Drei Jahre ist es her, da fand Phil Mickelson sich in der Rolle wieder, die ihm zeit seines Lebens am besten stand. Eine Pandemie näherte sich damals ihrem Ende, zumindest tat sie das in Kiawah Island, South Carolina, wo ein Golfspieler eine Viren ignorierende, tobende Menschenmenge durchschritt auf dem Weg zu seinem späten, aber vielleicht größten Triumph. Im Alter von 50 Jahren gewann Mickelson damals die PGA Championship, den sechsten Major-Titel seiner Karriere. So spät in der Karriere hatte das vor ihm noch niemand geschafft.
Es waren historische Bilder von Zehntausenden Zuschauern, die einen glückseligen, gerührten Sportler feierten, der den Golfsport seit seiner frühesten Kindheit ehrlich liebt und der auf dem späten Höhepunkt seiner Karriere endlich auch der Liebling der Massen war, der er immer hatte sein wollen.
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Verschiedene Rollen hat Mickelson seit diesem fast schon mystischen Triumph in Kiawah Island eingenommen, nur brachte ihm davon keine mehr die Liebe der Menschen ein, zumindest nicht im klassischen Golf-Meinungsspektrum. Mickelson geriet nicht mehr wegen des Sports, sondern unter anderem wegen seiner Wett- und Spielsucht in die Schlagzeilen - und aus politischen Gründen.
In den vergangenen drei Jahren nämlich wurde Mickelson allen voran Botschafter der LIV Tour und damit des saudi-arabischen Königshauses: Er, der ultimative Emporkömmling aus der Mitte des etablierten Systems, der kalifornische Sonnyboy, führte die Abtrünnigen auf der Jagd nach mehr Millionen an.
Er war Regimefreund im Nahen Osten und aktivistischer Regimegegner der PGA Tour in den USA und ist das im Grundsatz auch bis heute - wäre da nicht eine Form von Altersmilde, die sich auf einmal bei einem der wichtigsten Meinungsmacher im Golfsport zeigt. Und die vor dem am Donnerstag beginnenden zweiten Major-Turnier des Jahres, der PGA Championship, ein Indiz dafür sein könnte, wohin sich die sportpolitische Debatte entwickeln wird, die weiterhin in Bürotürmen genauso wie auf Golfplätzen geführt wird.
Die PGA Tour hat als Reaktion auf die Komplikationen längst andere Investoren gefunden
Seit elf Monaten herrscht eine Art offizieller Nichtangriffspakt zwischen der US-Seite und dem saudi-arabischen Staatsfonds PIF samt seinem Sportswashing-Vehikel, der LIV Tour. Verkündet wurde damals das Vorhaben, den gesamten Sport unter einem Dach zu vereinigen, was sich dann allerdings im Detail als weitaus komplizierterer Vorgang herausstellte als gedacht. Die PGA Tour hat als Reaktion darauf längst andere Milliarden-Investoren gefunden. Die Saudis wollen keine Geheimnisse preisgeben, was sie allerdings vor dem US-Kartellamt tun müssten, um den Deal zustande zu bringen. Den Status der Verhandlungen ablesen konnte man daran, dass vor einigen Tagen Jimmy Dunne - einst Initiator der Zusammenkunft der verfeindeten Lager - seinen Platz am Verhandlungstisch mit den Worten, es gebe "keine nennenswerten Fortschritte" räumte.
Diese Erkenntnis führt aktuell zu einem beachtenswerten Stillstand und völliger Unklarheit bei allen Beteiligten, wie die Zukunft genau aussehen und wie man sich gegenüber der jeweils anderen Seite verhalten soll. Unter den Spielern auf der US-Tour etwa gibt es zwei Lager: Die einen haben ihre Radikalität gegenüber den Saudis längst abgelegt, wie etwa Rory McIlroy, der längst nicht mehr mit erhobenem Zeigefinger von Pressekonferenz zu Pressekonferenz tourt - sondern eher für einen vereinigenden Deal wirbt. Die anderen haben ihre radikale Position behalten und wollen die abgewanderten einstigen Kollegen wie Mickelson auch nicht wieder auf Turnieren der PGA Tour begrüßen.
Ironischerweise sind es nun McIlroy und Mickelson - die beiden Spieler, die sich am Anfang der Entzweiung im Sommer 2022 noch am lautesten gezankt hatten -, die für Respekt untereinander und eine gemeinsame Zukunft werben. Selbst wenn daraus kein großer Deal wird: "Ist es notwendig, dass es eine Fusion gibt? Wahrscheinlich nicht. Aber es wäre gut, wenn es keine Feindseligkeiten gäbe", sagte Mickelson zuletzt gegenüber Bloomberg. McIlroy schlug ähnliche Töne an, sie lobten sich gegenseitig für die neue Milde.
Es klang wie die Rückkehr der Versöhnlichkeit in den Golfsport, wo zuletzt so viele Konflikte zwischen allen möglichen Parteien herrschten, dass solche Aussagen durchaus Aufsehen erregten - und eine neue Leitkultur vorgeben. Ein Zeugnis dafür sind sie jedenfalls, dass inzwischen selbst die realitätsfernsten Spieler erkannt haben, dass die Feindseligkeit der Debatten das zahlende Publikum frustriert und distanziert zurücklässt. Wobei der Wandel auch noch einen persönlicheren Hintergrund hat.
Spielsucht, Schulden, offener Streit - all das will Mickelson hinter sich lassen
Mickelson nämlich, inzwischen 53, sprach erstmals auch offen darüber, dass sich seine große Karriere dem Ende zuneigt. Rein sportlich ist er nicht mehr mit dem Spieler zu vergleichen, der vor drei Jahren noch brillante Erfolge feierte, bei der diesjährigen PGA Championship in Kentucky ist er nicht als ernsthafter Anwärter anzusehen. Er ist sich dessen inzwischen selbst bewusst - und reflektiert daher über eine neue Rolle. Eine, die er dringend spielen muss, wenn er sich den Status als beliebter Rivale von Tiger Woods und als Sonnyboy wieder zurückerobern möchte: Mickelson begab sich im vorigen Jahr in eine Therapie gegen Spielsucht, er bezahlte seine exorbitanten Schulden, sah von kontroversen, öffentlich geäußerten weltpolitischen Positionen ab und sprach stattdessen wieder über den Sport, den er so liebt.
Auf seinem X-Account, den er persönlich nutzt und der daher seit Jahren ein steter Indikator für den Status der Golfwelt ist, stellte Mickelson zuletzt ein neues Videoformat vor, bei dem er mit seinem LIV-Kollegen Brendan Steele gegen zwei Amateure auf neun Löchern Golf spielt. Scharfzüngig, witzig und persönlich wirkte Mickelson da, nicht mehr verbittert und unsicher wie in den vergangenen Jahren. Eine Phase war das, in der er die Ablehnung der Öffentlichkeit spürte und für eine Zeit all die sympathischen Wesenszüge verloren hatte, deretwegen ihm die Leute damals ekstatisch über die grüne Wiese von Kiawah Island gefolgt waren.