Im nördlichen Dallas wird in Zukunft auf hochmodernem, speziell gezüchteten TifTuf-Gras Golf gespielt, was gleich in zweierlei Hinsicht von Bedeutung ist. Zum einen, weil die Klubmitglieder im TPC Craig Ranch bald auch im heißen texanischen Sommer die Möglichkeit haben werden, von den im Werbeprospekt als „robust“ beschriebenen Grashalmen aus ihre Bälle zu schlagen und nicht auf einer braunen, verdorrten Wiese herumlaufen müssen; dazu darf man gratulieren. Zum anderen, weil die Umbauplanungen in Craig Ranch einen kleinen Einblick liefern in die größeren Probleme der amerikanischen PGA Tour, die sich derzeit mit einer beachtlichen Frage befassen muss: Was macht man, wenn man sehr reich ist – und offensichtlich keinen Plan hat?
Zahlreiche Milliardäre auf der ganzen Welt kennen solche Probleme und hatten in derlei Momenten bereits dieselbe Idee wie nun die PGA Tour: Man kann das überschüssige Geld hervorragend in Golfplätzen vergraben, was in entsprechenden Kreisen als zweiteffizienteste Variante der aktiven Vermögensvernichtung nach Luxusyachten bekannt ist. 15 Millionen US-Dollar soll die komplette Renovierung in Craig Ranch kosten, bezahlt wird das Meiste aus der Portokasse der Tour, die auf diesem Golfplatz einmal im Jahr ein Turnier ausrichtet. Der „CJ Cup Byron Nelson“ ist freilich eines der unbedeutendsten Ereignisse einer jeden Saison, der Platz hat bei den Spielern einen katastrophalen Ruf, woran auch ein neues Design wohl nichts ändern wird – weshalb sich Beobachter wie die Podcaster der Plattform „The Fried Egg“ zuletzt die Frage stellten, warum in Gottes Namen man an so einem seelenlosen Ort ein Großprojekt startet.
Die Einschaltquoten gehen schnell und beharrlich nach unten
Die Antwort ist einigermaßen simpel: Weil die PGA Tour das kann. Seitdem ein Konglomerat aus Investoren namens SSG Ende Januar entschieden hat, im Verlauf der kommenden Jahre mindestens drei Milliarden US-Dollar zu investieren, lassen sich Kosten-Nutzen-Rechnungen wesentlich leichtfertiger aufstellen. Im Stile der saudi-arabischen Konkurrenz, der LIV Tour, wird auch auf der US-Tour inzwischen Geld an alle möglichen Stellen verschüttet – nur gehen gleichzeitig die wirklich entscheidenden Zahlen runter.
Derzeit laufen, über drei Wochen verteilt, die Playoffs auf der PGA Tour – gewissermaßen das Golf-Saisonfinale (das in drei Turnieren stattfindet): Von Donnerstag bis Sonntag werden jetzt in Atlanta die besten 30 Spieler der Saison um den Gesamtsieg spielen, der in diesem Jahr mit einer Sonderprämie von 25 Millionen US-Dollar dotiert ist. Normalerweise ist der August der Parademonat der amerikanischen Tour, die nach dem Abschluss der vier Major-Turniere ihre eigene Bühne bekommt.
Nur interessiert das diesmal deutlich weniger Leute: Beim Playoff-Turnier in Tennessee etwa, vor eineinhalb Wochen, schalteten am Sonntag 30 Prozent weniger Zuseher ein als im Vorjahr. Eine ähnliche Tendenz hat es in diesem Jahr bei diversen Turnieren gegeben: Es sind massive Einbrüche am Heimatmarkt USA erkennbar, wo der Amateursport Golf boomt, sich das professionelle Golf aber in einer veritablen Krise befindet, auch wenn so viel Geld wie nie zur Verfügung steht. Und möglicherweise liegt genau darin ein Problem: Es mehren sich die Indizien, dass die Zuschauer es satthaben, sowohl auf der neuen Saudi-Tour als auch auf der altbekannten PGA Tour reichen Golfern dabei zuzusehen, wie sie noch reicher werden – und der Sport aus dem Fokus gerät.
Der Modus der Playoff-Turniere fördert derzeit eher Langeweile an der Spitze
Das Olympiaturnier in Paris etwa oder der Ryder-Cup in Rom im vergangenen Jahr waren neben den vier Majors die einzigen Zuschauermagneten. Für den Nordiren Rory McIlroy hat das durchaus mit Geld zu tun: „Ich denke, wenn man bedenkt, wie beschissen die Golfwelt im Moment ist, und wenn man an die beiden Turniere denkt, die vielleicht die reinste Form des Wettbewerbs in unserem Sport sind, dann spielen wir dort nicht um Geld“, sagte er in Paris. McIlroy hat in seiner Karriere mehrfach die PGA-Tour-Playoffs gewonnen, sie haben ihn reich gemacht, aber der sportliche Wert ist eher nachrangig.
Es bräuchte daher nach Meinung zahlreicher Insider eine relativ radikale, zuschauerfreundliche Reform dieser Saisonschluss-Playoffturniere, deren aktueller Modus eher Langeweile an der Spitze fördert – nur ist fraglich, ob derlei Schritte unter dem aktuellen Management in Angriff genommen werden. Der Commissioner der PGA Tour etwa, Jay Monahan, wird in entsprechenden Kreisen seit Jahren gern „Steamboat Jay“ genannt, weil er mit dem ihm zur Verfügung stehenden Privatjet auffällig oft in seine Wahlheimat Steamboat im Bundesstaat Colorado fliegt, während er in Pressekonferenzen und Spieler-Meetings Visionen für die Zukunft vermissen lässt.
Monahan hat die drei Milliarden US-Dollar von US-Investoren organisiert und damit die PGA Tour vor einer direkten Übernahme durch den saudi-arabischen Staatsfonds PIF gerettet, dafür zollen ihm in der Branche nahezu alle großen Respekt. Nur ist danach nicht mehr viel passiert; neben den Nachrichten vom neuen TifTuf-Gras im TPC Craig Ranch setzt die PGA Tour auf das bewährte Programm: wahnwitzig viel Preisgeld, gewohnte Turniere, gewohnte Namen. Interessiert keinen mehr? Ärgerlich. Aber: Kann vielleicht die neue Welt die Saison retten?
Vor dem großen Playoff-Finale ab Donnerstag findet in diesem Jahr das sogenannte „Creator Classic“ statt. Die erfolgreichsten Charaktere aus der Social-Media-Golfwelt treten dabei zu einem Ein-Tages-Turnier an, es könnte zu einem bedeutenden Event werden: Amateursportler mit originellen Ideen in den sozialen Medien sind inzwischen beliebter und haben mitunter mehr Reichweite als die Mehrheit der professionellen Golfer. Sie sind die wahren Treiber des Amateursport-Booms. Es ist deshalb gut möglich, dass die Videos vom „Creator Classic“ mehr Zuschauer erreichen als die Livebilder vom großen Saisonfinale im linearen Fernsehen. Es wäre als endgültiger Weckruf zu verstehen, für Steamboat Jay und seine reiche Tour in der Krise.