Golfer McIlroy:Anführer der guten Seite

Golfer McIlroy: Sieg Nummer 23 auf der US-PGA-Tour: Der Nordire Rory McIlroy, 33, präsentiert sich 2022 weiter in blendender Form.

Sieg Nummer 23 auf der US-PGA-Tour: Der Nordire Rory McIlroy, 33, präsentiert sich 2022 weiter in blendender Form.

(Foto: Joe Robbins/Icon Sportswire/Imago)

Rory McIlroy ist das moralische Gewissen der Golftour, aber sein Spiel leidet keineswegs unter dieser verantwortungsvollen Rolle. Auf beeindruckende Art hat sich der Nordire den ersten Weltranglistenplatz zurückerkämpft.

Von Gerald Kleffmann

Da stand Rory McIlroy, auf dem letzten Grün im Congaree Golf Club in Ridgeland, South Carolina, und gab im US-Fernsehen mal wieder eines jener Interviews, bei denen ersichtlich wird: Er ist anders. Er sagt selten einfach nur: alles great, alles toll! Er gibt fast immer reflektierte Antworten, wenn es die Zeit erlaubt. Golf? "Ich weiß nicht, ob ich je aus diesem Spiel schlau werde", sagte er etwa, "aber ich wache jeden Tag auf und versuche, dem näherzukommen."

Am vergangenen Wochenende war das McIlroy mal wieder gut gelungen, der Nordire gewann den CJ Cup, sein erstes Turnier der neuen Saison, die im Golf stets im Herbst startet, mit einem Gesamtergebnis von 267 Schlägen vor dem Amerikaner Kurt Kitayama (268). Sein 23. Sieg auf der PGA-Tour bewirkte in der Weltrangliste eine bedeutsame Verschiebung: Erstmals seit mehr als zwei Jahren ist McIlroy wieder auf Platz eins der Weltrangliste geführt. Er staunte selbst über diese Entwicklung. Hätte ihm jemand im April, als er letztmals die Qualifikation für die beiden Schlussrunden eines Turniers verpasst hatte, gesagt, er würde Ende des Jahres vorne stehen, hätte er gefragt: "Was hast du geraucht?"

Die Golfwelt ist ja, seitdem Saudi-Arabien eine neue, größenwahnsinnige Profiturnierserie namens LIV Tour aufzieht und reihenweise Topspieler mit Millionenlöhnen abwirbt, in heller Aufregung. In der öffentlichen Wahrnehmung hat sich ein Duell Gut gegen Böse manifestiert, und McIlroy ist in diesem Schauspiel tatsächlich zum Anführer der mutmaßlich guten Seite mutiert, wie ihn ein Drehbuchregisseur nicht besser erfinden könnte. Aber er redet nicht nur intelligent, er spielt er auch vorzüglich Golf. Diese Kombination kriegt McIlroy hin.

Er war der Erste, der das Thema Menschenrechte in Saudi-Arabien ansprach, der aus moralischen Gründen die LIV Tour ablehnte, der gleichzeitig der PGA Tour, bei der auch nicht alles glänzt, half, Dinge zu verbessern, etwa den Turnierkalender. Er ist ein Verbündeter des PGA-Commissionars Jay Monahan und hat dementsprechend Macht. Aber, und da wird seine Geschichte noch besonderer, als Spieler zeigte er sich von den Dauerdebatten um Politik und Moral keineswegs abgelenkt. "Es waren wilde sechs Monate", konstatierte McIlroy nun, "ich habe ein paar Sachen in meinem Spiel herausgefunden und hatte einfach einen wirklich guten Lauf."

Der einzige Erfolg, der ihm 2022 fehlte, war ein Sieg bei einem der vier jährlich stattfindenden Majors. Ansonsten ist seine Jahresbilanz schon jetzt spektakulär zu nennen: Er gewann drei Turniere, darunter das Jahresabschlussturnier beim Fed-Ex-Cup. Bei 21 Starts landete er 14 Mal unter den ersten Zehn. Bei den Majors war er nie schlechter als Achter. "Ich genieße das Spiel", sagte er. Dass er wieder der Weltranglistenbeste sei, bedeute ihm viel, "ich habe die vergangenen zwölf Monate hart dafür gearbeitet".

Zur SZ-Startseite

MeinungSportswashing in Saudi-Arabien
:Die Haffenlohers sitzen am Hebel

Saudi-Arabiens Strategie, eine Super-Liga im Golf mit Millionen-Ausschüttungen aufzuziehen, lässt sich verurteilen - aber sie geht auf. Sprudelnde Geldquellen verändern längst den Weltsport.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: