Profi-Golf:Eskalation auf 106 Seiten

Profi-Golf: Vom Putting-Grün zum Gericht: Der dreimalige Masters-Sieger Phil Mickelson gehört zur Gruppe der elf LIV-Golfer, die gegen die PGA klagen.

Vom Putting-Grün zum Gericht: Der dreimalige Masters-Sieger Phil Mickelson gehört zur Gruppe der elf LIV-Golfer, die gegen die PGA klagen.

(Foto: Seth Wenig/AP)

Der Streit um die neue Saudi-Tour im Golfsport erreicht eine neue Ebene: Elf Spieler klagen gegen die amerikanische PGA Tour wegen ihrer Suspendierung. Die Begründung ist kurios - doch die Folgen könnten gravierend sein.

Von Felix Haselsteiner

Die Zukunft des Golfsports liegt nun in wesentlichen Teilen in den Händen des United States District Court for the Northern District of California. 106 Seiten lang ist das Dokument, das die Anwälte von elf Golfspielern bei dem Gericht in San Francisco hinterlegt haben und über das schon bald verhandelt wird. Die Kläger sind allesamt Spieler der saudi-arabischen LIV-Tour, die gegen ihre ehemalige sportliche Heimat, die amerikanische PGA Tour, klagen. Der Grund: Sie seien unrechtmäßig ausgeschlossen worden.

Es ist ein einzigartiges Dokument in der Geschichte des Golfsports und gleichzeitig eine Zerreißprobe, die weit über die finanziellen, technischen und juristischen Debatten rund um die umstrittene saudische Neugründung hinausgeht. Die Zeit, in der man denken könnte, dass der Streit zwischen den Institutionen stattfindet, aber die Spieler beider Touren friedlich nebeneinander weiterspielen können, scheint vorbei zu sein. Denn die Klage der LIV 11, wie die Gruppe in den sozialen Medien genannt wird, liest sich wie eine Kriegserklärung an das traditionelle Golfbusiness.

Über weite Strecken geht es darin zwar um persönliche Schäden, die all jenen Athleten entstehen würden, die von der PGA Tour wegen ihres Mitwirkens beim Konkurrenzevent gesperrt werden. Die Strafen seien "beispiellos", und die betroffenen Spieler, die - das sei an dieser Stelle noch einmal erwähnt - für Rekordpreisgelder auf der Saudi-Tour antreten, würden "irreparable Schäden" davontragen, in sportlicher und finanzieller Hinsicht.

Zugleich, und da wird es sportjuristisch grundsätzlicher, erheben die elf Spieler auch gravierende kartellrechtliche Vorwürfe. Die strategische Allianz zwischen der PGA Tour und der europäischen DP World Tour etwa sei "unrechtmäßig", es handele sich dabei um kartellartige Absprachen und ein System, von dem die betroffenen Spieler nun komplett ausgeschlossen seien. (Wobei nicht erwähnt wird, dass alle elf Spieler bis vor Kurzem von genau diesem System profitiert haben.) Die Feindseligkeit der PGA Tour gegenüber einem neuen Wettbewerber sei groß gewesen, die Amerikaner hätten mit allen Mitteln versucht, das saudi-arabische Projekt zu verhindern.

Drei Profis wollen per einstweiliger Verfügung schon kommende Woche wieder bei der PGA Tour abschlagen

Die Zielsetzung der Klage ist von Kläger zu Kläger unterschiedlich. Manche, wie etwa Phil Mickelson, bemängeln schon seit Jahren, dass die PGA Tour nicht genug für die Spieler tue, wurden aber aus ihrer Sicht zu wenig gehört und versuchen nun, sich zu rächen. Andere, wie Bryson DeChambeau, sind darauf aus, auch in Zukunft noch an PGA-Turnieren teilnehmen zu können, um weiterhin Zugang zum lukrativen amerikanischen Sponsorenmarkt zu haben. Und drei Spieler - Talor Gooch, Matt Jones und Hudson Swafford - möchten noch in der kommenden Woche wieder auf der PGA Tour spielen dürfen: Sie haben auf eine einstweilige Verfügung geklagt, die ihnen den Start beim ersten der drei Playoff-Turniere, dem Fed-Ex St. Jude Classic, ermöglichen soll. Der Hintergrund? Die Turniere am Saisonende zählen zu den finanziell lukrativsten der PGA Tour - und die sportliche Qualifikation dafür hatte das Trio bereits geschafft, bevor es für viel Geld die LIV-Verträge unterschrieb und postwendend ausgeschlossen wurde.

Dass in der Klage persönliche Vendetta und kartellrechtliche Bedenken zusammenkommen, hat auch damit zu tun, dass zwar die Spieler als Kläger auftreten, die Prozesskosten aber wohl die Finanziers der LIV-Tour übernehmen. Saudi-Arabiens Staatsfonds hat ein strategisches Interesse daran, die amerikanische Profitour nachhaltig zu schädigen, was wiederum auf viele Spieler nicht zutrifft: Sie wollen vielmehr Rosinen picken und sowohl auf der Saudi-Tour als auch auf der US-Tour spielen, um dort Weltranglistenpunkte zu sammeln, die es bei LIV vermutlich nicht geben wird.

Sogar ein Streik der PGA-Profis ist nicht mehr ausgeschlossen

Die Logik der LIV-Spieler stellte am Mittwoch Will Zalatoris noch einmal dar, einer der jungen Spieler, die sich klar zur PGA Tour bekannt haben: "Diese Spieler haben uns doch die ganze Zeit gesagt, sie wollen weniger spielen." Nun aber müssten sie zusätzlich zu den vertraglich festgelegten 14 LIV-Turnieren auch noch 15 Mal auf der PGA Tour antreten, um dort ihre Startberechtigung zu erhalten: "Sie müssten also mindestens 29 Turniere spielen. Das ist ganz schön viel."

Zalatoris hatte - wie viele seiner Mitspieler - kein Problem damit, dass Spieler für viel Geld die Seiten wechselten. Dass sie nun allerdings in beiden Welten auftreten wollen, trifft auf Widerstand: "Viele von uns sind sehr unglücklich damit, wie es derzeit abläuft, und drücken sich in der Umkleide oder beim Mittagessen nicht so diplomatisch aus wie ich jetzt", sagte Billy Horschel. Die PGA Tour kündigte in einem Memo an die Spieler an, man werde die Mitglieder gegen die Klage der elf Abtrünnigen verteidigen. Es sei der Versuch, "die Vorzüge der PGA Tour gratis mitzunehmen", so die Mitteilung des Commissioners Jay Monahan, gegen den man sich juristisch zur Wehr setzen werde.

Durchaus vorstellbar ist nun auch erstmals eine Eskalation des Konflikts, die sich bis auf die Golfplätze fortsetzt. "Es wäre ziemlich frustrierend, sie hier auf der Tour wiederzusehen", sagte Zalatoris über die drei Spieler, die schon in der kommenden Woche wieder auf der PGA Tour spielen wollen. Ein Streik, wie ihn der ehemalige US-Ryder-Cup-Kapitän Davis Love III für den Fall einer erfolgreichen Klage auf eine einstweilige Verfügung bereits gefordert hatte, wäre zwar kurzfristig schwer umsetzbar, sagt Zalatoris. Aber: "Die Mehrheit unter den Spielern teilt seine klare Meinung."

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