Golf:In einem Atemzug mit Nicklaus und Woods

Nur ein Jahr nach seinem Profidebüt gewinnt Collin Morikawa bereits seine erste PGA Championship. Der junge Amerikaner beeindruckt dabei mit einer Kombination aus Gelassenheit und Fokussierung.

Von Felix Haselsteiner

Ganz am Ende fand Collin Morikawa doch noch seinen Meister. Inmitten der Siegerehrung, gerade in dem Moment, als er die traditionell bei der PGA Championship überreichte Wanamaker-Trophy entgegennahm, rutschte ihm beim Hochheben der Deckel des Pokals ab. Morikawa fing ihn gerade noch so auf, reparierte die Trophäe notdürftig und entschuldigte sich für den Fauxpas, offensichtlich sehr peinlich berührt. Wirklich aufschlussreich war die Szene allerdings erst in Zeitlupe: Da nämlich konnte man an seinen entgleitenden Gesichtszügen erkennen, dass auch Collin Morikawa, 23, Major-Sieger, Riesentalent, Zukunft des Golfsports, aus der Fassung zu bringen ist.

Auf den 72 Löchern, die von Donnerstag bis Sonntag im TPC Harding Park gespielt wurden, war es keinem anderen Spieler gelungen, Morikawa auf dem Weg zum bislang größten Titel seiner Karriere aus der Ruhe zu bringen. Nach der Reihe hatten es einige der besten Golfer der Welt versucht: Am Donnerstag hatte etwa Martin Kaymer, einziger Deutscher im Feld, eine 66er-Runde vorgelegt und sich mit vier unter Par in Stellung gebracht; er scheiterte jedoch schon am Freitag katastrophal mit einer 82er-Runde am Cut.

Morikawa startete eher solide mit zwei 69er-Runden (jeweils eins unter Par), am Wochenende jedoch war er unschlagbar: 65 und 64 lauteten seine Ergebnisse, kein anderer Spieler im Feld konnte da mithalten. Dustin Johnson und Jason Day, beide erfahrene Major-Sieger, spielten gute Runden, lagen am Ende aber ebenso zurück wie der Golf-Hulk Bryson DeChambeau und Morikawas bester Freund auf der Tour, der junge US-Profi Matthew Wolff.

Wolff war auch Teil der Geschichte, die Morikawa nach seinem Sieg bei der Pressekonferenz erzählte, da stand die Wanamaker-Trophy schon wieder schön hergerichtet neben ihm. Vor etwas mehr als einem Jahr, sagte Morikawa in seinem kalifornischen Akzent, in dem auch Tiger Woods gerne redet, sei er mit Wolff und Viktor Hovland bei der Travelers Championship zusammengesessen, dem ersten Profiturnier der drei Spieler, die zuvor die Szene der Amateur-Golfer dominiert hatten. "Wir haben uns damals schon gesagt, dass wir alle das schaffen können", erzählte Morikawa. Ein Jahr später haben es tatsächlich alle drei geschafft, auf der Tour zu gewinnen. Doch es ist Morikawa, der aus dem Pool der großen Talente herausragt.

Der junge Morikawa jedenfalls zählt bereits nach 29 Karrierestarts auf der PGA Tour zur Elite im Weltgolf

Allein sein Ansatz, den er in jungen Jahren bei Turnieren wählt, zeigt, wie entscheidend im Golf die Kombination aus Gelassenheit und Fokussierung ist: Morikawa redet und lacht vergleichsweise viel, während er spielt, ohne jedoch ein übertriebener Trash-Talker zu sein. Er ist in wichtigen Momenten extrem perfektionistisch, ohne aber zu verspannt zu sein. Morikawa lernt, sowohl im Umgang mit seinen Freunden aus College-Zeiten als auch von der älteren Generation. In dieser Woche, erzählte er, habe er zum Beispiel dem 53 Jahre alten Steve Stricker beim Üben zugeschaut. Das alles führt zu Schlägen wie am Sonntag auf Loch 16, als Morikawa auf dem Par 4 seinen Abschlag aus rund 300 Metern bis auf wenige Meter an die Fahne heranbrachte und zum Eagle (-2) einlochte - es sollte der Schlag sein, der das erste Major dieser Saison entschied.

Diese Sorte Schläge in solchen Situationen zu spielen, darf man durchaus als Beleg dafür nehmen, dass Morikawa nun zurecht in einem Atemzug mit Jack Nicklaus, Tiger Woods und Rory McIlroy genannt wird. Alle drei Spieler gewannen ihre erste PGA Championship ebenfalls mit 23, alle drei trugen auf ihre Weise zur Geschichte des Sports bei, auch wegen solch einzigartiger Schläge an einem Major-Sonntag.

Der junge Morikawa jedenfalls, der in Los Angeles aufwuchs und schon als Jugendlicher häufig auf den Plätzen in San Francisco unterwegs war, zählt nun bereits nach 29 Karrierestarts auf der PGA Tour zur Elite im Weltgolf: Er hat nur einmal den Cut verpasst und bereits dreimal gewonnen. Sein Status ist ihm durchaus bewusst. "Ich sehe mich als Spieler, der an guten Tagen jeden schlagen kann", sagte Morikawa selbstbewusst: "Heißt das, dass ich ab jetzt nur noch mit diesen Spielern abhänge? Natürlich nicht. Aber ich weiß, dass ich mithalten kann."

Morikawas Perfektionismus auf dem Platz ist beeindruckend, im Moment seines ersten Major-Sieges jedoch war es vor allem die abgeklärte Art und Weise, wie er über die Zukunft sprach. Ob er auch Angst habe vor den nun gestiegenen Erwartungen? "Nein, ich mag es ja, mit euch allen zu reden", sagte Morikawa zu den Reportern: "Ich fühle mich sehr wohl in der Position, in der ich bin. Ich will jedes Turnier gewinnen - Angst habe ich keine." Für diejenigen, die noch immer nicht verstanden hatten, dass Morikawa auch ein mutiger Redner ist, sagte er noch den Satz: "It doesn't stop here" - es hört hier nicht auf.

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