Golf:Verloren im Pinienstroh

Sergio Garcia scheitert beim Masters in Augusta vorzeitig - jenem Turnier, bei dem er 2017 zum Major-Sieger wurde. In diesem Jahr fällt der Spanier zurück in eine alte Rolle.

Von Felix Haselsteiner

Der Abschlag auf dem 18. Loch besiegelte Sergio Garcias vorzeitige Abreise aus dem Augusta National Golf Club. Rechts vom Fairway, im hellbraunen Pinienstroh, aus dem sich meist nur behelfsmäßig schlagen lässt, landete sein letzter Schlag mit dem Driver, Garcia konnte das Grün von dort aus nicht anspielen - wenige Minuten später puttete er zu einem Bogey ins Loch. Vier über Par lautete sein Ergebnis somit nach den ersten beiden Tagen, genau dieser eine Schlag fehlte Garcia, um den Cut zu schaffen. Zum zweiten Mal in Serie verlässt der Masters-Sieger von 2017 das erste Major des Jahres, bevor es wirklich ernst wird; was die Frage aufwirft, wie innig die Liebe des Spaniers zu Augusta wirklich ist.

Zwei Jahre und ein paar Tage ist es nun her, dass auf ebenjenem 18. Grün aus El Niño, "dem Jungen", wie Garcia seine Karriere über gerufen wurde, ein Major-Champion wurde. An diesem 9. April 2017 schien es, als würde der Spanier endlich all die Erwartungen erfüllen, die in ihn gesetzt wurden, seit er Anfang der 2000er Jahre als wilder, emotionaler, manchmal auch aufreizend arroganter Jungstar die Golfbühne betrat. Garcia war damals einer von drei Golfern des Jahrgangs 1980, die den Sport in den vergangenen zwei Jahrzehnten entscheidend mitbestimmten: Der Engländer Justin Rose, der Australier Adam Scott und der Spanier Garcia galten als die Prototypen einer neuen Golfgeneration mit athletischen Körpern und modernen Schwüngen. Alle drei jedoch kämpften über den Großteil ihrer Karriere nicht nur gegen die Übermacht von Tiger Woods, sondern gleichzeitig mit dem Ruf, aus ihrem Talent zu wenig rauszuholen. Dann aber gewann Scott 2013 das Masters, Rose im selben Jahr die US Open - und Garcia? Der blieb weiterhin das ewige, schwierige Talent: Er schmiss Schläger, versagte in den wichtigsten Momenten und verlor sich danach gerne in Ausreden.

Als Garcia der große Triumph gelang, freuten sich sogar seine Gegner

Mit dem Masters-Triumph von 2017 schien somit nicht nur die ewige Last von Garcia selbst abzufallen, nein, ein Großteil der Golfwelt freute sich mit ihm: Die Patrons, wie die Zuschauer in Augusta genannt werden, skandierten "Ser-gi-o, Ser-gi-o"-Sprechchöre, um das Grün herum standen viele von Garcias Konkurrenten, sie alle zollten ihm den verdienten Tribut. Selbst sein Gegner im Playoff, ausgerechnet der Engländer Rose, schien sich fast mehr für seinen Freund Garcia zu freuen als über die eigene Niederlage zu ärgern. Die Welt des Sergio Garcia, sie war nun im Reinen. Bei fast allen öffentlichen Terminen trug er mit Stolz das grüne Siegerjackett von Augusta, im Herbst 2017 heiratete er die ehemalige Golf-Reporterin Angela Akins, im Frühjahr 2018 folgte die Geburt einer Tochter, sie trägt den Namen Azalea, benannt nach dem 13. Loch in Augusta, das von Azaleen-Büschen gesäumt wird.

Doch es sollte das 15. Loch - das den Namen Firethorn trägt - werden, auf dem Garcias starke Phase ein Jahr später ein Ende fand. Fünf Bälle versenkte er in dem Teich vor dem Grün, er spielte auf dem Par Fünf eine 13, das höchste Ergebnis, das jemals auf einem einzelnen Loch beim Masters gespielt wurde. Garcia verließ den Ort seines größten Triumphs 2018 mit hängenden Schultern, es dauerte bis in den Herbst hinein, bis er wieder zu seinem Spiel zurückfand. Beim Ryder-Cup-Triumph des europäischen Teams in Paris holte er drei Punkte in seinen Matches, spätestens jetzt nannte man ihn nicht mehr El Niño, sondern vielmehr "Mr. Ryder Cup", weil er in diesem Kontinentalvergleich mit den Amerikanern mehr Punkte verbucht hat als irgendwer sonst (25,5).

Umso erstaunlicher ist, dass der Reifeprozess des Sergio Garcia im Jahr 2019 ins Stocken geriet. Anfang des Jahres zerhackte er in einem Wutanfall mehrere Grüns in Saudi-Arabien, vor einigen Wochen sorgte ein Zwist mit seinem Matchplay-Gegner Matt Kuchar auf der PGA-Tour für Schlagzeilen. Garcia ist weiterhin 26. der Weltrangliste, schaffte bereits vier Top-10 Platzierungen im laufenden Jahr. Die Ausgeglichenheit, die Ruhe, die er jedoch nach seinem Triumph von 2017 ausstrahlte, ist ihm erneut abhanden gekommen. "Wenn ich mich nicht wohlfühle auf einem Platz und nicht bereit für ihn, kann ich nicht gut spielen", sagte Garcia einmal. Es scheint, als wäre das derzeit der Fall. In dem Trio des Jahrgangs 1980 jedenfalls nimmt der Spanier nun wieder die Rolle des exzentrischen Talents ein: Während Garcia im Jahr 2019 Grüns zerhackt, ist Rose die Nummer Eins der Welt und Scott beim Masters in der Spitzengruppe zu finden.

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