Golf Masters:Erstes Duell auf dem Parkplatz

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Ein kniffliger Platz und ein grünes Jackett: Am Donnerstag beginnt das Masters in Augusta und die Golfwelt beschäftigt die Frage: Wer gilt eigentlich als Favorit?

Von Frieder Pfeiffer

Und dann der Stau. Das Masters in Augusta gilt als Mythos-Quelle des Golfsports, die erfolgreiche Mischung aus der Unnahbarkeit eines Privatklubs und der Emotion eines Major-Wettkampfs. Der Kurs wird vergöttert, das grüne Jackett für den Sieger ist das berühmteste Kleidungsstück unter Golf-Enthusiasten. Weniger bekannt aber: der berüchtigte Verkehr um Augusta, Georgia. Martin Kaymer versucht Jahr für Jahr im Süden der 200 000-Einwohner-Stadt unterzukommen, "im Norden dauert es morgens schon sehr lange".

In dieser Woche stand er dennoch wieder zwischen Trucks und Pick-ups auf mehrspurigen Straßen, er war damit nicht allein. Auch die Besten sind in der ersten Major-Woche des Jahres auf das geteerte Verkehrsnetz angewiesen. Titelverteidiger Jordan Spieth, 22, und der englische Dreifach-Sieger Nick Faldo, 58, fanden so am Dienstag etwas gehetzt den Weg zum Klubhaus-Parkplatz - wo sie einander sogleich unglücklich den Weg versperrten. Ein Zeuge berichtete der Zeitschrift Golf Digest vom kurzen Dialog durch Autotüren mit heruntergelassenen Fensterscheiben. Spieth: "Hey, ich bin hier der Titelverteidiger." Faldo: "3:1." Spieth: "Ich habe doch überhaupt noch keine drei Mal gespielt."

Beim Einschwingen auf einem der kniffeligen Grüns: Jordan Spieth erkundet die Masters-Hügel. (Foto: Charlie Riedel/AP)

Sir Nick Faldo ließ Spieth also den Vortritt, eine Geste, die verdeutlicht, wer den Ton angibt bei dieser 80. Ausgabe des Masters Tournament, dem einzigen der vier Golf-Majors, das immer auf demselben Platz ausgetragen wird.

Spieth war 2014 bei seinem ersten Start auf diesem Kurs, der sich Neulingen normalerweise als unbezwingbar präsentiert, bereits Zweiter. 2015 dann der Sieg mit einem Ergebnis, das jenes von Tiger Woods aus dem Jahr 1997 egalisierte. Kein Großer der vergangenen 80 Jahre legte in Augusta nur annähernd so fulminant los.

Woods beispielsweise belegte bei seinem ersten Auftritt lediglich Platz 41. Beim zweiten Versuch scheiterte er am Cut. Der legendäre Jack Nicklaus? Verpasster Cut und Rang 13. Ist Spieth also der beste Augusta-Golfer der Geschichte? Vielleicht. Nur eines ist sicher: In fast jedem anderen Jahr wäre er der große Favorit. Doch 2016 ist nicht jedes Jahr.

Tiger Woods ist verletzt und durfte nur zum Essen kommen. Immerhin: Es hat ihm geschmeckt

Viermal Woods

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(Foto: David J. Phillip/AP)

Die Masters-Gewinner der vergangenen 20 Jahre 2015 Jordan Spieth (USA) 270 Schläge 2014 Bubba Watson (USA) 280 2013 Adam Scott (Australien) * 279 2012 Bubba Watson (USA) * 278 2011 Charl Schwartzel (Südafrika) 266 2010 Phil Mickelson (USA) 272 2009 Angel Cabrera (Argentinien) * 276 2008 Trevor Immelman (Südafrika) 280 2007 Zach Johnson (USA) 289 2006 Phil Mickelson (USA) 281 2005 Tiger Woods (USA) * 276 2004 Phil Mickelson (USA) 279 2003 Mike Weir (Kanada) 281 2002 Tiger Woods (USA) 276 2001 Tiger Woods (USA) 272 2000 Vijay Singh (Fidschi) 278 1999 Jose Maria Olazabal (Spanien) 280 1998 Mark O'Meara (USA) 279 1997 Tiger Woods (USA) 270 1996 Nick Faldo (England) 276 * im Stechen Foto: Dieses Mal nur in der Zuschauerrolle: Der einstige Dominator Tiger Woods (Foto: AP), 40, ist verletzt.

