Golfer Bernhard Langer:Ende Legende

Lesezeit: 4 Min.

Auf der Abschiedsrunde: Bernhard Langer, hier an Tag eins der BMW International Open in München, spielt zum letzten Mal in Europa ein Turnier. (Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Er brachte den Golfsport in deutsche Wohnzimmer, nun tritt Bernhard Langer zum letzten Mal bei den BMW International Open bei München an. Es ist ein Abschied von der europäischen Bühne – in seiner Wahlheimat USA will der 66-Jährige weiter Turniere spielen.

Von Ralf Tögel, Eichenried

Kann das sein? Ist dieser durchtrainierte, drahtige Mann da vorne wirklich 66 Jahre alt? Oder ist vielleicht doch was dran an der irren Verschwörungstheorie, dass die Menschheit längst von Außerirdischen unterwandert ist? Wusste Hollywood-Regisseur John Carpenter doch mehr, als er diese bizarre These vor knapp vier Jahrzehnten im Kultfilm „Sie leben“ aufarbeitete? Bernhard Langer gibt selbst Aufklärung: Natürlich sei er in einer recht passablen Verfassung, sagt der Profigolfer bei seiner Vorstellung bei den BMW International Open im Golfclub Eichenried bei München. Aber das sei einzig das Resultat von „harter Arbeit, eiserner Disziplin und guter Berater“.

Nun also ist der gebürtige Anhauser in München gelandet und wird in der Heimat seinen Abschied von der europäischen Profibühne geben. In seiner Wahlheimat USA spielte er am Montag noch bei den Senior Open in Rhode Island, am Dienstagmorgen erst landete er in München. Jetlag? Wird weggelächelt, „ich habe mich immer schnell umgestellt“. Für Langer ist es der erste Start in Eichenried seit 2012, bei diesem Turnier, das er über Jahre prägte, aber nie gewinnen konnte.

Golf
:Wann ist ein Masters ein Masters?

Der Weltklasse-Golfsport ist zweigeteilt, hier die US-Tour, dort die Saudi-Tour. Scharf geführt wird die Debatte über den Wert von Turnieren, wenn gute Spieler fehlen. In Augusta, wo sich diese Woche die Elite trifft, will man dem Problem mit Sonderregeln begegnen.

Von Felix Haselsteiner

Ein wenig überirdisch wirkt die jüngste Episode seiner großen Karriere dann aber doch. Denn vor fast genau fünf Monaten hörte Langer beim Ausgleichssport einen lauten Knall, ein Geräusch, das schon das Ende vieler Sportlerkarrieren bedeutete, zumal in reiferem Alter: Langer war die Achillessehne am linken Fuß gerissen.

NBA-Profi Kobe Bryant spielte einst nach acht Monaten wieder Basketball, Bernhard Langer trat nur drei Monate später bei einem Turnier der PGA-Senior-Tour an. Die Operation sei zwar hervorragend verlaufen, „die ersten Monate waren sehr schwierig“, sagt er, „aber ich war wohl schneller unterwegs als die meisten“. Zupass kam ihm, dass er „auf der Champions Tour immer ein Golfcart bekommen habe, ich musste also nicht laufen“. Sein Schwung habe ohnehin schnell wieder funktioniert. Nun darf er wieder „mehr und mehr Gas geben, um meinen Fuß zu belasten“. Noch wirkt sein Schritt etwas bedächtig, aber „ich mache gute Fortschritte, in einigen Wochen sollte das Ganze überstanden sein“.

Für den Sieg kommt Langer nicht infrage, dennoch überstrahlt die deutsche Golf-Ikone alles

Beim Turnier in Eichenried, das von Donnerstag (ab 7.30 Uhr) bis Sonntag dauert, wird Langer einen Flight mit seinen deutschen Profikollegen Marcel Siem und Martin Kaymer bilden, worauf er sich besonders freut. Auch für die Zuschauer dürfte das ein Vergnügen werden, denn damit werden die drei bekanntesten und erfolgreichsten Golfer der vergangenen Jahre zusammen spielen. Kaymer ist der einzige Deutsche, der die BMW International Open bisher gewinnen konnte, er triumphierte 2008.

