Golf:Phänomen am Abschlag

147th Open Championship - Round Three

„Ich weiß, ich werde nie perfekt sein. Keiner war je perfekt“, sagte Bernhard Langer in Carnoustie: „Ich versuche einfach, schlau zu spielen.“

(Foto: Harry How/Getty Images)

Bernhard Langer, 60 Jahre, hält bei der British Open in Schottland locker mit den weitaus jüngeren Weltklassespielern mit.

Von Felix Haselsteiner, Carnoustie/München

Loch 14 ist, rein statistisch gesehen, die leichteste Bahn auf dem Linkskurs von Carnoustie, wo seit Donnerstag die besten Spieler der Welt um die prestigeträchtigste Einzeltrophäe im Golf, den Claret Jug, spielen. Fünf Schläge sind hier der Richtwert, aber ein großer Teil des Feldes hat am Samstag in der dritten Runde nur vier benötigt. Manche schafften Loch 14 sogar mit drei Schlägen, Jason Day zum Beispiel, der 30-jährige Australier, dessen Abschläge durchschnittlich über 300 Meter weit fliegen, oder Henrik Stenson, der Turniersieger von 2016.

Bernhard Langer, 60 Jahre alt, kann den Ball nicht konstant 300 Meter weit schlagen. Verglichen mit dem athletischen, körperlichen Spiel von Day oder Stenson könnte man fast denken, dass Langer eine andere Sportart betreibt. Und doch hat auch er Loch 14 auf dem schottischen Kurs locker mit drei Schlägen, einem Eagle, gemeistert. Wie? Weil er den Golfsport, bei dem Präzision mindestens genauso wichtig ist wie die Länge der Schläge, durchschaut hat wie kaum ein anderer. Langer spielt intelligenter und akkurater als viele junge Profis und er arbeitet härter und akribischer als die meisten Kollegen seiner Altersklasse, mit denen er sich normalerweise auf der Champions Tour - der Senioren-Version der amerikanischen PGA-Tour - misst.

Langer gleicht fehlende Weite durch Erfahrung aus

Auf jener Champions Tour, die in den USA hoch angesehen und hoch dotiert ist, gilt Langer mittlerweile als der erfolgreichste Spieler aller Zeiten. Zehn Senior-Major-Turniere hat er gewonnen, darunter die Senior Open Championship im vergangenen Jahr, die ihm die Startberechtigung für die British Open 2018 in Carnoustie eingebracht hat. Sein Ergebnis von einem Schlag unter Platzstandard nach drei Runden bringt ihn vor dem Schlusstag auf Platz 36 des Turniers. Das ist mehr als respektabel, in gewisser Weise sogar erstaunlich.

Denn Langer ist seit 1976 Profi, er hat also schon Golf gespielt, als die meisten seiner heutigen Mitstreiter noch nicht geboren waren. Sein Erfahrungsschatz hilft ihm ungemein, und es ist kein Zufall, dass er seine besten Ergebnisse beim Masters in Augusta oder eben den Open Championships spielt. Auf diesen traditionsreichen Plätzen kann Langer seine Längendefizite am einfachsten ausgleichen, er weiß ja, wo die Landezonen sind und wie sich die Bälle auf den Grüns verhalten werden. Da kann er beruhigt 40 Meter kürzer abschlagen.

Im Golf gibt es die "Big Five", eine Gruppe von Weltklasse-Golfern, die alle innerhalb von zwölf Monaten geboren wurden und das europäische Golf entscheidend geprägt haben. Severiano "Seve" Ballesteros ist 2011 an Krebs verstorben, die anderen Vier tragen weiterhin das Erbe der besten europäischen Golfgeneration aller Zeiten. Doch während Nick Faldo, Ian Woosnam und Sandy Lyle vor allem repräsentative Aufgaben übernommen haben, Golfturniere kommentieren oder - wie Lyle - deutlich scheitern, wenn sie doch noch mitspielen, ist Bernhard Langer eine spielende Legende, die immer noch auf der ganz großen Bühne beeindrucken kann. Auch wenn es in Carnoustie nicht zum Sieg reichen wird: Bernhard Langer ist ein Gewinner dieser Open Championships.

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