Golf:Von Vögeln und Würsten

BMW International Open - Day Three

Takk, takk: Der Norweger Viktor Hovland hat in Eichenried nicht nur Staub aufgewirbelt, sondern das Turnier gewonnen.

(Foto: Andrew Redington/Getty Images)

Die Lehre aus vier Tagen Golf in Eichenried: Journalisten sollten Norwegisch-Sprachkurse belegen, und der Turnierdirektor hat womöglich sogar Einfluss auf das Wetter. Beobachtungen in Episoden.

Von Felix Haselsteiner

Der ganz große Vogel

Natürlich hatte der Hauptsponsor des Turniers auch in diesem Jahr wieder einen Preis für ein Hole-in-One ausgeschrieben: Wer auf Loch 17, einem Par 3, mit dem ersten Schlag eingelocht hätte, hätte sich nach dem Turnier direkt mit einem neuen Auto in den Feierabendverkehr im Münchner Umland stürzen dürfen. Allein: An Loch 17 schaffte das Kunststück niemand, sondern nur am Loch davor. Der junge Schwede Vincent Norrman lochte am 16. Loch mit dem ersten Schlag aus knapp 250 Metern ein - und das, obwohl die 16. Bahn ein Par 4 ist! In der Fachsprache, die im Golf nach Vogelarten ordnet, nennt sich so ein Ergebnis - drei Schläge weniger, als man auf dem Loch eigentlich benötigen sollte - "Albatros" und ist die Steigerung von Birdie (eins unter Lochstandard) und Eagle (zwei). Norrman schoss also den ganz großen Vogel ab. "Sie sollten den Preis am 16. Loch vergeben", sagte er nach seinem Wunderschlag lachend - und mit einer Flasche Champagner in der Hand, dem Trostpreis.

Der einzige, beste Amateur

Bei der Siegerehrung am Sonntag stand neben Titelträger Viktor Hovland (später mehr zu ihm) und dem Deutschen Martin Kaymer noch ein dritter Ehrengast auf dem Grün des 18. Lochs: Matthias Schmid, 23, aus Regensburg, wurde als bester Amateurspieler des Turniers ausgezeichnet. Überraschend war das in zweierlei Hinsicht nicht: Zum einen war Schmid der einzige Amateur im Feld, seine Konkurrenz daher nicht wirklich vorhanden. Doch selbst wenn noch andere Amateure bei den BMW International Open mitgespielt hätten: Ob sie gegen Schmid eine Chance gehabt hätten, ist fraglich. Der 23-Jährige gilt derzeit als größtes deutsches Talent, qualifizierte sich bereits für Major-Turniere und will demnächst Profi werden. Dass er für Platz 15 in Eichenried kein Preisgeld erhielt, ist ihm nach eigener Aussage nicht so wichtig: "Ich habe noch 30 Jahre, um hier Geld zu verdienen", sagte Schmid am Samstag.

Lernt Norwegisch!

Viktor Hovland musste als Sieger am Sonntag natürlich viele Fragen beantworten und tat dies auf überaus sympathische und geduldige Art. München? Fand er super, auch wenn es nur einmal für einen Besuch im "Seehaus" im Englischen Garten gereicht hatte. Das Turnier? "Es hat europäischen Charme", was die freundlichste Umschreibung war für: Es ist kein großer amerikanischer Golfplatz mit riesigem Clubhaus und elitärer Atmosphäre, sondern eben Eichenried: Kompakt, familiär, unprätentiös. Dann jedoch wurde es schwieriger: "Takk, takk", dankte Hovland, das war gerade noch verständlich. Dann begann er sich mit den norwegischen Kollegen per Videoschalte zu unterhalten. Ab und an lachte Hovland, es musste jemand etwas Lustiges gesagt haben. Den ein oder anderen Ortsnamen konnte man erahnen, aber Hovlands schnelle Aussprache wäre wohl selbst für halbwegs sprachkundige Zuhörer eine Herausforderung gewesen. Nach Erling Haaland ist Hovland der nächste Norweger, der in Deutschland die Presse herausfordert - allmählich lohnt sich für Journalisten ein Sprachkurs. "Macht das, wir Norweger kommen immer mehr", sagte Hovland darauf angesprochen. Dann verabschiedete sich der diesjährige Sieger in einige Tage Heimaturlaub.

