Greuther Führt gewinnt gegen 1860:Demonstratives Knuddeln

Zweitliga-Tabellenführer Fürth besiegt 1860 München mit 2:0 und bleibt trotz der Gerüchte um Trainer Mike Büskens vorerst gelassen. Der frühere Schalker soll nach Ralf Rangnicks Demission bei seinem alten Klub als Coach im Gespräch sein. Dabei steht der kauzige Coach nicht unbedingt für modernen Lustfußball.

Gerald Kleffmann

Mike Büskens, 43, ist noch einer dieser Typen, die so knurrig gucken können, wie es der SPD-Politiker Peter Struck in Vollendung beherrscht. In den vergangenen Tagen lebte Büskens diese Fähigkeit besonders intensiv aus. Der Trainer, der bis 2002 bei Schalke 04 gespielt hatte, zu den so genannten Eurofightern zählte und dort später zweimal als Interimstrainer aushalf, wurde nach dem Rücktritt Ralf Rangnicks in Gelsenkirchen wieder als Neubesetzung gehandelt.

SpVgg Greuther Fuerth - TSV 1860 Muenchen

Noch sitzen sie zusammen auf der Bank: Fürths Manager Rachid Azzouzi und Trainer Mike Büskens.

(Foto: dapd)

Ein Umstand, der ihn, man hätte darauf wetten können, missmutig brummen ließ: "Alle paar Monate fällt mein Name, wenn dort jemand gesucht wird. Die Frage stellt sich gar nicht für mich."

Auch Helmut Hack, Chef von Büskens' Arbeitgeber SpVgg Greuther Fürth, lehnt das Thema ab: "Mike Büskens besitzt keine Ausstiegsklausel. Er hat maßgeblich unseren Erfolgsweg beeinflusst, wir wollen den Weg weiter mit ihm gehen." Büskens ergänzte: "Wir haben hier eigene Themen, um die wir uns kümmern müssen."

Zum Beispiel darum, sein jetziges Team, das als Tabellenführer in diesen neunten Spieltag gegangen war, erstmals in die erste Bundesliga zu führen. Und nach dem verdienten 2:0-Sieg am Sonntag im heimischen Ronhof gegen den TSV 1860 München hat die Spielvereinigung ihre Ambitionen untermauert, wenngleich der Weg noch weit ist.

"Wir haben uns oben weiter festgesetzt", sagte Stephan Fürstner, der Spielgestalter, erfreut, und für alle Büskens-Fans, die den Trainer gerne auf Schalke sehen würden, hatte Sercan Sararer einen Gruß parat: "Er hat uns gut motiviert." Büskens selbst gab sich nach dem Spiel emotional und knuddelte seine Profis herzlich, ehe er später ruhig meinte: "So kann es weitergehen." Dabei schaute er, als habe er übers Wetter geredet.

Die Partie wurde früh entschieden, schon in der 12. Minute musste 1860-Innenverteidiger Kai Bülow vom Platz, was die Sechziger verärgerte. Seine Grätsche vor dem Strafraum gegen Christopher Nöthe, die keine Notbremse war, wertete Schiedsrichter Bandurski als so gravierend, dass er Rot zückte. Von nun an waren die Fürther, wie Büskens zugab, "bevorteilt", und lebten ihre Freude am blitzschnellen Flügelspiel aus.

Erstaunlich, dass ausgerechnet der kauzige Büskens, der mit seiner Art als Trainer an die Rehhagels dieser Fußballwelt erinnert, den Fürthern diese Lust am Fußball injiziert hat. Das 1:0 in der 27. Minute war ein Akt größter Finesse. Sararer, den sich kauffreudige Erstligisten anschauen sollten, dribbelte sich lustvoll auf rechts durch, Flanke, Nöthe sauste an den ersten Pfosten und tunnelte 1860-Torwart Gabor Kiraly (ja, der mit der Schlabberhose spielt immer noch).

Fürth zieht das Spiel durch

Fürth ist sicherlich eines der interessantesten Teams der Liga, es spielt fast englisch - zügig, direkt, aus einer kompakten Abwehr heraus. Kein Team in der Liga hat weniger Tore kassiert (fünf), wobei Bernd Nehrig, Schütze des 2:0 (55.), sich auch daran erfreute, "wie wir den Ball kontrolliert haben".

Die Kunst freilich ist es, über eine ganze Saison das Niveau hochzuhalten, in den vergangenen zehn Spielzeiten hatte Fürth genau diese Fähigkeit gefehlt. Sieben Mal Fünfter wurden die Franken und zuletzt einmal Vierter; die fehlende Gier oder was auch immer verhinderte den Aufstieg. Immerhin, in dieser Saison gibt sich der Klub kaum eine Blöße. Büskens lachte sogar einmal, das verriet einiges.

Im Gegenschnitt zu den Münchnern war das schön zu erkennen, denn während die Sechziger in dieser Spielzeit zwei Schritte vor und einen zurück machen, zog Fürth sein Spiel durch. Die zweite Halbzeit ähnelte der ersten, das 2:0 durch den Fernschuss von Bernd Nehrig fiel nach einer abermaligen Drangperiode, in der die Gäste ihre Hauptschwäche offenbarten: die anfällige Defensive.

Nachdem der kürzlich noch klamme Klub durch eine 18-Millionen-Euro-Zahlung (die vor allem zur Schuldentilgung verwendet wurde) des jordanischen Geschäftsmanns und neuen Anteilseigners Hasan Ismaik gerettet wurde und jüngst weitere drei Millionen Euro vom neuen Hauptsponsor Aston Martin für die Saison flossen, sollten die Münchner über eine Verstärkung der Abwehr in der Winterpause nachdenken. Nöthe, das frühere FC-Bayern-Talent Fürstner und der umtriebige Stürmer Olivier Occean hätten gegen zahme Münchner weitere Tore erzielen können.

Sollten die Fürther am Ende tatsächlich aufsteigen, wäre es der vermutlich längste Anlauf der Fußballgeschichte, sie spielen ja schon seit zehn Jahren um diesen. Aber noch bleiben sie realistisch, "wir können uns jetzt zwei Tage freuen, dann geht's weiter", sagte Nehrig distanziert, gestand dann aber: "Es ist schon geil, oben zu stehen." Das klang nach, ja, Gier.

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