"Ich glaube, dass dies seit langer Zeit das schwerste Masters-Feld ist", sagt Jordan Spieth. Die Buchmacher in Las Vegas haben eine Ausnahmewoche, so viele vermeintliche Favoriten sind selbst im volatilen Golfsport äußerst selten zu bewerten. Das hat einerseits damit zu tun, dass acht Monate major-freie Zeit viel Raum für Spekulationen lassen. Niemand weiß so recht, wie die Ergebnisse zu deuten sind. So rutscht auch Spieth nicht aus der Verlosung, auch wenn er seit Januar keinen überzeugenden Auftritt mehr hatte. Alles könnte ja der besonderen Vorbereitung auf diesen sehr speziellen Kurs mit seinen gemein gewellten Grüns geschuldet sein.

Andererseits positionierte sich die erweiterte Elite selten so eindrucksvoll wie in diesem Frühjahr. Die neue Nummer eins, Jason Day, gewann im März zwei wichtige Turniere und kann überhaupt auf sehr beeindruckende Monate zurückschauen. Seit Juli sammelte er sechs Pokale, die Konkurrenz kommt in dieser Zeit maximal auf zwei. Und wie Spieth fühlt auch er sich wohl in Augusta, beim ersten Start 2011 war er ebenfalls sensationeller Zweiter. Doch auch Jason Day sagt: "Alles ändert sich in diesem Sport sehr schnell. So viele können gewinnen."

Augusta-Legende: Jack Nicklaus, 76, eroberte das grüne Sieger- Jackett sechs Mal. (Foto: Cannon/Getty)

Ebenfalls beliebt auf den Wettzetteln: Rory McIlroy, der dritte der "großen Drei" auf der Jagd nach dem einzigen Major- Titel, der ihm noch fehlt; dazu Adam Scott, Masters-Sieger von 2013 und in diesem Jahr mit zwei Titeln dekoriert sowie Rickie Fowler, der meint, nach seinen starken Major-Ergebnissen 2014 und den vier Titeln 2015 sei er nun dran. Oder Phil Mickelson, 45, zum 24. Mal dabei, mit drei Masters-Titeln sicher der Kundigste der direkten Konkurrenz. "Ich fühle mich so gut wie selten", schwärmt er und freut sich, dass er die jungen Kollegen ohne Masters-Titel "mit Green-Jacket-Geschichten ärgern kann".

Mickelson vertritt die hohen Semester nahezu alleine gegen den Ansturm der nächsten Generation. Bernhard Langer, immerhin schon 58, schaut lediglich, ob ihm im 33. Start ein ähnlicher Coup gelingen kann wie 2014, als er Achter wurde. Wie gewohnt machte er sich mit Martin Kaymer auf die Proberunde, der 31-Jährige schätzt den Austausch mit dem zweimaligen Masters-Champion. Kaymer kam in Augusta bisher nicht über Platz 31 hinaus, auch deswegen ist das Masters für ihn "die härteste Prüfung des Jahres".

Der viermalige Sieger Tiger Woods hat seine Prüfung schon hinter sich. Verletzt abgemeldet, konnte er nur am traditionellen Champions Dinner teilnehmen. Titelverteidiger Spieth tischte auf, Woods - erstmals in der ungeliebten Rolle des passiven Beobachters - schmeckte es. "Unglaubliches Essen", ließ er verlauten. Gastgeber Jordan Spieth beweist somit in dieser Woche, dass im elitären Traditionsbetrieb Augusta auch ein 22-Jähriger aus Texas zum wichtigsten Mann avancieren kann.

© SZ vom 07.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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