Im Maridoe Golf Club am nördlichen Stadtrand von Dallas wird am Sonntag die dritte Saison der LIV-Golftour enden – und wieder einmal werden dabei gute Traditionen gepflegt. Champagner wird verspritzt werden, in den größtmöglichen Flaschen selbstverständlich, das haben die Macher der saudi-arabischen Tour aus der Formel 1 übernommen. Die letzten zu vergebenen Millionen werden an die Teamsieger fließen, im Einzel ist die Sache schon seit dem vergangenen Wochenende entschieden. Und dann werden Spieler und Entscheider mit der seit drei Jahren vorherrschenden, etwas paradoxen Mischung aus Gewissheit und Ungewissheit in einen texanischen Sonnenuntergang blicken: Sicher ist, dass genug Geld da ist. Unsicher ist, was man damit machen soll.
Die saudi-arabische LIV-Tour wollte auch im dritten Jahr ihres Bestehens unbedingt dazugehören zur großen Sportwelt voller Touren und Turniere, nur fehlt dafür weiterhin ein zündendes Konzept. Eine Saison mit enttäuschenden Fernsehquoten, niedriger Aufmerksamkeit und sportlichem Durchschnitt liegt hinter dem Milliarden verschlingenden Start-up im Sport, das nach marktwirtschaftlichen Regeln längst krachend gescheitert ist – nur zählen diese Regeln für den Staatsfonds PIF nicht, weshalb man auf der LIV-Tour weiter nach dem Schlüssel suchen wird.
PGA Tour vor dem Finale:Wenn reiche Golfer noch reicher werden
Die US-amerikanische Golftour ist solvent wie nie – und gleichzeitig erstaunlich planlos. Beim „Creator Classic“, einem Turnierformat, sollen neue Ideen vorgestellt werden.
Drei Privatjets lieferten zuletzt ein Indiz, wo der liegen könnte. Alle drei landeten am selben Tag an verschiedenen Flughäfen in New York City: Der eine gehörte dem saudi-arabischen Öl- und Gaskonzern Aramco, der andere der PGA Tour – und dann war da noch die Gulfstream G550 mit der im Golfsport inzwischen berühmten Kennnummer N517TW: Auch Tiger Woods flog höchstselbst zu den Verhandlungen über die weitere Zukunft seines Sports ein, wenige Tage vor einer weiteren Rückenoperation, die ihn erneut einige Monate in die Reha zwingen wird. Verhandeln allerdings dürfte erlaubt sein, die Stimme des berühmtesten Golfers hat Gewicht, er soll vor allem die Spielerinteressen vertreten: Mehr Geld, gleicher sportlicher Wettbewerb, das ist das Ziel von Woods.
Um diese Maßgabe zu erfüllen, hat die US-amerikanische PGA Tour weiterhin verbrieftes Interesse daran, die Saudis als Partner mit ins Boot zu holen. Die andere Seite hat verbrieftes Interesse daran, sich finanziell an der PGA Tour und einer zu schaffenden, gemeinsamen Golf-Welt-Organisation zu beteiligen. Bleibt die Frage: Warum ziehen sich die Verhandlungen inzwischen seit 15 Monaten einigermaßen erfolglos dahin?
Golfprofi Jon Rahm, für fantastisches Salär zur LIV-Tour gewechselt, wirkt frustriert
Die eingefrorenen Meinungspositionen im Golfsport sind dafür verantwortlich. Auf saudi-arabischer Seite möchte man gegenüber US-Kartellämtern keine Staatsgeheimnisse offenlegen. Und unter anderem deshalb gibt es in den USA eine Lobby aus politischen und sportlichen Funktionären, die einem Deal mit Saudi-Arabien kritisch gegenüberstehen. Eine der großen Traditionssportarten zu weiten Teilen in die Hände nahöstlicher Finanziers zu legen, wäre ein gefährlicher Präzedenzfall, dazu gibt es auch noch völlig vom Sport losgelöste Ressentiments. Das Treffen der per Jet eingeflogenen Funktionäre etwa fand am 11. September statt, während zur gleichen Zeit in Manhattan eine Gedenkfeier stattfand, „zu deren Zustandekommen die saudi-arabische Regierung viel beigetragen“ hätte, wie der bekannte Golf-Kommentator Eamon Lynch in seiner Kolumne schrieb.
Ergebnisse aus den Verhandlungen wurden nicht öffentlich. Überhaupt halten die Beteiligten weitgehend dicht bei neuen Erkenntnissen – es bleibt ein Vakuum, in dem alle Parteien operieren müssen. Und in dem manche Hoffnungen enttäuscht werden.
Der spanische Golfprofi Jon Rahm etwa, der im vergangenen Dezember für ein unglaubliches Handgeld in Höhe von mindestens 300 Millionen US-Dollar auf die LIV-Tour gewechselt war, findet sich im größten goldenen Käfig der Sportwelt wieder. Die Einzelwertung auf der saudischen Tour gewann er am vergangenen Wochenende im Vorbeigehen, was ihm weitere 34,8 Millionen US-Dollar Preisgeld einbrachte und ihn in Verbindung mit seinen ausstehenden Prämienzahlungen für den Wechsel auch in diesem Jahr unter die weltweit bestbezahlten Sportler bringen dürfte.
Nur konnte man an Rahms Gesicht die ganze Saison über eine gewisse Frustration ablesen. Wie so viele Opportunisten in der Golfwelt hatte auch der Spanier daran geglaubt, dass die PGA Tour und der PIF einen Deal aushandeln würden: dass er also saudisches Geld und amerikanische Traditionsturniere miteinander kombinieren könnte. Stattdessen läuft seine Karriere nun beachtlich unter dem Radar, einzig bei den Olympischen Spielen nahm er in diesem Jahr eine größere Rolle ein, als er dramatisch auf den letzten Bahnen am Medaillengewinn scheiterte.
In amerikanischen Medien ist längst zu vernehmen, dass Rahm angeblich gern bereit wäre, seine Prämien wieder zurückzugeben, um auf der PGA Tour spielen zu können. Solche Schlagzeilen liest man gern in den USA, sie tragen zum Bild einer gescheiterten LIV-Tour bei, die ihren besten Spielern viel versprochen hat, ohne es einzuhalten, und deren einzige Rettung ein Pakt mit der PGA Tour wäre.
Der Unwahrheit entspricht das alles nicht: Rahm wechselte mit großen Ambitionen zu den Saudis, er wollte den etwas kuriosen Modus der 54-Loch-Turniere ändern, die laute DJ-Musik abschaffen, die während der LIV-Turniere auf dem Golfplatz läuft, und wollte der Saudi-Tour zu mehr sportlicher Ernsthaftigkeit verhelfen. Gescheitert ist er mit all seinen Vorhaben, das steht bereits zum Jahresende fest, während über viele Themen im Hintergrund noch Ungewissheit herrscht: Das erste Turnier der Saison 2025 im Februar in Riad bewirbt die LIV-Tour mit dem Slogan „Neue Spieler, neue Städte, selbes Format“.