Süddeutsche Zeitung

Golf:Der neue Woods ist entspannt und bescheiden

  • Erstmals seit dem Masters-Triumph tritt Tiger Woods wieder an.
  • Bei der PGA Championship geht er die Jagd auf den 16. Major-Titel entspannt an.
  • Der 43-Jährige könnte die älteste Nummer eins der Welt werden.

Von Gerald Kleffmann

Die Privacy kam vor zwei Wochen, sozusagen als Vorhut, um schon mal anzudocken für den Herrn und Meister. Und so lag sie da, die Yacht, im Oyster Bay Marine Center auf Long Island, schaukelte sanft auf den Wellen, wie all die schönen Paparazzi-Bilder zeigten, die seitdem geschossen wurden. 18 Millionen Dollar hat das gute Stück angeblich den Besitzer gekostet, das auf den Namen Privacy getauft wurde. Fünf Kabinen, zehn Zimmer, drei Wasserscooter, zwei Vespas, allerhand wurde recherchiert, ob das genau so stimmt, ist eine andere Frage. Denn der Herr und Meister spricht ja nie über seine Luxusgüter. Er lässt lieber Golftaten für sich sprechen.

Als er dann höchstselbst auftauchte, war die Aufregung entsprechend groß, was sich allein an der Themenvielfalt vor diesem zweiten (und im Kalender nun vorgezogenen) Major-Turnier der Saison ablesen lässt. In den US-Medien gibt es erst mal Tiger Woods, der analysiert wird, dann Woods, noch mal Woods, und zu guter Letzt Woods. Ach, dass Titelverteidiger Brooks Koepka, der drei der vergangenen acht Majors gewann, auch ein guter Golfer ist, rutschte als Meldung noch durch. Und dass Justin Thomas, Nummer fünf der Welt, verletzt fehlt, stand im Kleingedruckten. Das ist die Lage vor der PGA Championship auf dem Bethpage Black Course im Bethpage State Park, der so höllisch schwer zu bewältigen ist mit seinen vielen Bunkern und dem hohen Rough entlang den Bahnen, dass eigens ein Schild darauf hinweist und warnt: Spielen auf absolut eigene Gefahr!

Im Grunde ist dieser erstaunlicherweise immer noch öffentliche und damit für jedermann zugängliche Kurs ein Star unter den Ostküsten-Plätzen. Aber auch diesen Ruhm überlagert Woods durch den seinigen. Ober sticht Unter.

Eines der größten Comebacks

Tiger Woods, 43, war schon immer eine Ausnahmeperson im Golf, im globalen Sport auch, sein Leben, gespickt mit Rekorden und dann körperlichem und persönlichem Auf und Ab, zog und zieht viele in den Bann. Im April, mit dem Triumph beim Masters, 22 Jahre nach seinem ersten an dieser heiligen Stätte in Augusta, gelang ihm das, was nicht nur die Branche als eines der größten Comebacks feierte. Bei 15 Majorsiegen ist Woods angelangt, dabei lag der 14. elf Jahre zurück, viel war ihm nicht zugetraut worden nach der vierten Rückenoperation.

Nun, vor der ersten Runde an diesem Donnerstag, die Woods mit Koepka und dem Italiener Francesco Molinari bestreitet, ist er der Favorit, auch unter den Buchmachern auf der nicht ganz verarmten Halbinsel östlich von New York. Ob ihn das unter Druck setzt? Als Woods am Mittwoch vor die Medien trat, lächelte er viel und wirkte Berichten und Fotos zufolge so entspannt, als habe ihn die Privacy herzallerliebst in den Schlaf gewippt.

Die meilenweit aufgetürmten Erwartungen scheinen ihn nicht zu tangieren, ohnehin blickt er weitaus weniger hysterisch auf seinen Erfolg beim Masters als mancher von außen. Er habe sich nur in eine gute Position am Schlusstag spielen wollen, aber dann habe Molinari mit dem Wasserschlag an der 12. Bahn "Pandoras Box geöffnet". Er sei eben der glückliche Verfolger gewesen, der davon profitierte. Und ja, der Sieg sei schön und anders gewesen - aber vor allem, weil seine zwei Kinder dabei gewesen seien. Aus seinen geerdeten Erläuterungen ließ sich folgern, dass er sich nicht gleich wieder in Sphären wähnt, in denen er seine Gegner dominiert oder plattmacht wie zu seinen besten Zeiten in den Nullerjahren.

Er bestätigte diesen Eindruck auch mit einer kleinen Beichte wie dieser: Er belade seinen Körper längst nicht mehr mit drei-, vierstündigen Schichten auf der Driving Range - "die Tage sind vorbei". Kräftige Oberarme samt kräftigem Nacken hat er dennoch nach wie vor. Auch wenn er sich seit dem Masters vier Wochen frei genommen hatte. Das einzige, das ihn belastete, war der Unfalltot eines Mitarbeiters seines Restaurants (dessen Familie will Woods nun, wohl wenig aussichtsreich, verklagen). Er kondolierte den Angehörigen.

Der neue Woods wird er mancherorts genannt, in gewisser Weise stimmt diese Zuspitzung durchaus. Der alte Woods hätte sicher mehr von den nächsten Bestleistungen gesprochen, die für ihn möglich sind, die älteste Nummer eins der Welt kann er mit einem Sieg werden. Und er könnte mit seinem 82. Turniererfolg auf der US Tour den legendären Schwungästheten Sam Snead einholen. Der neue Woods aber, von Donald Trump mit der Freiheitsmedaille des Präsidenten ausgezeichnet, lebt mehr denn je in der Gegenwart. Klar bejahte er die Frage, ob er 2020 gern bei Olympia starten würden. "In meinem Alter hat man nicht so viele Gelegenheiten dazu", sagte er heiter. Aber es klang durch: So genau kennt er nicht den Qualifikationsmodus, er müsse oft gut spielen, das wusste er nur. "Die Trainingseinheiten waren sehr gut. Ich bin schon sehr aufgeregt, auf den Golfplatz zurückzukehren", versicherte Woods noch, und dann sagte der Privacy-Besitzer in Vorfreude auf seine Spielpartner: "Der Flight wird für uns alle eine Bootsladung Spaß sein."

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Quelle:
SZ vom 16.05.2019
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