PGA Championship ohne Phil Mickelson:Abkehr von der alten Welt

PGA Championship ohne Phil Mickelson: Wahrheit auf Band: Phil Mickelson wollte die heimische PGA Tour unter Druck setzen.

Wahrheit auf Band: Phil Mickelson wollte die heimische PGA Tour unter Druck setzen.

(Foto: Denis Poroy/AP)

Ein Jahr nach seinem größten Triumph verzichtet Phil Mickelson auf einen Start bei der PGA Championship - der frühere Liebling der Amerikaner ist tief gefallen.

Von Felix Haselsteiner, Tulsa/München

Es war ein langer, aber schöner Weg, den Phil Mickelson damals am Höhepunkt seiner Karriere gehen musste. Er führte ihn erst durch tausende jubelnde Zuschauer, die ihn mit Sprechchören feierten; dann vorbei an seinen engsten Vertrauten, seinem Bruder Tim und seinem Trainer Andrew Getson und schließlich an seinen Mitspielern aus allen Generationen, die Konkurrenten waren und doch in diesem Moment eher bewundernde Freunde: Jon Rahm umarmte Mickelson, Rickie Fowler gratulierte ihm, Padraig Harrington ebenfalls. Das alles geschah im Mai 2021 unter der Sonne South Carolinas, am Finaltag der PGA Championship, die in die Geschichte eingehen sollte, weil Mickelson im Alter von 50 Jahren noch einmal ein Major-Turnier gewann - und seine ohnehin schon einzigartige Karriere damit krönte.

Nicht ganz ein Jahr später ist alles anders. Mickelson wird seinen Titel in diesem Jahr nicht verteidigen, er wird es nicht einmal versuchen: Seine Teilnahme an der PGA Championship, die bis Sonntag in Tulsa, Oklahoma, stattfindet, sagte er vor etwas mehr als einer Woche ab, nach dem Masters im April verpasst er damit erneut ein Major-Turnier. Aus dem gefeierten Helden ist innerhalb von zwölf Monaten die umstrittenste Figur des Golfsports geworden.

Der entscheidende Tag für diese Entwicklung war der 17. Februar dieses Jahres. "The Truth about Phil and Saudi-Arabia", so lautete die Überschrift über einem Text des amerikanischen Journalisten Alan Shipnuck, der die Wahrheit auf Band hatte. "They're scary motherfuckers to get involved with", sagte Mickelson demnach im Gespräch mit Shipnuck über die Saudis. Sie seien, geringfügig jugendfreier übersetzt, "furchteinflößende Arschlöcher", die "da drüben Schwule exekutieren", wie Mickelson noch hinzufügte. Das Problem an der Sache: Mickelson hatte sich trotzdem dafür entschieden, bei der Saudi-Tour mitzuspielen, und legte nun seine Gründe offen. Er wolle etwas in der Hand haben, um die heimische PGA Tour unter Druck zu setzen. Mithilfe des vielen Gelds aus Saudi-Arabien habe er endlich eine Verhandlungsmasse, um in den USA noch mehr Geld rauszuholen - moralische Bedenken sollten dem nicht im Wege stehen.

Er war immer einer, der geradeaus sagt, was er denkt - damit gewann er die Herzen vieler Amerikaner

Dass das Gespräch jemals den Weg an die Öffentlichkeit finden würde, hatte Mickelson nicht eingeplant - doch Shipnuck teilte mit, man habe nie vereinbart, dass die Unterhaltungen "off the record" gewesen wären. Nun werden sie Teil einer Biografie über Mickelson, die demnächst erscheint und in der weiterer Zündstoff liegen dürfte, um Mickelsons Karriere weiter zu beschädigen.

Dass der Kalifornier, einer der sportlich erfolgreichsten Spieler in der Geschichte, immer schon ein Grenzgänger war, ist dabei nichts Neues. Mickelson war nicht nur ein gänzlich anderer Typ als sein Hauptkonkurrent Tiger Woods, er wollte es auch unbedingt sein. An seinen besten Tagen war Mickelson somit ein angenehm unterhaltsamer Gegenpol zu dem Perfektionisten Woods. Einer, der geradeaus sagt, was er denkt, und damit die Herzen vieler Amerikaner gewann.

