Golfer Xander Schauffele:Mit schwäbischem Schwung

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Xander Schauffele mit der Claret Jug, der Trophäe für den Sieger der Open. (Foto: Scott Heppell/AP)

Xander Schauffele gewinnt die Open Championship, das zweite Major-Turnier seiner Karriere. Damit wird er zum bestimmenden Spieler der Saison – auch dank seines Vaters aus Stuttgart, mit dem er schon früh an seinem Abschlag tüftelte.

Von Felix Haselsteiner

Diesmal saß Stefan Schauffele nicht auf einer weit entfernten Insel, inmitten tropischer Gewässer und in Bauklamotten gekleidet. Der gebürtige Schwabe hatte sich auch keine Sports-Bar suchen müssen oder Zuflucht auf einer Couch von Freunden, die einen Fernseher hatten. So wie damals im Mai, als ihn tausende Kilometer von seinem Sohn Xander trennten, der in Kentucky seinen ersten Titel bei einem Major-Turnier gewann. Papa Schauffele hatte die gesamte Karriere seines Sohnes begleitet – nur beim größten Schritt war er auf der hawaiianischen Insel Kauai damit beschäftigt gewesen, den Neubau auf dem Familienanwesen zu überwachen. Das würde ihm nicht noch einmal passieren.

Deshalb stand Schauffeles gesamte Familie nun bereit, gleich links vom ehrwürdigen Klubhaus des Royal Troon Golf Clubs, als Xander den greatest walk in golf absolvierte. So nennt man das, wenn bei der Open Championship der Führende seinen Ball auf der finalen Bahn des Turniers sicher auf das Grün befördert hat. Da damit zu großer Wahrscheinlichkeit feststeht, dass das Turnier entschieden ist, kann ein Spieler diesen Spaziergang über die letzten 200 Meter genießen, inmitten der großen Tribünen, wo zehntausende Zuschauer sich in Ovationen zusammenfinden. Und Xander Schauffele genoss es, wie immer auf seine ganz eigene Art.

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Kein Mann großer Worte oder Gesten ist der 30-Jährige. Eine sympathische Zurückhaltung strahlt Schauffele aus, wenn er im Fokus steht, vielleicht ist es auch eine Gegenreaktion zu seinem exzentrischen Vater: Stefan, über 1,90 Meter groß und mit der Aura einer sehr einnehmenden Persönlichkeit ausgestattet, zeigt ohnehin Gefühle für zwei. Auch eine riesige schwarze Sonnenbrille und ein im nasskalten, windigen Schottland völlig unpassender Hut konnten nicht verhindern, dass man die Tränen sah, die er vergoss, als er seinen Sohn in die Arme schloss und ihm innig gratulierte, zum Erreichen dieser neuen sportlichen Höhen.

Innerhalb von drei Monaten hat Schauffele nun zwei Major-Turniere gewonnen – die Liste der Menschen, denen das im Lauf ihrer Karriere gelang, ist kurz. Es ist indes gar nicht die historische Ebene, die diesen Sieg bei der Open Championship so herausragend erscheinen lässt, sondern die persönliche.

Ein Leben lang musste Schauffele gegen große Erwartungen anspielen. Sein Vater und er tüftelten in seiner Jugend an seinem Golfschwung, der immer im Fokus stand: Stefans Erfahrung als Sprössling einer schwäbischen Sportlerfamilie – der Vater wurde in Stuttgart geboren, wanderte aus und gründete im kalifornischen San Diego eine Familie – führte zu einem unheimlichen, technischen Perfektionismus. Und der war verbunden mit der Erwartung, dass er bitte schön in die Weltspitze führen soll. Immer mit dem Credo verbunden: Wenn es nicht reicht, ist niemand anderer Schuld außer Xander Schauffele selbst.

Bei Major-Turnieren reichte es stets für die Spitze, nie für den Sieg – bis jetzt

Ewig lang zog sich dieser Kampf gegen die eigene Erwartung hin, man konnte ihn noch im Frühjahr sehen. Da stand Schauffele – als zweimaliger Ryder-Cup-Spieler für die USA, Olympiasieger, und als Gewinner von sieben PGA-Tour-Turnieren im Grunde ein Meister seiner Sportart – in Florida wieder einmal vor den Mikrofonen und berichtete davon, wie es sich anfühlte, nicht zu genügen. Zweiter war er damals bei der Players Championship geworden, wie so oft in seiner Karriere: Allein bei Major-Turnieren hatte er am Anfang des Jahres die wahnwitzig gute Bilanz von zwölf Platzierungen unter den besten Zehn vorzuweisen, bei 28 Starts. „Mein Vater hat mir immer gesagt: Commit, execute, accept – ich werde jetzt wieder viel akzeptieren müssen“, sagte Schauffele damals. Und wirkte wie jemand, der vielleicht auf ewig dazu verdammt ist, hinterherzulaufen.

Es ist daher wahrlich beachtlich, wie sehr sich die Situation innerhalb weniger Monate umgedreht hat. „Ich hatte diese Ruhe – eine Ruhe, die ich auch bei der PGA Championship noch nicht hatte“, sagte Schauffele am Sonntag über seine neue mentale Reife. Der bestimmende Spieler der Saison ist er damit, noch vor dem Seriensieger Scottie Scheffler, der im April das Masters gewonnen hatte. Und so durfte auch Papa Stefan am Sonntag die Früchte ernten.

Sein Vater glaubt an den Karriere-Grand-Slam

Einen kleinen Flachmann hatte er auf der Runde dabei, der Nerven wegen – danach wurde aus einem wesentlich bedeutungsvolleren Gefäß getrunken. Die Claret Jug, der Cup, den der Sieger erhält, eignet sich bestens für feine Getränke: „Ich bin gespannt, was mein Vater auswählen wird für den ersten Schluck daraus“, sagte Schauffele. Über Rotwein dachte Stefan nach, aber auch schon über die Zukunft.

Zwei von vier Major-Turnieren hat sein Sohn nun, das sei „aber nur die Hälfte“, sagte Stefan Schauffele einem Reporter des Portals Golf.com. In seiner Freude machte er dem Sohn ein großes Kompliment, in dem man schon wieder eine Erwartung erkennen konnte: „Ich würde sagen, er ist aktuell derjenige mit dem größten Potenzial für den Karriere-Grand-Slam.“ Für den Gewinn aller Major-Turniere also.

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