Süddeutsche Zeitung

Golf:Schlussspurt im Sonnenschein

Der Italiener Andrea Pavan gewinnt überraschend die BMW International Open bei München. Von den deutschen Startern stellt nur Martin Kaymer bis zum Ende seine gute Form unter Beweis.

Von Felix Haselsteiner

Gerade als Andrea Pavan sich für den Schlag bereitmachte, mit dem er die BMW International Open gewinnen sollte, kam die Sonne hinter den Wolken vor und warf ein warmes Licht auf das 18. Grün des Golfclub Eichenried. Pavans Ball aus 122 Metern Entfernung kam zwei Meter vor dem Loch auf, er rollte noch ein wenig und kam schließlich im Sonnenschein zum Liegen, die Szenerie wirkte fast schon zu kitschig. Ein einfacher Putt trennte den Italiener jetzt noch von seinem zweiten Titel auf der European Tour. "Ich wusste sofort, dass der Schlag perfekt war, es war unbeschreiblich schön", sagte er später.

Pavan und sein Gegner Matthew Fitzpatrick befanden sich gerade auf dem zweiten Extraloch, beide waren nach 72 Löchern gleichauf gewesen, ein Playoff musste also die Entscheidung bringen. Fitzpatrick versuchte auf Pavans Traumschlag noch zu antworten, doch es reichte nur zum Par. Eine halbe Minute später verwandelte der 30-Jährige den kurzen Putt, ein wenig zurückhaltend hob er seine Arme, doch da sprang ihm schon sein Caddie in entgegen. Pavan hatte bereits damit gerechnet: "Mein erster Gedanke, nachdem der Ball im Loch war, war: Gleich springt er, Achtung."

Die Ausgangssituation vor dem Schlusstag hatte bereits eine spannende Schlussphase versprochen. Drei Engländer und ein Österreicher lagen nach drei von vier Runden in Führung, das Feld dahinter war ebenso hochkarätig besetzt und nur wenige Schläge auseinander. Aus der Gruppe der Engländer zeichnete sich früh ab, dass der Führende Jordan Smith sich nicht durchsetzen würde, stattdessen griffen seine Landsmänner an. Titelverteidiger Matt Wallace erwischte einen guten Start und fand sich nach neun Löchern in geteilter Führung wieder, Fitzpatrick war zu diesem Zeitpunkt noch unauffälliger unterwegs. Erst ein Birdie auf dem neunten Loch beendete seine Serie von Pars, seine beste Phase kam später: Mit Birdies auf den Löchern 13 und 14 brachte er sich in die geteilte Führung, gemeinsam mit dem Österreicher Matthias Schwab, der lange Zeit der stärkste Spieler im Feld war, auf den letzten Löchern allerdings einbrach.

Als Fitzpatrick und Schwab ihre Runden noch spielten, war Andrea Pavan mit seiner bereits fertig - und die konnte sich sehen lassen: Ohne Bogey, dafür mit sechs Birdies spielte er sich durch den Eichenrieder Kurs zu einer Runde von 66 Schlägen, wie schon am Donnerstag, als er die zwischenzeitliche Führung übernommen hatte: "Ich wusste vor dem Start, dass ich eine Chance hatte, aber mir keinen einzigen Fehler erlauben dürfte", sagte Pavan, den vor dem Turnier niemand so richtig auf der Liste hatte: Der Italiener ist 135. der Weltrangliste, seit dem vergangenen Herbst fehlt ihm ein Top-10-Ergebnis. Pavan, der in den USA am College seine Karriere begann, berichtete später von weitaus dunkleren Zeiten: "Vor zwei Jahren hatte ich große Probleme, ich hatte meine Startberechtigung verloren, das war eine schwere Zeit", sagte er: "Dann sind wir als Familie nach Texas gezogen. Obwohl ich meine Frau und meine Kinder dadurch weniger sehe, läuft es seither wieder besser."

Den überraschenden Außenseitersieg quittierte das Eichenrieder Publikum mit höflichem Applaus - die lautesten Momente des Tages jedoch gehörten auch am Sonntag wieder Martin Kaymer. Mit fünf Schlägen Rückstand war der beste deutsche Golfer in die Schlussrunde gestartet, hatte solide, aber wie schon am Samstag nicht zwingend genug begonnen - bis zum neunten Loch spielte er eine Par-Runde. Dann jedoch schien das Wettkampfglück es doch noch gut mit Kaymer zu meinen: Auf einen Birdie am neunten Loch ließ der 34-Jährige einen famosen Annäherungsschlag auf dem zehnten Loch folgen und lochte beinahe aus gut 160 Metern ein. Ein lautes Raunen ging über den Golfplatz, nun waren es vorübergehend nur zwei Schläge Rückstand. Doch Kaymer verlor den Schwung wieder mit einem Bogey auf dem vergleichsweise einfachen elften Loch. "Ich hätte schon nach den ersten Neun besser liegen müssen, um Druck nach vorne zu machen", sagte Kaymer nach der Runde, haderte in Wahrheit aber vor allem mit seiner Leistung am Samstag, wie er zugab: "Hätte ich dort ein paar Schläge besser gespielt, wäre heute viel mehr drin gewesen".

Kaymer stellte an den vier Tagen in Eichenried dennoch seine ansteigende Form der letzten Wochen unter Beweis, der geteilte 15. Platz ist ein achtbares Ergebnis. Enttäuschender war das Auftreten der anderen Deutschen: Maximilian Kieffer (37.), Dominik Foos, Max Schmitt (auf dem geteilten 53. Rang) und Marcel Schneider (60.) verpassten einen Sprung nach vorne - der gelang am Ende in Eichenried niemandem besser als Andrea Pavan.

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SZ vom 24.06.2019
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