekunden, dicht dahinter folgte Vettel. "Wir haben keine Zeit für so etwas", funkte die Box von Red Bull an Verstappen, die Botschaft war klar: Er sollte schnell vorbei an Magnussen, um wieder aufzuschließen zu den vor dem Haas enteilenden Ferraris. Also probierte Verstappen ein Manöver, rutschte über die Randsteine, verlor die Kontrolle über den Wagen, drehte sich einmal um die Achse, fing ihn wieder ab - und sortierte sich drei Positionen weiter hinten wieder ein, auf Rang acht. Kurz darauf klagte er über Probleme an seinem Wagen, das in Richtung Kurvenmitte übersteuere - immer weiter nach hinten wurde der Niederländer durchgereicht. Verstappen und Ricciardo waren auf den supersoften Reifen gestartet, alle anderen Fahrer unter den ersten zehn auf den schnelleren ultrasoften Reifen. Klar war, dass die zwei Red Bulls länger draußen bleiben konnten bis zum ersten Boxenstopp.

Räikkönen versuchte aufzuschließen zu Hamilton, lieferte nach 13 Runden die schnellste Umdrehung ab, dann aber funkte der Mercedes-Kommandostand, Hamiltons Spritverbrauch sehe gut aus, er könne Gas geben. Und schon legte der Weltmeister zu, fuhr die schnellste Runde - eine halbe Sekunde schneller als Räikkönen. In Runde 19 lotste Ferrari den Finnen an die Box, eine Runde später folgte Hamilton. Nun führte Vettel, aber Hamilton sauste von hinten mit größerer Geschwindigkeit heran, nahm dem Deutschen teilweise sieben Zehntel ab pro Runde. Exakt wie in der Qualifikation.

Vettel brauchte ein kleines Wunder - und für dieses Wunder sorgte prompt das Team Haas. Der bislang Viertplatzierte Magnussen stellte seinen Wagen als Erster ab, und zwei Runden später kletterte auch noch sein Teamkollege Romain Grosjean aus seinem Auto. Nach den Reifenwechseln war bei Magnussen das linke Hinterrad locker, bei Grosjean das linke Vorderrad. Der Franzose rollte aus in Kurve zwei, eine etwas ungünstige Parkposition war das: Die Rennleitung rief das virtuelle Safety Car aus, das Fahrerfeld musste abbremsen und diese Chance nutzte nun Vettel: Nach 26 Runden fuhr er an die Box, und als er wieder auf die Strecke bog hatte sein vorher aufgebauter Vorsprung von 11,3 Sekunden vor dem Briten tatsächlich ausgereicht, um haarscharf vor Hamilton auf die Strecke zu biegen. Die bizarren Fehler beim Boxenstopp von Haas lieferte selbstredend sogleich Futter für die wildesten Verschwörungstheorien - immerhin rollt das amerikanische Team mit Motoren der Scuderia.

"Wie konnte ich zurückfallen?"

"Wie konnte ich zurückfallen?", fragte Hamilton über Funk. "Habe ich einen Fehler gemacht?" Hatte er nicht, und doch hatte er nach 32 von 58 Runden die Führung an Vettel verloren, den er von nun an jagte. Und hinter ihm folgten Räikkönen, Ricciardo - und tatsächlich Fernando Alonso, der die Tumulte genutzt hatte, um auf Position fünf vorzurollen.

Drei DRS-Zonen, also Bereiche, in denen Verfolger den Heckflügel abklappen dürfen, um einfacher zu überholen, gibt es auf dem Kurs im Albert Park seit diesem Jahr. Aber Vettel verteidigte seine Führung clever. Auf den Geraden hielt er das Tempo, und auch wenn Hamilton in den Kurven stets aufschließen konnte, blieb er vorne. Auf einen Rückstand von acht Zehnteln pendelte sich die Distanz ein, Hamilton war schneller, vorbei kam er nicht. "Kann ich pushen?" fragte Hamilton. "Ich probiere es jetzt!" Dann fuhr er dichter auf, verbremste sich, rollte über den Rasen, auf drei Sekunden wuchs sein Rückstand an. Zunächst. Hamilton schloss zunächst wieder auf. Dann merkte er, dass es nicht reichen würde. Und der Weltmeister des Vorjahres ging vom Gas. "Sie haben einfach den besseren Job gemacht", lobte Hamilton nach dem Rennen Ferrari und Vettel. "Ich weiß aber jetzt immer noch nicht, was da eigentlich schief gelaufen ist."

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