BMW International Open - Day One

Gestärkt vom Bavarian Frühstück: Der Engländer Andrew Johnston.

(Foto: Andrew Redington/Getty Images)

Zuzeln à la Tennessee

Einem Nichtmünchner das Zuzeln beizubringen, gilt als eine der schwierigsten Aufgaben, die man als Münchner bestreiten kann. Man wird in solchen Situationen erst ungläubig angestarrt, dann ausgelacht und meistens muss auch noch eine Weißwurst dran glauben. Insofern sollte man Stephan Jäger ein Kompliment machen. Der Eichenrieder, der hier einst das Golfspielen lernte, brachte während der Woche dem Engländer Andrew Johnston das korrekte Verspeisen eines bayerischen Mahls bei: Die korrekte Aussprache des Wortes Brezn war Lektion Nummer eins, Einschenken eines Weißbiers die zweite, es folgte das Zuzeln als Königsdisziplin. Jäger zog das Brät aus der Wurst so geschickt heraus, als täte er neben dem Golfspielen nichts anderes - was insofern respektabel ist, als dass Jäger seit Jahren in Tennessee lebt, wo die Weißwurst nicht gerade heimisch ist. Johnston tat es ihm nach und war dabei für einen ersten Versuch überaus erfolgreich. Wen wundert es: Der Spitzname des Engländers ist "Beef", weil er so gerne Burger isst, Fleischexpertise war also vorhanden. Die Folge des Zuzel-Workshops dürfte wiederum Jäger nicht zufriedenstellen: Der Eichenrieder spielte nicht gut und musste nach zwei Tagen das Turnier beenden - sein englischer Kollege landete frisch gestärkt auf Platz 15.

Der Regisseur

Wer sich während des Turniers auf der Anlage in Eichenried bewegt, wird mindestens drei Mal am Tag einem groß gewachsenen Mann mit wachem Blick begegnen, der jeden kennt und von jedem erkannt wird: Turnierdirektor Marco Kaussler ist Dreh- und Angelpunkt des Münchner Turniers und vermittelt zwischen Spielern, Managern, Regelhütern, Platzarbeitern, Sponsoren, Pressemitgliedern, Volunteers, Sicherheitsleuten und allen anderen, die es irgendwie auf die Anlage geschafft haben. Vermutlich regelt Kaussler an den Turniertagen auch den Flugverkehr der Honigbienen, es ist wahrlich beeindruckend wie ubiquitär der Manager ist. Enttäuscht zeigte er sich zwar über die fehlenden Zuschauer. Der Landkreis Erding hatte nur ein paar Hundert jeden Tag zugelassen. Vom Glück gesegnet war Kaussler dennoch: Zum Turnierstart zeigte er aufgeregt Bilder auf seinem Handy, die die Gewitterschäden auf anderen Plätzen im Münchner Umland dokumentierten. Eichenried war verschont geblieben, und wenn dabei jemand seine Hände im Spiel hatte, dann sicherlich Kaussler.

Kaymer und Kessler

Sobald Martin Kaymer seine Runde und die Interviewtermine danach hinter sich gebracht hatte, führte sein erster Weg an den weißen Zaun, der in Eichenried zwischen Bubble und Nicht-Bubble trennte: Hinter den Zaun durften nur diejenigen, die im offiziellen Hotel wohnten und die Tage gemeinsam in einer getesteten Turnier-Blase verbrachten. Kaymers Gesprächspartner war auf der anderen Seite geblieben: Günter Kessler, der Trainer, der aus dem jungen Mettmanner den besten deutschen Golfer des vergangenen Jahrzehnts gemacht hat, arbeitete in dieser Woche mit seinem Schützling an dessen Schlägen und begleitete ihn später auf der Runde als Zuschauer, es gab also immer viel zu besprechen. Das Training hatte nämlich direkten Effekt, berichtete Kaymer am Samstag: "Den Abschlag auf Loch vier, direkt auf das Grün mit dem Driver, konnte ich nur machen, weil Günter und ich gestern daran gearbeitet hatten."

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