Siem verbrachte einen Teil seiner Kindheit auf der Anlage, weil seine Eltern die Gastronomie bewirtschafteten, er geht mit der Empfehlung des Sieges bei den Italian Open am vergangenen Sonntag an den Start. Die sind wie Eichenried ein Turnier der DP World Tour, der höchsten Kategorie des Kontinents. Allerdings ist dieser Erfolg von Siem, 43, ähnlich wie bei Langer das Resultat einer überraschend schnellen Genesung: Siem hatte sich im Februar einer Hüft-OP unterziehen müssen. „Wir waren beide auf Krücken unterwegs“, erinnert sich Langer, man habe aber mehrmals telefoniert und „Spaß miteinander gehabt“. Dass Siem schon wieder Turniere gewinnt, findet der Konkurrent „großartig“. Für Siem war das geteilte Leid auch Motivation: „Er war ja früher wieder auf der Range mit seinem Stützschuh. Da dachte ich, das kann doch nicht sein, er ist ein ganzes Stück älter als du und schon wieder auf der Range und arbeitet hart.“

Die beiden Profis verbindet aber mehr als ihr Rehaprogramm; spätestens seit dem gemeinsamen Sieg beim World Cup 2006, dem Zweierteamwettbewerb im Rahmen der World Golf Championships, ist es eine Freundschaft. Siems Erinnerungen geraten schnell zu einer Eloge auf Langer: „Er ist ein Wahnsinnstyp, ihn umgibt eine unglaubliche Aura, er strahlt eine unglaubliche Ruhe aus, ich habe so viel von ihm gelernt.“ Immer wieder sei er nach Florida geflogen, um mit dem älteren Kollegen zu trainieren, es seien seine „effektivsten Trainingseinheiten“ gewesen: „Ich habe unglaublich viel lernen dürfen von ihm, er war immer ein Vorbild, auch von seinem Benehmen, Bernhard war immer sehr lieb zu allen Leuten. Er war ein Typ, von dem ich sagte, so möchte ich auch sein.“

66 Jahre und kein bisschen müde: Bis Montag spielte Bernhard Langer noch Senior Open in Rhode Island, jetzt schlägt er bei den BMW Open in Eichenried ab. (Foto: Brennan Asplen/AFP/Getty)

Sportlich dürfte Siem seinem Vorbild in Eichenried überlegen sein, Langer indes hat schon einmal eine Kampfansage für die mit 2,5 Millionen Dollar dotierten Open formuliert: „Ich habe immer hohe sportliche Ziele, das steckt in mir drin, das ist meine Natur.“ Für einen Sieg komme er aber nicht infrage, dafür seien seine Schläge nicht mehr weit genug: „Ich werde immer kürzer und die Plätze immer länger, das passt nicht gut zusammen.“ Um den Siegerscheck von 425 000 US-Dollar werden andere Weltklassegolfer konkurrieren: der Neuseeländer Ryan Fox etwa oder der Amerikaner Patrick Reed, der eigentlich wie Kaymer auf der saudi-arabischen LIV Tour spielt und in Eichenried aufgrund einer Sonderregel antritt. Titelverteidiger ist der Südafrikaner Thriston Lawrence.

„Moment, ich trete nicht zurück“, sagt Langer: „Ich verabschiede mich nur von der European Tour“

Zum letzten Mal aber wird alles von Bernhard Langer überstrahlt, jenem Golfprofi, der den Sport in den 70er-Jahren erst in die deutschen Wohnzimmer brachte. Mit einer Vielzahl großer Triumphe, aus denen die beiden Masters-Siege 1985 und 1993 herausstechen. Es gebe „viele tolle Erinnerungen mit 125 Siegen“, sagt Langer. Er war der erste Deutsche, der ein internationales Golfturnier gewann, 1986 war er Weltranglistenerster. Sechsmal gewann er den Ryder Cup, 2004 als Kapitän der europäischen Auswahl. 42 Mal triumphierte er bei 451 Starts auf der DP World Tour, zuletzt konzentrierte er sich auf die PGA-Tour der Senioren, auf der er 46 Turniere gewann – natürlich Rekord. Langer ist der einzige der „Big Five“ des Golfs, zu denen Nick Faldo, Ian Woosnam, Sandy Lyle und der 2011 an einem Hirntumor verstorbene Severiano Ballesteros zählten, der noch Turniere spielt: „Ich war wohl die letzten 20 Jahre erfolgreicher als die anderen und habe keinen Grund gesehen aufzuhören.“

Und das soll so bleiben, wie er auf die Frage nach seinem Rücktritt sofort sagt: „Moment, ich trete nicht zurück, ich verabschiede mich nur von der European Tour. Solange mir Golf Spaß macht, ich gesund bin und Erfolg habe, werde ich weitermachen“ – ein paar Jahre kann er sich vorstellen. Den nötigen Ehrgeiz hat er ohnehin, wie er bestätigt: „Ich will noch das eine oder andere Senior Major gewinnen.“

Nun aber erwartet der Sohn eines Maurers und einer Hausfrau, der zur deutschen Golf-Legende wurde, einen emotionalen Abschied: „Da wird die eine oder andere Träne fließen.“ Das klingt sehr geerdet – und nicht nach einer anderen Welt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: