2. BundesligaErst Club, dann Klaus

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Schrei der Erleichterung: Der dreifache Fürther Torschütze Felix Klaus (rechts) feiert mit seinen Kollegen und den Fans den Klassenerhalt.
Schrei der Erleichterung: Der dreifache Fürther Torschütze Felix Klaus (rechts) feiert mit seinen Kollegen und den Fans den Klassenerhalt. (Foto: Melanie Zink /Imago)

Die SpVgg Greuther Fürth gewinnt 3:2 gegen den Hamburger SV und umgeht die Relegation. Weil Felix Klaus gleich drei Tore schießt, ist das Kleeblatt letztendlich gar nicht auf die Schützenhilfe des 1. FC Nürnberg angewiesen.

Von Sebastian Leisgang

Eigentlich schafft man es nicht so leicht in die Chronik der SpVgg Greuther Fürth. Um in den Vereinsannalen aufzutauchen, muss man schon ein paar Spiele mit dem Kleeblatt auf der Brust bestreiten. Auch schadet es nicht, wenn man das eine oder andere dieser Spiele gewinnt – und natürlich ist es ebenso zuträglich, vielleicht sogar mal ein Tor gegen den Verein aus der Nachbarstadt zu schießen.

Wobei: Bei manchen liegt die Latte gar nicht so hoch. Bei manchen genügt es auch schon, einen derart guten Kuchen zu backen, wie es die Frau des langjährigen Präsidenten Helmut Hack früher bei den Heimspielen getan hat – aber gut, das ist ein Sonderfall.

Felix Klaus, 32, hat schon ein paar Spiele mit dem Kleeblatt auf der Brust bestritten und dabei auch den einen oder anderen Sieg mit den Fürthern gefeiert. Zwar ist nicht überliefert, wie gut er Kuchen backen kann, aber vermutlich ist das auch gar nicht mehr von Belang. Für einen Eintrag in der Chronik dürfte es vorerst reichen, dass er am letzten Spieltag, in jenen 90 Minuten, die über die gesamte Saison entschieden haben, mal eben drei Tore gegen den designierten Bundesligisten Hamburger SV geschossen hat.

„Es war brutal viel Druck drauf, aber wir haben immer an uns geglaubt“, sagt der Matchwinner

Später war Klaus derart überwältigt, dass er sagte: „Es war brutal viel Druck drauf, aber wir haben immer an uns geglaubt. Ich kann mir vorstellen, dass ich heute Abend heulend in der Ecke sitze, weil so viel von mir abfällt und ich so froh bin, dass der Verein auch nächstes Jahr in der zweiten Liga Fußball spielt. Das gibt mir gerade alles.“

Eintracht Braunschweig, Preußen Münster und die SpVgg Greuther Fürth: Das waren die Klubs, auf die sich am Sonntag die Blicke richteten. Zwei, so viel war klar, würden auch in der nächsten Saison in der zweiten Fußball-Bundesliga spielen – einer würde noch eine Zusatzschicht in der Relegation erfolgreich hinter sich bringen müssen, um zweitklassig zu bleiben.

Das war die Ausgangslage. Und weil die Fürther zuletzt neun Spiele ohne Sieg aneinander gereiht hatten und nun auch noch auf den HSV trafen, die nominell beste Mannschaft der Liga, musste man nicht einmal Franke sein, um dem letzten Spieltag pessimistisch entgegenzugehen. Auch nach objektiven Maßstäben war die Situation mindestens angespannt – wenngleich das Kleeblatt sein Schicksal in der eigenen Hand hatte.

Das war also das Thema vor diesem letzten Spieltag: Die Fürther konnten sich aus eigener Kraft retten; unter den Eindrücken der vergangenen Wochen schien es aber doch wahrscheinlicher, dass sie aus eigener Kraft auf den Relegationsplatz stürzen würden. Dann aber trumpften zwei Spieler auf: Felix Klaus und ein Nationalspieler Aserbaidschans, der es in seinem Fußballer-Leben nicht nur deshalb nicht in die Fürther Vereinschronik schaffen wird, weil er bislang noch kein einziges Tor gegen den Verein aus der Nachbarstadt geschossen hat. Sondern auch, weil er für den Verein aus der Nachbarstadt spielt.

Mahir Emreli, 27, ist Nürnberger. Am Sonntag, als der 1. FCN die Saison mit einem Auswärtsspiel in Braunschweig beschloss und am Ende 4:1 gewann, waren gerade einmal zwanzig Minuten gespielt, als Emreli bereits zweimal getroffen und dem Abstiegskampf damit schon in der Anfangsphase jedwede Spannung genommen hatte. Noch vor der Halbzeitpause erzielte Emreli dann sein drittes Tor, und so machte sich das Abstiegsgespenst gar nicht erst auf den Weg nach Fürth und verpasste deshalb ein turbulentes Spiel mit fünf Toren und fast ebenso vielen Eingriffen des Videoassistenten.

„Fußball wird man nie erklären können, und heute war es mal positiv, dass man ihn nicht erklären kann“, sagt der dreifache Torschütze

Im Abstiegskampf wirken ja manchmal Kräfte, die sich dem menschlichen Ermessen und möglicherweise sogar dem Ermessen von Schiedsrichtern entziehen. Auch die Fürther und allen voran Felix Klaus entwickelten am Sonntag plötzlich Kräfte, die die Frage aufwarfen, warum dieser Verein am letzten Spieltag überhaupt noch um seine Existenz als Zweitligist bangen musste.

Als es dann geschafft war, sagte Klaus: „Fußball wird man nie erklären können, und heute war es mal positiv, dass man ihn nicht erklären kann.“ In der ersten Anfangsphase war es zwar erst einmal der HSV, der deutlich machte, dass er trotz des feststehenden Aufstiegs mit aller Ernsthaftigkeit zu Werke gehen würde – doch dann meldeten sich auch die Fürther in diesem Spiel an. Mehr noch: Klaus brachte das Kleeblatt vor der Pause in Führung (41.) und hatte auch eine Antwort auf den Ausgleich durch Jean-Luc Dompé (50.). Nach knapp einer Stunde erzielte er per Elfmeter das 2:1 (57.) und wenig später gar das 3:1 (63.).

Der HSV ließ sich zwar auch jetzt noch nicht hängen, mehr als der zügige Anschlusstreffer durch Robert Glatzel (67.) gelang dem designierten Bundesligisten aber nicht mehr. In den letzten Minuten waren die Gäste dem 3:3 nahe, doch der VAR grätschte ihnen gleich zweimal dazwischen und brachte sie erst um einen Strafstoß, dann um ein Tor. Aber all das waren nur noch Randnotizen. Dafür hatte einer längst gesorgt: Felix Klaus.

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