Seine treuen Fans ließen ihn nicht einmal fallen, als er 2015 aufgrund von Mittäterschaft bei Insiderhandel eine Strafe zahlen musste. Der Skandal wurde stets heruntergespielt, könnte Mickelson aber noch einholen: Das Geld, das er über die Insider-Geschäfte verdient hatte, soll er genutzt haben, um Spielschulden bei dem in entsprechenden Kreisen bekannten Sportwetter Billy Walters zurückzuzahlen. Walters wurde 2017 wegen Betrugs zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, kam 2020 aber aufgrund einer Begnadigung durch den damaligen Präsidenten Donald Trump frei. Im nächsten Jahr allerdings erscheint nun seine Biografie - wohl auch mit Details über Mickelsons jahrelange, exzessive Wettgeschichte.

Mickelson verdiente in seiner besten Zeit allein aufgrund von Sponsoreneinnahmen rund 40 Millionen US-Dollar - pro Jahr

Walters ist nur eine der Figuren, mit denen Mickelson sich zusammentat, auf der Suche nach mehr Geld: Laut dem Magazin Forbes verdiente Mickelson in seiner besten Zeit allein aufgrund von Sponsoreneinnahmen rund 40 Millionen US-Dollar - pro Jahr. Moralische Bedenken schien er dabei nicht zu haben, was nicht nur seine Verbindungen nach Saudi-Arabien zeigen. Mit Trump etwa war Mickelson schon eng befreundet, lang bevor dieser zum US-Präsidenten wurde - wer sich davon überzeugen will, kann in Trumps schickem Golf-Resort in Doral bei Miami in der "Phil Mickelson Villa" absteigen, die 2015 eröffnet wurde.

Der wirtschaftliche Erfolg ist inzwischen Geschichte: Nach seinen Aussagen zu Saudi-Arabien im Februar beendeten seine drei größten Sponsoren ihre Verträge mit "Lefty", wie Mickelson als Linkshänder von seinen Mitspielern genannt wird. Auch die kritisieren ihn inzwischen: Rory McIlroy nannte seine Aussagen im Februar "naiv, selbstverliebt, egoistisch und ignorant". Tiger Woods, in dieser Woche erneut am Start und nach eigener Aussage besser in Form als noch beim Masters, sagte, er habe seit der Sache mit Saudi-Arabien keinen Kontakt zu Mickelson gehabt. Es sei "enttäuschend", dass er als Titelverteidiger nicht teilnehme.

Wann Mickelson wieder bei einem Golfturnier mitspielt, ist derzeit völlig unklar - die Art seiner Rückkehr dürfte aber darüber entscheiden, ob er noch einmal einen Weg zurück zu mehr Beliebtheit findet. "Wenn er mit der Presse spricht und sich aufrichtig entschuldigt, werden ihm alle verzeihen", sagte Profigolf-Kollege Charley Hoffman unter der Woche. Hoffman ist einer von Mickelsons ältesten Freunden, er ist überzeugt davon, dass er dazu bereit ist, sich für seine Aussagen zu entschuldigen - nur will er offenbar aktuell noch nicht öffentlich dazu sprechen.

Die andere Variante wäre, dass Mickelson Anfang Juni im Centurion Golf Club in der Nähe von London sein Comeback gibt. Dort beginnt dann die kontroverse, von Saudi-Arabien gesponserte Golfserie, für die Mickelson bereits als Headliner angekündigt ist - die Saudis würden ihn trotz der Kontroverse wohl mit offenen Armen empfangen, allein der großen Aufmerksamkeit wegen. Es wäre dann die endgültige Abkehr von der alten Golfwelt, von seinen Fans und Mitspielern, mit denen er noch vor einem Jahr seinen späten, großen Triumph feierte. Und es wäre - in Mickelsons Worten - eine Entscheidung für die "scary motherfuckers".

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