Golf: Martin Kaymer:"Für ihn gibt es keine Grenzen"

Mit Kaymers Aufstieg zur Nummer eins der Weltrangliste steigen die Erwartungen - vor allem für die langfristige Entwicklung des Golfsports in Deutschland. Bernhard Langer traut dem bescheidenen Düsseldorfer aber alles zu.

Petra Himmel

Draußen auf dem Balkon des Hotelzimmers war die Stille perfekt: Vereinzelte Schneeflocken, Überbleibsel eines unerwarteten winterlichen Sturms, lagen am Sonntagmorgen über den Bahnen des Golfplatzes in Dove Mountain, Arizona. "Ich habe den Moment ein wenig genossen, weil ich wusste, dass ich am nächsten Tag die Nummer eins der Welt sein würde", meinte Martin Kaymer später. "Das war einfach ein sehr schöner Augenblick."

World Golf Championships-Accenture Match Play Championship - Final Round

Er ist die neue Nummer eins im Golf: Martin Kaymer.

(Foto: AFP)

Der Düsseldorfer ist ein vergleichsweise nüchterner Mensch, weshalb er sich nur kurzzeitig mit der Landschaft und dann vor allem mit seiner Finalpartie bei der WGC Matchplay Championship gegen Luke Donald beschäftigte. Der Brite, der seit Beginn des Turniers am Mittwoch dominierend aufgetreten war, erwies sich im Duell Profi gegen Profi auch für den Deutschen als zu starker Gegner. Donald ging schnell mit drei gewonnenen Löchern nach fünf Bahnen in Führung, musste dann allerdings eine Aufholjagd Kaymers bis zum Gleichstand hinnehmen.

Die Vorentscheidung fiel am zehnten Loch. "Ich war am Grün und hatte eine gute Birdiechance, sein Ball war mitten im Dreck", analysierte der Deutsche die Situation, die er nicht ausnutzen konnte. Die beiden spielten ein Par, danach dominierte Donald. Die letzten beiden Bahnen mussten gar nicht mehr ausgespielt werden, der Brite lag uneinholbar mit drei auf - so der Fachausdruck - in Führung und siegte 3&2.

"Natürlich hatte ich gehofft, ich würde heute gewinnen", resümierte Kaymer. "Ich habe alles versucht, was ich konnte, habe aber einfach nicht so gut gespielt wie die letzten Tage. Und so wie Luke im Moment drauf ist, reicht eine ordentliche Runde eben einfach nicht aus." Tatsächlich hätte der Brite, der im Verlauf der Turnierwoche 32 Birdies auf insgesamt 89 Bahnen spielte, an diesem Sonntag mit seinem überragenden kurzen Spiel wohl jeden Gegner deklassiert.

Kaymer als Argument für Ryder-Cup

Sein Erfolg wirkt mit Blick auf die neue Konstellation der Weltrangliste trotzdem zweitrangig. Donald komplettiert ein Quartett aus vier Europäern, die seit Montag die Weltrangliste anführen. Mit Kaymer, Lee Westwood, Donald und Graeme McDowell finden sich erstmals seit 1992 vier Europäer vorne. Ihre Vorgänger in gleicher Position waren Ian Woosnam, Nick Faldo, José Maria Olazábal und Seve Ballesteros. Die vier Altstars des europäischen Golfs brachten es im Verlauf ihrer Karriere auf 14 Majortitel.

Martin Kaymer, Luke Donald

Fairer Verlierer: Martin Kaymer gratuliert Luke Donald zum Turniersieg.

(Foto: AP)

In dieser Hinsicht haben ihre Nachfolger reichlich Arbeit vor sich. Die Bilanz fällt mit McDowells US-Open-Titel und Kaymers Erfolg bei der PGA Championship im Moment mager aus. Immerhin: Die vier Herren streben den Höhepunkt ihrer Karrieren alle noch an, so dass die Erfolgsaussichten insgesamt gut sind. Bemerkenswert ist freilich Kaymers Vorsprung in der Weltrangliste auf den Zweiten Westwood. Im neuen Ranking hat er bei 8,36 Durchschnittspunkten gerade einmal einen Vorsprung von 0,2 Zählern auf den bisher führenden Briten. Nicht minder interessant: Tiger Woods aus den USA rutschte mit 6,32 Punkten um zwei Plätze auf Rang fünf ab.

Vor allem vom Jüngsten im Quartett, dem 26-jährigen Kaymer, erwartet man nach seinem ersten Majorerfolg in Whistling Straits bald einen zweiten großen Titel. Deutschlands zweimaliger Majorsieger Bernhard Langer traut seinem Nachfolger viel zu: "Aus der Sicht eines Golfers kann er alles erreichen", meinte er. "Für ihn gibt es keine Grenzen. Er schlägt den Ball weit. Er schlägt ihn gerade. Sein kurzes Spiel wird ständig besser." Obendrein, sagte der 53-Jährige, könne Kaymer in der Rolle als weltbester Golfer für Deutschland viel bewegen. "Ich finde das wundervoll. Genau das braucht das deutsche Golf. Er ist ein großartiges Vorbild."

Über die Bedeutung Kaymers für die Entwicklung des deutschen Golfs wird man dieser Tage sicher auch im britischen Wentworth, der Zentrale der Ryder Cup Limited, nachdenken. "Jetzt haben wir tatsächlich einen deutschen Sieger", hatte Richard Hills, Limited-Geschäftsführer, schon bei Kaymers Erfolg beim Race to Dubai im November resümiert. Dass sich Deutschland mit einem zugkräftigen Golfer an der Spitze endlich wegbewegen könnte aus der Rolle des "schlafenden Giganten" mit einer Golferquote von nur 0,74 Prozent an der Gesamtbevölkerung, ist dem Briten wohl bewusst. Es ist das vielleicht beste Argument, das bei der Entscheidung um den Ryder-Cup-Schauplatz 2018 am 17. Mai für Deutschland sprechen könnte. Denn finanziell ist die Bewerbung nicht gut aufgestellt, auch fehlt klarer politischer Rückhalt. Kein Wunder also, dass Langer angesichts Kaymers Wechsel an die Spitze der Weltrangliste fast in Euphorie ausbricht: "Ich hoffe, er bleibt für viele, viele Jahre ganz oben."

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