Golf:Einigeln und schwingen

PGA: THE PLAYERS Championship - Final Round

„Ich habe die zweite Phase meiner Karriere begonnen“: Rory McIlroy.

(Foto: Jasen Vinlove/USA TODAY Sports)

Nach einer mentalen Metamorphose ist der zuletzt oft knapp gescheiterte Nordire Rory McIlroy wieder ein Siegspieler geworden und freut sich auf die Zukunft: "Ich habe die zweite Phase meiner Karriere begonnen."

Von Gerald Kleffmann

Wenn Golfprofis ihre Runde am Sonntag, dem stets letzten Tag eines Turniers, beendet haben, marschieren sie zur Turnierleitung, um die Ergebniskarte zu unterzeichnen. Dann trotten sie meist ins Klubhaus, und die Art, wie sie gehen, erzählt oft schon, wie es ihnen ergangen ist. Als Rory McIlroy in Ponte Vedra Beach neulich durchs Gebäude ging, gefilmt von einer Kamera, eilte er im Stechschritt voran und verriet einer Begleitperson, er habe 86 Nachrichten binnen Momenten erhalten. Auch eine von Tiger Woods. "Good playing, kid. Just awesome stuff!", hatte ihm der nicht unbedeutende Amerikaner übermittelt. McIlroy hastete weiter. Es war der Gang des Siegers. Tags darauf schrieben die meisten Fachmedien in den USA: Rory habe den Sonntagsfluch überwunden. Er könne wieder triumphieren. Er sei zurück.

Golf ist aufgrund der Komplexität des Schwungs eine der unberechenbarsten Disziplinen; selbst für Spitzenprofis gibt es keine Gewähr, dass sie jedes Mal um Siege mitspielen. McIlroy hat dies als eine der Branchengrößen seit fast einem Jahr leidvoll erfahren müssen. Kein Sieg gelang dem Nordiren mehr, obwohl er seitdem neunmal in der finalen Gruppe am Sonntag unterwegs war, das Feld mit anführte. 2019 spielte er bereits dreimal bei fünf Events im letzten Flight - aber nie siegte er aus dieser Position heraus. "Ich habe mich in den letzten sechs oder sieben Monaten sehr auf meine Einstellung fokussiert", berichtete McIlroy nun, nachdem er die Players Championship, das sogenannte inoffizielle fünfte Major, in Florida gewonnen hatte, mit einem Schlag vor Jim Furyk (USA). Ja, er ist zurück, unter den Siegertypen.

"Golf sollte nicht mehr definieren, wer ich als Person bin", erklärte er weiter, ihm gehe es darum, den Golfer und den Privatmensch in sich zu trennen. Bücher zu mentalen Aspekten habe er gelesen, sich von Experten Rat geholt, wie die New York Times berichtete. Fatalistischer auf dem Platz wolle er werden, das klang durch, Emotionen leben, aber sie auf den Plätzen zurücklassen. Dieses Einigeln, diese Metamorphose schütze ihn, deutete McIlroy an, vor "all dem Lärm", den er draußen hörte. "Er kann ein Turnier nicht zumachen, er kann nicht am Sonntag spielen, blabla", so hatte er es ja auch vernommen. Diese Erwartungshaltung der Öffentlichkeit verurteilte er indes keineswegs, er hatte sie selbst über all die Jahren genährt, als früh Hochbegabter, als früh Erfolgreicher.

McIlroy hatte Anfang der Zehnerjahre seinen Sport phasenweise beeindruckend dominiert, zwischen 2011 und 2014 vier Majors gewonnen. Dann rückten Kollegen wie Jordan Spieth, Dustin Johnson, Jason Day auf. McIlroys Spiel war immer noch auf höchstem Niveau, aber die ganz großen Schlagzeilen löste er oft genug mit Ereignissen abseits des Golfs aus. Durch Romanzen, durch extrem lukrative Sponsorenverträge, die er abschloss, durch Streit mit seiner alten Managementfirma. In dieser Hinsicht ist es aber ruhiger geworden. Neuerdings geht es um seine Leidenschaft für Inneneinrichtungen. Er sei eben gereift, versicherte er, immer noch beliebt im Übrigen bei vielen Kollegen wie am Anfang der Karriere. Konkurrenten wie Justin Thomas freuten sich jetzt mit ihm, "das bringt heute einige Leute zum Schweigen!", twitterte der US-Profi nach McIlroys Sieg. Das Blablabla der Kritiker war gemeint.

Inwieweit McIlroy Genugtuung empfand, es diesen Kritikern gezeigt zu haben, ließ er offen. Aber das, was er sagte, lässt darauf schließen: Er ist unabhängiger von äußerem Lärm. In Ponte Vedra Beach hatte er sich am Ende auf dem Platz nur gesagt: "Mach noch drei gute Schwünge!" Sie gelangen ihm, weil er nur der Golfer war, nicht die Privatperson, der Dinge emotionalisiert. So sah er es. "Ich fühle, dass ich die letzten fünf, sechs Turniere sehr gut gemanagt habe", befand er und ordnete den 15. Titel auf der US Tour in einem größeren Kontext ein: "Ich habe die zweite Phase meiner Karriere begonnen. Ich habe viel in den vergangenen zehn, elf Jahren gelernt, und ich fühle, ich kann in den kommenden zehn, elf Jahren noch besser sein." Im Mai wird er 30, vorher, Mitte April, spielt er beim Masters, dem einzigen Major, das er noch nicht gewann. "Wenn ich nach Augusta mit einem ähnlichen Spiel wie gerade komme und mit der Einstellung, die ich in den letzten Wochen hatte, denke ich, dass ich eine große Chance habe." Daran sollte keiner zweifeln.

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