Golfsport:Riese und Wunderkind

Martin Kaymer nähert sich mit 24 Jahren den Sphären, in denen Bernhard Langer schwebte - für die deutsche Bewerbung um den Ryder Cup 2018 kommt das wie gerufen.

Josef Kelnberger

Aus welchem Stoff Helden des modernen Sports gemacht sind? Talent, Ausdauer, Leidenschaft, alles richtig, aber letztlich bündeln sich alle Eigenschaften in einem Kriterium: Fernsehpräsenz. So ist zu erklären, dass Martin Kaymer bei der Wahl zum Sportler des Jahres 2008 nicht unter den besten zehn landete, obwohl sein Aufstieg in die Elite des Profigolfs schon damals erstaunliche Züge trug. Englische Zeitungsleser und amerikanische Fernsehzuschauer wurden besser über diesen jungen Mann informiert als so mancher deutsche Sportkonsument. Nun allerdings ist Kaymer auf dem Weg, die Grenzen zu sprengen, die ihm das Bezahlfernsehen setzt. Zwei große Siege samt 1,1 Millionen Euro Preisgeld in sieben Tagen - aus solchem Stoff sind Schlagzeilen gemacht.

Golfsport: Martin Kaymer bei seinem zweiten Turneirsieg innerhalb von einer Woche.

Martin Kaymer bei seinem zweiten Turneirsieg innerhalb von einer Woche.

(Foto: Foto: Getty)

So lange hat man nach dem neuen Langer gefahndet, dass diesem Attribut schon ein Makel anhaftet: viel Getöse, nichts dahinter. Kaymer aber nähert sich mit 24 Jahren den Sphären, in denen Bernhard Langer schwebte. Rang elf der Weltrangliste, höher war Langer zuletzt vor 13 Jahren platziert. Die Erwartung, das deutsche Wunderkind müsse jetzt einen großen Titel holen, gleich am Wochenende bei der British Open, um zu zeigen, dass er wirklich zu den Großen zählt, ist absurd. Angesichts der globalen Konkurrenz lassen sich Siege nicht planen, und noch jeder Golfer hat Krisen überstehen müssen. Bernhard Langer feierte den ersten Sieg beim US Masters mit 27 Jahren. Phil Mickelson, einst als amerikanisches Wunderkind gefeiert, musste warten, bis er 34 war. Und so manches Supertalent schafft es nie.

Martin Kaymer scheint ausreichend Bodenhaftung zu besitzen, um mit den Erwartungen umzugehen. Für die deutsche Bewerbung um den Ryder Cup 2018 kommt die Aufregung um Kaymer wie gerufen. Als "schlafender Riese" preist sich das deutsche Golf an beim Versuch, den Erdteilkampf zwischen Europa und den USA, das größte Golfturnier der Welt also, ins Land zu holen. Am Ende des Langer-Booms sind nur noch zwei Profiturniere in Deutschland verblieben, und eines davon, ausgerechnet jenes der Gebrüder Langer, hat gerade seinen Titelsponsor verloren. Vielleicht macht Kaymer dem Riesen jetzt ein bisschen Beine.

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