Golfturnier in Eichenried:Gegenbewegung an Loch 18

Golfturnier in Eichenried: Eine Werbefigur, die etwas zu sagen hat: Billy Horschel bleibt in Eichenried nicht nur wegen seines 26. Rangs in Erinnerung.

Eine Werbefigur, die etwas zu sagen hat: Billy Horschel bleibt in Eichenried nicht nur wegen seines 26. Rangs in Erinnerung.

(Foto: Christian Kolbert/dpa)

Geldgier scheint im Golfsport gerade modern zu sein. Dass ab und zu Pokale und Siege noch zählen, zeigen die vergangenen Wochen - auch das Finale des Turniers in Eichenried.

Von Felix Haselsteiner, München

Der letzte Putt der BMW International Open war schon eineinhalb Stunden vorbei, die Anlage hatte sich längst geleert, da stand Billy Horschel mit einer Bierflasche in der Hand vor einer Gruppe freiwilliger Turniermitarbeiter und referierte über die Zukunft seines Sports. Es seien "schwierige Zeiten" im Golf, sagte er, man müsse sich Gedanken darüber machen, wie es weitergehen könne. Seine kleine Ansprache endete in großem Applaus, Horschel erfüllte letzte Autogrammwünsche, dann machte er sich auf in Richtung Ausgang. Zurück blieben verblüffte Turniermitarbeiter.

Dass das Gesicht des Turniers, den der Hauptsponsor nach München eingeflogen hatte, der Fünfzehnte der Weltrangliste am Sonntagabend spontane Ansprachen hält, ist bemerkenswert: Andere Spieler seines Kalibers haben in den vergangenen Jahren ihr Antrittsgeld freundlich in Empfang genommen, ein wenig Golf gespielt, sich in Lederhosen fotografieren lassen und sind wieder abgereist. Mit anderen Worten: Andere haben sich so verhalten, wie es gerade in der Golfwelt üblich zu sein scheint, in der Schlagzeilen von Profis bestimmt werden, die sich einer saudi-arabischen Sportswashing-Tour anschließen, weil sie dort viele Millionen als Antritts- und Siegprämie entgegennehmen.

Die Debatten darum, in welche Richtung sich der europäische Golfsport angesichts der neuen LIV-Tour entwickeln wird, haben in diesem Jahr auch das Eichenrieder Turnier bestimmt, das lieber familiär daherkommt als hochpolitisch. Eine Mitteilung am Freitag, wonach die europäische DP World Tour Sanktionen gegen die abtrünnigen Spieler verhängen würde, hatte für gespaltene Reaktionen gesorgt: Die einen fanden es ungerecht, wie LIV-Spieler Martin Kaymer, der "die Kritik nicht nachvollziehen" konnte. Andere wollten gar nichts sagen - manche bezogen klar Stellung für die Sanktionen.

Der Turniersieger, der Chinese Li Haotong, kann seine Emotionen kaum zurückhalten

"Mit der Bedrohung durch die LIV Tour", sagte auch Horschel, sei es "noch wichtiger, dass die Beziehungen zwischen der PGA Tour und der DP World Tour stärker werden." Er wolle seinen Teil dazu beitragen und in den kommenden Jahren öfter nach Europa kommen, auch wenn es nicht einfach sei, weil er so auf Turniere in den USA verzichten müsse. Der Amerikaner sprach unter der Woche offen über die Vorwürfe gegenüber seiner Sportart, dass Geld doch alles sei, was Golfer interessiere: Vor einigen Jahren habe er sich während einer Regenpause bei einem Turnier mit anderen Spielern darüber unterhalten, was denn die Geldsumme sei, bei der sie aufhören würden zu spielen, erzählte Horschel. Seinen genauen Betrag nannte er nicht, aber: "Ich habe ihn längst erreicht und spiele immer noch."

Horschel wurde in München nun 26., in Erinnerung bleiben wird er weniger wegen seiner Leistung am Platz, sondern vor allem wegen seines Auftretens daneben. Die Offenheit gegenüber den Fans, das Interesse an der europäischen Golf-Kultur, das alles wirkte ehrlich und so, als gäbe es da eine Gegenbewegung: Die einen heben ab, wie der Spanier Sergio Garcia, der - nachdem er in seiner Karriere allein 43 Millionen US-Dollar Preisgeld eingenommen hatte - zuletzt laut einem Bericht prahlte, er bekäme nun von den Saudis "endlich" das bezahlt, was er sich längst verdient habe. Die anderen versuchen dem entgegenzuwirken, wie Horschel, der sagte, er sei allein daran interessiert, Turniere zu gewinnen - das Geld bekomme man ohnehin als Draufgabe.

Dass der Sport auch im Golf noch immer am meisten zählt, haben die Ereignisse der vergangenen drei Wochen seit dem Start der LIV-Tour bewiesen: Die Golferin Linn Grant gewann als erste Spielerin ein Männerturnier, der Engländer Matt Fitzpatrick erspielte sich bei den US Open auf fabulöse Art seinen ersten Major-Sieg. Und nun folgte das nächste Kapitel in Eichenried.

Der Chinese Li Haotong konnte seine Emotionen am frühen Sonntagabend kaum zurückhalten, als er nach viereinhalb Jahren wieder ein Turnier gewann: Er sprang herum, er weinte, er kniete nieder auf dem Grün des 18. Lochs, das er in Erinnerung behalten dürfte als jenen Ort, an dem er sein Comeback mit einem Pokal krönte. 333 000 Euro Preisgeld bekam er für seinen Sieg, auf der Saudi-Tour hätte er dafür nur 13. werden müssen, aber dann hätte er vermutlich nicht schluchzend in die Mikrofonen gesagt, dass für ihn "ein Traum in Erfüllung gegangen" sei: "Ich hätte nie im Leben gedacht, dass ich noch mal einen Pokal in meinen Händen halten kann."

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