Süddeutsche Zeitung

golf spielen:Der Eismann greift an

Aus der Yips-Krise in die Top fünf der Welt: Der Schwede Henrik Stenson, bester europäischer Golfer, träumt jetzt vom Gewinn der British Open

Petra Himmel

Eine Weile lang hatte er Probleme, nur diese Weltkugel zu treffen." Pete Cowen sagt das, und Pete Cowen kennt so ziemlich jedes Grauen, das im Zusammenhang mit dem Golfschwung auftreten kann schon von Berufs wegen. Er ist Golfcoach - auch von Henrik Stenson. Und erst mit der Person des jungen Schweden hat Cowen wirklich alle Grauen des Golfschwungs kennen gelernt. "Das war so ziemlich das härteste, was mir als Trainer jemals untergekommen ist", erinnert sich der Brite an ihre Zusammenarbeit während der Saison 2002. Da hatte der junge Schwede, der 2001 gerade seinen ersten European Tour-Sieg bei der Benson & Hedges International Open geholt hatte, den Yips. Jene Form des Muskelzuckens also, die manchmal das Putten, bei anderen das Chippen, in seinem Fall den vollen Schwung unmöglich machte. Auf dem Höhepunkt der Schwungkrise stellte der damals 25-Jährige nach neun Löchern bei der European Open das Spiel ein und sagte zu seinen Flightpartnern, ohne ihn seien sie auf dem Platz viel besser unterwegs. "Die Bälle gingen überall hin", erinnert sich Stenson heute. Er hat schon zigmal über die Yips-Phase gesprochen, erinnert sich nicht gerne. "Die ersten provisorischen Bälle stören ja noch nicht so. Aber nach einer Weile, wenn der Caddie schon immer im Bag sucht, ob er auch einen provisorischen Ball zur Hand hat, wenn man selbst über dem Drive steht, dann weiß man, dass man ein Problem hat." In Zahlen ausgedrückt las sich das Problem so: Acht von 22 Cuts in der Saison 2002, 42.283 Euro Preisgeld, Rang 176 der Order of Merit. Cowen und Stenson haben sich dem Yips auf jede nur erdenkliche Art genähert und ihn am Ende besiegt.

Inzwischen ist alles eitel Sonnenschein. Fünf Jahre nach dem Karriere-Tiefpunkt hat der 30-Jährige einen neuen Höhepunkt erreicht. Im Herbst versenkte er den entscheidenden Putt zum Sieg Europas im Ryder Cup in Irland. Bei der Dubai Desert Classic in seinem Heimatclub Emirates GC ließ er in der Finalrunde Tiger Woods und Ernie Els mit einer 68 hinter sich. Die Accenture Match Play Championship, das erste World Tour- Turnier in diesem Jahr, holte er sich durch einen Sieg im 36-Löcher-Finale gegen den amtierenden US Open-Champion Geoff Ogilvy. "Henrik kann alles gewinnen", sagte Ogilvy danach. Stenson selbst sieht das genauso: "Ich will jetzt in Amerika siegen. Ich habe eine Startberechtigung für alle Majors, jetzt wage ich mich an die richtig großen Sachen ran." Trotz seiner zuletzt großen Erfolge ist der derzeit beste Europäer fast unbemerkt bis auf Rang fünf der Weltrangliste hinter Tiger Woods, Phil Mickelson, Jim Furyk und Adam Scott vorgestoßen. Der stille Schwede, der seit Dezember verheiratet ist und dessen Frau Emma demnächst das erste Kind erwartet, ist kein Mann der großen Geste, lauten Töne. "Mr. Iceman" hat ihn einst ein großes amerikanisches Golfmagazin genannt. Herr Eismann. Tatsächlich mag er den amerikanischen Rummel nicht, weshalb er seinen Wohnsitz in Dubai gesucht hat.

Seinen Vorbehalten gegen den American Way of Life zum Trotz wird Europas neuer Star in dieser Saison seine Arbeit vorrangig in den USA verrichten. Die "richtig großen Sachen", die er in Angriff nehmen will, werden dort veranstaltet. Drei Majors und drei World-Tour-Turniere finden 2007 in den USA statt. Sucht Stenson den Major-Sieg auf europäischem Boden, muss er sich auf die British Open konzentrieren. Das wäre ihm ohnehin am liebsten. "Ich hatte zwei Kindheitsträume", merkte er nach seinem Sieg bei der Matchplay Championship an, "im Ryder Cup spielen und die British Open gewinnen." Nur den letzteren muss er noch realisieren.

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