Golf:Quälerei zwischen Zypressen

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Wieder einmal kommt es bei den US Open für die Golfprofis richtig hart. Das längste Loch der Geschichte ist nur ein Indiz dafür, dass die Veranstalter versuchen, die Spieler an ihre Grenzen zu führen. Der Golfplatz des Olympic Club ist die größte Herausforderung des Jahres. Auch Tiger Woods ist beeindruckt.

Petra Himmel

"Das hier wird eine höllische Prüfung." Der Satz kam kurz und knapp aus dem Munde des Favoriten der diesjährigen US Open. Tiger Woods inspizierte den Lake Course des Olympic Club in San Francisco am Montagmorgen ganz allein. Was er entdeckte, war ein Golfplatz, dessen Major-Format sich schnell erklärt. Viel historisches Ambiente hat man im Olympic Club zu bieten.

Tiger Woods im Olympic Club: "Höllische Prüfung" (Foto: AFP)

Amerikas ältester Athletik-Club wurde 1860 gegründet. Mehr als 5000 Mitglieder zählt der Verein, dessen Radfahrer, Leichtathleten und Rugbyspieler zig internationale Titel gewannen. Die Golfer schließlich kamen erst später dazu. Der Lake Course stammt aus dem Jahr 1927, er ist der beste von insgesamt drei Golfplätzen.

"Friedhof der Champions" hat ihn der amerikanische Journalist Dan Jenkins einmal genannt. Tatsächlich sind es stets Niederlagen gewesen, welche die bisherigen Auflagen der US Open kennzeichneten. Ben Hogan scheiterte 1955 am gänzlich unbekannten Jack Fleck. Arnold Palmer unterlag 1966 Billy Casper. Tom Watson musste 1987 Scott Simpson vorbeiziehen lassen.

Payne Stewart schließlich wurde 1998 Zweiter hinter Lee Janzen. Auch deshalb weil er in Runde zwei am 18. Grün stand, seinen Ball zum Birdie knapp an die Fahne geschlagen hatte und zusehen musste, wie sein Ball auf der knochentrockenen Fläche anfing sich zu bewegen, das Grün herabrollte und so weit entfernt vom Loch liegenblieb, dass Stewart drei Putts zum Bogey benötigte.

Soweit, versichert Mike Davies als Verantwortlicher des Ausrichters USGA, wird es in diesem Jahr nicht kommen. Grüns, auf denen die Bälle ohne Zutun des Spielers rollen, sind tabu. Zurückhaltend in der Präparierung des Platzes ist Davis trotzdem nicht gewesen: "Wir versuchen daraus den härtesten Test des ganzen Jahres zu machen", hat er zu Beginn dieser Woche gesagt. Wer einen realen Eindruck von der Tortur erhalten wollte, musste nur Charl Schwartzel während seiner Proberunde am 16. Loch beobachten.

Seinen Drive hatte der Südafrikaner rechts ins hohe Rough gespielt, was nicht weiter erstaunt, wenn man sieht, in welch' ausgeprägtem Linksbogen sich die Bahn Richtung Grün erstreckt. Ein gerader Schlag landet unweigerlich im Rough, das bei einer US Open traditionell knöchelhoch und tückisch dicht ist. Schwartzel spielte den Ball mit dem Eisen aufs Fairway, um dort Maß für den Schlag ins Grün zu nehmen. 226 Meter für den dritten Schlag brachten selbst den Longhitter aus der Fassung. "Wenn irgendjemand während dieser Woche mit zwei Schlägen aufs Grün kommt, dann ist das etwas ganz Besonderes", lautete sein Resümée.

Tatsächlich ist Loch 16 mit 603 Metern Distanz vom hintersten Abschlag zum Grün das längste Loch in der Geschichte der US Open. Es wird nicht einfacher dadurch, dass es für den Spieler wie eine extrem enge Endloskurve wirkt. "Das Wundervolle an diesem Loch besteht darin", formuliert es Mike Davies begeistert, "dass jemand, der einen schlechten Schlag macht, eigentlich keine Chance mehr hat, den Rückstand aufzuholen."

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Von einem Rekordergebnis wie im vergangenen Jahr, als der Sieger Rory McIlroy mit 16 Schlägen unter Par gewann, geht deshalb in diesem Jahr niemand aus. Regenfälle hatten den Grüns des Congressional Country Clubs ihre Schärfe genommen, sie langsamer gemacht. San Francisco im Juni aber hat an Feuchtigkeit meist nur etwas Morgennebel zu bieten. Wenn der Dunst über dem Platz liegt, wirken die hohen, alten Zypressen fast ein wenig mystisch.

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Erst wenn die Sonne die Bahnen ins Licht rückt, wird den Spielern die ganze Schwierigkeit bewusst. "Wenn die Plätze wie hier hart, fest und schnell sind, wird man vor allem einem emotionalen Test ausgesetzt", sagt der frühere British-Open-Gewinner Stewart Cink. "Einfach nur dran zu bleiben, wird zu einer riesigen Herausforderung. Das Ganze fühlt sich unüberwindbar und unerreichbar an."

Die Emotionen aber haben Tiger Woods in diesem Jahr schon bei der US Masters einen Strich durch die Rechnung gemacht. Auch in das erste Major des Jahres startete der Amerikaner nach einem Turniersieg in Bay Hill als Favorit. "Zum ersten Mal in seiner Karriere haben ihn da seine Nerven zerlegt", sagt der Fernsehkommentator Johnny Miller, selbst einst Mitglied im Olympic Club, im Rückblick auf Augusta.

"Deshalb weiß ich einfach nicht, was ich von Tiger bei der Open erwarten soll." Drei US Open hat Woods bis dato gewonnen, der letzte Sieg aber reicht zurück ins Jahr 2008. Das Selbstbewusstsein, das er noch in Augusta demonstrierte, lässt er in San Francisco nicht erkennen. Bis dato setzt Tiger Woods auf stille Konzentration. Der Olympic Club hat ihn zum Schweigen gebracht.

© SZ vom 14.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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