Golf:Summen erwünscht

Valley Golfclub: Wildbiene

Wohlfühl-Paradies Magerwiese: Unter den vielen angesiedelten Wildbienen-Arten hat sich auch die Gehörnte Mauerbiene im Golfklub Valley niedergelassen.

(Foto: OH)
  • Auf der Anlage Golf Valley bei Holzkirchen, unweit von München, hat die Natur das Kommando übernommen, diverse Pflanzen- und Tierarten bevölkern das Gebiet neben den Bahnen.
  • Der Präsident der Anlage gibt zu, dass er sein Projekt auch deshalb anschiebt, weil Golf ein schlechtes Image habe. "Wir wollen zeigen, dass wir Natur nicht zerstören, sondern ihr Gutes tun", sagt er.

Von Gerald Kleffmann

Michael Weichselgartner zieht ein Foto nach dem anderen hervor. Seine Augen strahlen begeistert. "Schauen Sie!", sagt er. "Kreuz-Enzian. Johanniskraut. Acker-Witwenblume. Hier: Hornklee. Königskerze. Blutweiderich. Und hier: Ackerdistel. Die ist ganz wichtig." Für jenes Tierchen, das Weichselgartner am meisten ans Herz gewachsen ist: die Wildbiene. "Sie brauchen die Disteln", sagt der 66-Jährige und nippt in seinem Büro am Wasserglas. Weichselgartner ist der Gründer, Besitzer und Präsident der Anlage Golf Valley bei Holzkirchen, unweit von München. 2006 hat der frühere Unternehmer, durch eine Biotech-Firma reich geworden, sich den Traum vom eigenen Golfplatz erfüllt. Sein zweiter klappte nicht.

Zwei Mal hatte sich Weichselgartner mit seinem Klub um eine Ausrichtung für den Ryder Cup bemüht, den spektakulären Teamwettbewerb zwischen Europa und den USA. Beide Male scheiterte er im nationalen Bewerbungsverfahren bei der Vorauswahl an merkwürdigen Vorgängen, er hatte gute Gründe, sich übergangen gefühlt zu haben. Manchen war er zu unbequem. Alte Geschichten, abgehakt. Weichselgartner hat seine Energie, die er immer noch ausstrahlt, umgeleitet, in die Jugendarbeit. Und in sein Naturprojekt, das sich nach zehn Jahren prächtig entwickelt hat.

Vergangene Woche fand in Golf Valley die German Futures statt, das größte internationale Nachwuchsturnier in Bayern. Danny Wilde, früher Trainer und Caddy des deutschen Golfprofis Alex Cejka und nun sportlicher Leiter in Valley, hat dieses Jugendevent aufgezogen. Wilde schaut auch kurz im Büro vorbei, und als er die Fotos sieht, setzt er sich interessiert dazu. Die Artenvielfalt, die auf 70 Hektar Fläche entstand, ist so reich, dass auch Wilde immer wieder etwas Neues von Weichselgartner erfahren kann. Der hat sich seit vergangenem Jahr regelrecht in den Kosmos der Magerwiese (ohne Humusschicht) hineingearbeitet.

"Am Anfang war ich doch ahnungslos", gibt er zu. Lange hatte er etwas stiefmütterlich die Gewächse wahrgenommen. Bis ihm Gunther Hardt, der beim Deutschen Golf-Verband das Projekt "Golf und Natur" leitet, gesagt habe: Er habe die ökologisch wertvollste Anlage Europas. "Ich konnte das erst nicht glauben", sagt Weichselgartner. Aber jetzt ist es tatsächlich so: Entlang der Bahnen hat die Natur das Kommando übernommen und wird sich selbst überlassen. In Golfklubs, in denen sonst gerne alles kontrolliert wird, was wächst und gedeiht, ist das eine Seltenheit.

Eine Biologin entdeckte 200 Pflanzenarten

Weichselgartner gibt zu, dass er sein Projekt auch deshalb anschiebt, weil Golf ein schlechtes Image habe. "Wir wollen zeigen, dass wir Natur nicht zerstören, sondern ihr Gutes tun", sagt er. Helfen bei der PR könnte ein Zertifikat, das Golf Valley vom DGV erhalten wird. Binnen eines Jahres hat sich der Klub von Bronze über Silber zu Gold hochgearbeitet; letzteres erhält Weichselgartner am 5. Oktober; die Auszeichnung wird nach einer Art TÜV vergeben, alles, was das Zusammenwirken zwischen Golf und Natur fördert, erhält ein Plus. Die Anerkennung, die Valley erfährt, geht über die Branche hinaus. Eine Biologin detektierte, wie das heißt, mehr als 200 Pflanzenarten für eine Arbeit. 2019 wird das Bayerische Umweltministerium anrücken, die Behörde will eine Insektenkartierung vornehmen. Sie sollten dicke Blöcke mitbringen, es gibt viel aufzuschreiben.

Aber nicht nur Heuschrecken, Käfer, Libellen, Schmetterlinge, Falter dürften das Interesse dann auf sich lenken. 22 Wildbienen-Arten hat Weichselgartner schon selbst ausfindig gemacht. Darunter die gelbbindige Furchenbiene. Und die Blaue Holzbiene. Diese lebe eigentlich mehr Richtung Mittelmeerraum, erklärt Weichselgartner. Deren Auftauchen sei ein Indiz für eine Klimaveränderung. Und wie das so ist in der Natur, wenn Gewächse wachsen und Kleintiere kommen - dann rücken auch die größeren an. Schlangen sind gesichtet worden, Mäuse, die haben wiederum Falken angelockt. Sogar ein Rotmilan, ein bedrohter Raubvogel hat sich sesshaft gemacht. "Die Magerwiese ist ein Paradies", sagt Weichselgartner, der auch begeistert von fünf Lerchenpaaren berichtet, die bei ihm zu finden sind. Eine Rarität. Wie die Braunkehlchen, die gesichtet wurden. Und der Waldrapp.

Im Klub finden die Wiesen, die nur einmal im Herbst gemäht werden, um sich zu erholen, großen Anklang. "Wildbienen stechen nicht", versichert Weichselgartner. Gut zu wissen, falls der Ball im hohen Gras landet. Auch der Austausch mit der Naturschutzbehörde in Miesbach sei intensiv. "Es wäre schön, wir könnten Klubs inspirieren, mehr für die Natur zu tun", sagt der Präsident. "Wenn man bedenkt, dass hier vor uns ein Flughafen war und eine hochenergetische Sende-Anlage, die Leben vernichtete, können wir stolz sein, was hier an Leben entstand."

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