Golf:Spezialist fürs Finale

BMW International Open - Day One

Überzeugend bislang: Bei den BMW International Open im GC München Eichenried hat sich Bernd Wiesberger nach zwei guten Runden in Position fürs Wochenende gebracht.

(Foto: Andrew Redington/Getty)

Bernd Wiesberger zählt mittlerweile zur europäischen Elite - und darf sich nun berechtigte Hoffnungen machen, als erster Österreicher am Ryder Cup teilzunehmen.

Von Felix Haselsteiner, München

Zwei Jahre ist es her, da saß Bernd Wiesberger im VIP-Zelt der BMW International Open - damals noch ein gut gefüllter Ort - und erzählte von der schwierigsten Zeit seiner Karriere. Eine Handverletzung hatte ihn monatelang außer Gefecht gesetzt, ihn in der Weltrangliste weit zurückgeworfen, die großen Turniere waren außer Reichweite. Österreichs bester Golfer war auf einmal nicht mehr der aufkommende europäische Spieler, dem man vieles zutraute, sondern eben nur noch Österreichs bester Golfer. "Ich möchte mich wieder für alle Majors qualifizieren", sagte Wiesberger damals. Im Rückblick muss man sagen: Er hat zu tief gestapelt.

Nicht nur in München zählt der Österreicher zu den absoluten Topspielern. An den ersten zwei Tagen in Eichenried untermauerte er seinen Status gleich noch einmal: Mit einem Ergebnis von insgesamt neun Schlägen unter Par lag Wiesberger vor dem Wochenende in aussichtsreicher Position, er darf sich berechtigte Hoffnungen machen auf einen Sieg bei dem Turnier, das für ihn als Österreicher auch immer ein wenig heimische Atmosphäre bietet.

Wiesberger hat sich merklich entwickelt in den zwei Jahren, die seit seinem letzten Auftritt in München vergangen sind. Golferisch hat er bewiesen, dass er zu den Besten der Welt gehört, zumindest aber in die absolute europäische Elite. Wiesberger gewann eine Reihe von Turnieren, unter anderem aus der sogenannten Rolex-Serie, wo die Preisgelder noch einmal deutlich höher sind und die Gegner daher immer hochkarätiger. Wiesberger tritt bei jedem Turnier mit dem Gedanken an einen Sieg an, auch bei den Major-Turnieren nimmt er mit einem gewissen Selbstverständnis teil, als aktuell 54. der Weltrangliste ist er gut qualifiziert. Neben den reinen Ergebnissen hat er allerdings eine beeindruckende Qualität entwickelt, Turniere nicht nur erfolgreich zu bestreiten, sondern auch zu gewinnen. Im Golfsport, wo sich die Bewerbe über vier Tage strecken und daher jede kleine Schwächephase Auswirkungen hat, ist das stets eine Herausforderung. An den ersten drei Tagen erspielt man sich eine Position, aus der heraus ein Sieg möglich ist, die Form am vierten Tag jedoch ist entscheidend.

Auch abseits des Platzes hat er an Profil gewonnen und traut sich etwas zu sagen

"Ich habe mich immer recht gut behaupten können, wenn ich in der Position war, um den Sieg mitspielen zu können", sagt Wiesberger, der immer mehr zu einem Spezialisten für solche Finalrunden wird. "Man kann sich das mit der Zeit durchaus aneignen. Je wohler man sich fühlt in solchen Situationen, desto besser kann man dann Golf spielen." Bewiesen hat Wiesberger das zuletzt beim European-Tour-Turnier in Dänemark Ende Mai, als er am Sonntag mit einer Runde von 64 Schlägen die Gegner um fünf Schläge hinter sich ließ und mit deutlichem Abstand gewann. Eine "solide Runde" nannte er seinen Auftritt.

Wiesberger hat auch abseits des Platzes an Profil gewonnen und ist ein Profi geworden, der sich auch traut, etwas zu sagen. Vor dem Start des Eichenrieder Turniers hinterfragte er die Abwesenheit der Zuschauer in einem Tweet. Er habe "nicht provozieren" wollen, sagt Wiesberger im Gespräch, aber es sei ein Thema für ihn: "Es ist in der letzten Zeit einfach die Logik außen vor gelassen worden, wir haben in Hamburg (bei der Porsche European Open vor drei Wochen) ohne Probleme vor 2000 Leuten gespielt." Für Wiesberger geht es in der Zuschauerdebatte auch darum, wie mit Blick auf die Zulassung von Tausenden Zuschauern zu EM-Spielen in der nahen Münchner Arena Privilegien verteilt werden: "Natürlich ist man da verärgert, warum manche Sportarten die Zugeständnisse bekommen und andere nicht." Das Münchner Turnier lebe "für uns deutschsprachige Spieler von den Fans".

Wiesberger spielte im Flight mit Harrington - sicher kein Zufall

Es sind Aussagen, die auch seinem Spielpartner in München imponieren dürften. Padraig Harrington, der Ryder-Cup-Kapitän, der darüber bestimmen kann, wer im September Europa im Turnier gegen das US-Team vertritt, spielte an den ersten beiden Tagen mit Wiesberger zusammen. Das dürfte kein Zufall sein, die Gruppen werden vom Turnierdirektor zusammengestellt, und natürlich hat der europäische Kapitän ein Anrecht auf Wünsche. Dass Harrington Wiesberger an den zwei Tagen in Bestform erlebte, könnte noch relevant werden: Der Österreicher ist aktuell auf Rang fünf der Qualifikationsrangliste für den Ryder Cup, die vier besten europäischen Spieler auf der Kontinentaltour sind sicher im Team, genauso wie die fünf besten Europäer auf der US-Tour. Dazu kommen drei "Captain's Picks", die Harrington in Abstimmung mit seinen Vizekapitänen, also unter anderem Martin Kaymer, festlegen wird.

Ein guter Draht zu Harrington könnte also viel wert sein, aber Wiesberger will sich nicht noch mehr unter Druck setzen: "Der Ryder Cup ist nichts, von dem ich jetzt jede Nacht träume", sagt er: "Ich muss meine Leistungen erbringen, dann kann ich mir den Termin in den Turnierkalender eintragen." Wiesberger wäre der erste Österreicher, der an einem Ryder Cup teilnimmt. Ein wenig historisch wäre eine Qualifikation schon, das ist ihm bewusst. In den kommenden Monaten geht es um dass, was bei Turnieren auch entscheidend ist: die gute Form kurz vor dem Ende.

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